Die juristische Presseschau vom 18. April 2013: Wirtschafts-Experten gegen Zypern-Hilfe - Ermittlungen gegen Steuerflüchtlinge - EU gegen Ungarn

18.04.2013

Weitere Themen - Justiz

BVerfG zu erbrechtlicher Stichtagsregelung: Wie die SZ (Wolfgang Janisch) meldet, hat das Bundesverfassungsgericht eine gesetzliche Stichtagsregelung gebilligt, nach der in bestimmten Fällen nichteheliche Kinder gegenüber ehelichen benachteiligt werden. Die Erbfähigkeit nichtehelicher Kinder war bereits 1970 etabliert worden, galt jedoch nicht für vor dem 1. Juli 1949 Geborene. Dies rügte 2009 der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte. Die nunmehr beanstandete Regelung legte die EGMR-Entscheidung als Stichtag fest. Zu Recht, wie das BVerfG nun befand: Die Rückabwicklung abgeschlossener Erbfälle sei praktisch wie rechtlich schwierig.

BVerfG zu rechtlichem Gehör: Maximilian Steinbeis (verfassungsblog.de) glossiert eine gestern veröffentlichte Kammerentscheidung des Bundesverfassungsgerichts, mit der eine Entscheidung des Amtsgerichts Landau a.d. Isar bereits zum zweiten Mal wegen Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör aufgehoben wurde. Streitgegenständlich im Ausgangsfall war eine Telefonrechnung. Steinbeis stellt grundsätzliche Überlegungen zu "stolze[n] Diener[n] der bayerischen Rechtspflege" an und betont die Bedeutung "untadeliger Juristen" speziell in Bagatellsachen "auch und gerade in Bayern."

OLG München – NSU-Prozess: Einem Bericht von welt.de (Per Hinrichs) zufolge haben Anwälte der Hinterbliebenen des NSU-Opfers Halit Yozgat beim Oberlandesgericht München eine gerichtsinterne Übertragung der Verhandlung beantragt. Der Antrag könne Rechtsgeschichte schreiben. Die Anwälte, die bereit seien, notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen, argumentieren, dass ein gesetzliches Übertragungsverbot nicht greife, sofern die Übertragung justizinternen Zwecken diene. Auch seien die technischen Voraussetzungen einer Videoübertragung im Gebäude gegeben, so dass sich der Aufwand "in engen Grenzen" halte.

OLG Frankfurt zur Ehegattenhaftung bei Filesharing: Einen Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt aus dem letzten Monat bespricht Thomas Stadler auf internet-law. Das Gericht entschied, dass der Inhaber eines Internetanschlusses das Nutzungsverhalten des Ehegatten nicht im Hinblick auf etwaige Urheberrechtsverletzungen überwachen müsse und ihn insoweit auch keine Störerhaftung treffe. Dies gelte, solange der Anschlussinhaber keine konkreten Anhaltspunkte für Rechtsverletzungen habe.

OLG Hamm zu Brautgaben: Das Oberlandesgericht verurteilte jüngst einen Deutsch-Iraner, seiner  Ex-Frau eine "Brautgabe" im Gegenwert von 800 Goldmünzen als Unterhalt zu zahlen. Die taz (Daniel Bax) interviewt den Juristen Mathias Rohe aus diesem Anlass zur Frage der Anwendbarkeit iranischen Familienrechts in der Bundesrepublik.

LG Bonn – Kunduz-Entschädigung: Einer Meldung der SZ (bed) zufolge haben die klagenden Hinterbliebenen der Opfer eines Bundeswehr-Angriffs bei Kunduz in Afghanistan vor dem Landgericht Bonn einen Teilerfolg erzielt. Die Zivilkammer entschied, mit Hilfe von Luft- und Funkaufnahmen die Umstände der Bombardierung aufklären zu wollen.

LG Braunschweig – Porsche-Übernahme: Im Rechtsstreit um milliardenschwere Entschädigungen von Anlegern im Zusammenhang der Übernahme von Porsche durch den VW-Konzern vor fünf Jahren hat das Landgericht Braunschweig eine Vertagung angeordnet, berichtet die SZ (Kristina Läsker). Bis zum 19. Juni wolle die Kammer nun ihre Zuständigkeit klären. Eventuell würde ein Teil der diversen Klagen an ein Gericht mit Kartellrechtsschwerpunkt abgetreten werden. Auch die FAZ (Joachim Jahn) berichtet.

Ermittlungen zu Steuerhinterziehung: Hans Leyendecker (SZ) kommentiert den staatlichen Ankauf von Dateien mutmaßlicher Steuerflüchtlinge. Dies sei zwar nicht "ganz sauber". Andererseits könnten sich Behörden, die sich weigern, angebotene Daten auszuwerten, wegen Strafvereitelung im Amt strafbar machen. Bei der Bekämpfung von Kriminalität müsse man sich schließlich "die Hände auch ein wenig schmutzig machen". "Gar nicht sauber" sei dagegen, wenn sich – wie geschehen – Länder nicht an den Kosten der Käufe beteiligen wollten. Im Bericht der SZ (Hans Leyendecker/Klaus Ott) ist von einem Preis von vier Millionen Euro die Rede, den rheinland-pfälzische Steuerfahnder für eine CD mit den Daten von 20.000 Betroffenen bezahlten. Ein weiterer Artikel der SZ (Hans Leyendecker/o.k) macht darauf aufmerksam, dass ein im letzten Jahr erlassener schweizerischer Haftbefehl gegen drei deutsche Ermittler aus Nordrhein-Westfalen wegen nachrichtendienstlicher Betätigung und Verletzung des Bankgeheimnisses nach wie vor in Kraft sei. Dass die Schweiz bislang darauf verzichtet habe, den Haftbefehl international ausschreiben zu lassen, beweise ihre Hilflosigkeit in der Angelegenheit.

Rassismusahndung in Deutschland: Den staatlichen Umgang mit den umstrittenen Äußerungen des früheren Berliner Wirtschaftssenators Thilo Sarrazin rügt der UN-Ausschuss zur Beseitigung der Rassendiskrimierung. Wie die taz (Andreas Zumach) berichtet, ist der Ausschuss mit Sitz in Genf nach dreijähriger Untersuchung zu dem Ergebnis gekommen, dass die Weigerung der Berliner Staatsanwaltschaft, in den in einem Interview mit der Zeitschrift "Lettre International" getätigten Aussagen eine Gefährdung des öffentlichen Friedens zu erkennen, Verpflichtungen der Bundesrepublik aus der UN-Antirassismuskonvention verletze. Der Ausschuss erwarte von der Bundesregierung, seine Entscheidung "insbesondere den Staatsanwaltschaften und Gerichten" bekannt zu machen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 18. April 2013: Wirtschafts-Experten gegen Zypern-Hilfe - Ermittlungen gegen Steuerflüchtlinge - EU gegen Ungarn . In: Legal Tribune Online, 18.04.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8551/ (abgerufen am: 02.07.2024 )

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