Die Hypo Real Estate hat ihre Anleger falsch informiert und ist schadensersatzpflichtig. Außerdem in der Presseschau: Von der Bundestagswahl 2013 ausgeschlossene Menschen mit Behinderung erheben Verfassungsbeschwerde, der Opferanwalt Dietrich im Interview zur Wiederaufnahme der Ermittlungen zum Oktoberfest-Attentat und wo man akustische Raumüberwachung zur Verbrechensbekämpfung auch mal einsetzen kann.
Thema des Tages
OLG München zu HRE: Das Oberlandesgericht München hat in einem Musterprozess nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz entschieden, dass die Hypo Real Estate in einer Pressemitteilung vom 3. August 2007 ihre Situation in der Bankenkrise falsch dargestellt hat und erst im Januar 2008 die korrekten Informationen veröffentlichte. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, können Anleger Schadensersatzforderungen geltend machen, die nach der Verstaatlichung der HRE nun der Steuerzahler zu begleichen hätte. Die HRE wie auch Bundesfinanzminister Schäuble wollen das Urteil vom Bundesgerichtshof prüfen lassen. Es berichten unter anderem lto.de, spiegel.de und FAZ (hpe). Im kommenden Jahr wird ein Strafprozess gegen die ehemaligen Vorstände der HRE wegen falscher Darstellung der Unternehmensverhältnisse erwartet.
Rechtspolitik
Verfassungsrichterwahl-Reform: Politikprofessorin Christine Landfried kritisiert in der SZ die geplante Reform der Wahl der Bundesverfassungsrichter. Es sei keine Reform, obwohl anstelle des bisherigen Wahlausschusses nun das Plenum des Bundestages die Hälfte der Richter wählen solle finde die Kandidatenauswahl weiterhin ohne öffentliche Debatte statt. "Transparenz, Öffentlichkeit und Repräsentativität als zentrale Prinzipien der Demokratie spielen keine Rolle". Landfried spricht sich für eine Frauenquote aus und fragt, ob sich die Abgeordneten keine Kandidatenbefragung zutrauten, die der Autorität der späteren Richter keinen Abbruch täte.
PKW-Maut: Das Bundeskabinett hält an der für Mittwoch geplanten Verabschiedung der Gesetzesentwürfe zur PKW-Maut fest, trotz des am Wochenende bekannt gewordenen Briefes der Verkehrskommissarin Violeta Bulc, die erneut einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot monierte, berichten unter anderem die SZ (Claus Hulverscheidt/Mike Szymanski), die FAZ (Manfred Schäfers/Michael Stabenow) und die taz (MKR/Rot). Aus dem Verkehrsministerium wird das Schreiben als überstürzt abgefasst kritisiert, man gehe in Brüssel wohl von einer Verabschiedung der Gesetze am Mittwoch aus.
Justiz
BVerfG – Wahlausschluss betreuter Menschen: Nach dem Bundeswahlgesetz sind behinderte Menschen von der Bundestagswahl ausgeschlossen, wenn für sie ein Betreuer "in allen Angelegehnheiten" bestellt ist. Gegen ihren Ausschluss von der Wahl 2013 haben nun acht Personen Verfassungsbeschwerde wegen Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsgebot eingereicht, meldet die SZ (Nina von Hardenberg).
BVerfG – Erbschaftsteuer: Dass das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch die Erbschaftsteuerregelung für Betriebsvermögen für verfassungswidrig erklären wird, bezweifelt laut dem Handelsblatt (Donata Riedel) niemand mehr. Jakob Schulz (SZ) meint, "Erben ist ungerecht". Konsequenz der Ungleichbehandlung des reinen Vermögenserbes und des Erbens eines Betriebes dürfe keinesfalls die Senkung der Erbschaftsteuer in ersterem Fall sein. Eine (höhere) Besteuerung der Vererbung eines Betriebes müsse sich nicht negativ auf den Joberhalt auswirken, sie ließe sich über Jahre strecken. Ungerecht sei die insgesamt geringe Besteuerung von Erbschaften und die dadurch erzeugte Geld-/Machtkonzentration.
StA Berlin – Edathy-Affäre: Laut taz (Christian Rath/Tobias Schulze) und Tagesspiegel (Jost Müller-Neuhof) prüft die Staatsanwaltschaft Berlin, ob ein Strafverfahren gegen den SPD-Abgeordneten Michael Hartmann wegen Strafvereitelung eingeleitet wird. Er soll Sebastian Edathy über Erkenntnisse des Bundeskriminalamtes in Kenntnis gesetzt haben, dementierte dies aber am Wochenende. Sollte Edathy noch vor seiner Mandatsniederlegung – also vor Information an den Bundestag – gewarnt worden sein, sei die Information wohl eher aus Hannover als aus Berlin gekommen, so die taz. Am Donnerstag soll Hartmann nun neben Edathy im BKA-Untersuchungsausschuss aussagen, meldet spiegel.de (Hubert Gude).
LG Lüneburg – Prozess um Prüfungsverkauf: Ab Mittwoch verhandelt das Landgericht Lüneburg gegen den Richter, der als Referatsleiter im Niedersächsischen Justizprüfungsamt Prüfungsantworten an Referendare verkauft haben soll. lto.de berichtet. In der Sonderprüfung von 2.000 in Niedersachsen absolvierten Abschlussprüfungen seien bisher 15 Verdachtsfälle aufgetreten, bei welchen Verfahren zur Aberkennung des Zweiten Staatsexamens eingeleitet würden.
ArbG Hamburg – "Hartz IV-Rebellin": Im Prozess zwischen, der als Hartz IV-Rebellin bekannt gewordenen ehemaligen Mitarbeiterin des Hamburger Jobcenters, Inge Hannemann und der Stadt Hamburg haben die Parteien am Montag einen Vergleich geschlossen. Hannemann soll vorerst weiter beim Integrationsamt der Hamburger Sozialbehörde arbeiten – dorthin war sie nach ihrer Suspendierung versetzt worden. Ihre Klage gegen die Suspendierung ist weiterhin anhängig. Die taz (Kai von Appen) berichtet.
LG Lüneburg – Prozess gegen SS-Wachmann: Das Landgericht Lüneburg hat die Anklage wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 300.000 Fällen gegen einen 93-jährigen ehemaligen Freiwilligen der Waffen-SS zugelassen. Ihm wird vorgeworfen in Auschwitz Gepäck von ankommenden Gefangenen weggeschafft zu haben, wobei er gewusst habe, dass nicht arbeitsfähige Gefangene in den Gaskammern ermordet würden, meldet die SZ.
LG München II – Hoeneß-Erpresser: Der Mann, der im Mai als 'Mister X' Uli Hoeneß eine unangenehme Haftzeit versprach, wenn er nicht 220.000 Euro erhalte, hat nun im Prozess vor dem Münchener Landgericht II gestanden. Die Polizei habe noch von weiteren Erpressungsversuchen gegenüber dem ehemaligen Präsidenten des FC Bayern München durch andere Personen berichtet, meldet spiegel.de.
Oktoberfest-Attentat – Anwalt im Interview: Im Interview mit der taz (Sabine am Orde) spricht Opferanwalt Werner Dietrich unter anderem über die Gründe für den Erfolg seines dritten Antrags auf Wiederaufnahme der Ermittlungen zum Oktoberfest-Attentat, die Erfolgsaussichten von Ermittlungen nach 34 Jahren und über die neuen Erkenntnisse, wie er zu ihnen kam und warum er über dreißig Jahre den Fall nicht aufgegeben hat.
LG Essen – Achenbach-Prozess: Im Prozess vor dem Landgericht Essen gegen den Kunstberater Helge Achenbach hat der Angeklagte die Vorwürfe des Betruges teilweise eingeräumt, berichten das Handelsblatt (Nena Schink – Online: Lucas Fuhr) und die SZ (Bernd Dörries).
BGH zu WEG: Zu dem Urteil des Bundesgerichtshofs, nach welchem der einzelne Wohnungseigentümer nicht allein klagen kann, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft ein gemeinsames vorgehen beschlossen hat, schreibt nun auch der Tagesspiegel (Ursula Knapp) ausführlich.
Recht in der Welt
Frankreich – Krippe im Rathaus und Laizismus: Laut SZ (Laura Hertreiter) wird in Frankreich um Krippen in Rathäusern gestritten. Rudolf Balmer (taz) weist auf die gespaltene Zunge der Krippenbefürworter hin, die seinerzeit den Laizismus des französischen Staates gegen die Burka ins Feld führten und jetzt für Jesus in der Krippe eine Ausnahme fordern.
Spanien – Google News: Nach der Ankündigung von Google, den Dienst Google News für Spanien ab dem heutigen Dienstag zu schließen, hat der spanische Zeitungsverlegerverband die Regierung und die europäischen Institutionen aufgefordert auf den Suchmaschinenbetreiber einzuwirken, um die Schließung zu verhindern. Medienexperten sehen eine wirtschaftliche Schädigung bei Online-Medien durch abnehmende Klickzahlen voraus, meldet die FAZ (PI). Auslöser für die Entscheidung Googles war ein dem deutschen Leistungsschutzrecht ähnliches Gesetz in Spanien mit zwingender Zahlungsverpflichtung für den Verlinkenden.
Österreich – Hypo Alpe Adria/BayernLB: Vor dem Handelsgericht Wien hat die BayernLB den von ihr geführten Pilotprozess um Schadensersatzforderungen wegen der Hypo Alpe Adria-Pleite gegen die Mitarbeiter-Privatstiftung (MAPS) verloren, meldet das Handelsblatt.
Italien – Urteil 238/2014 und Völkerrecht: Auf verfassungsblog.de setzt sich Rechtsdozent Dr. Filippo Fonanelli mit dem möglichen völkerrechtlichen Einfluss des Urteils Nr. 238 des Italienischen Verfassungsgerichtshofes vom Oktober dieses Jahres auseinander. Der Internationale Gerichtshof hatte die Verurteilung Deutschlands durch italienische Gerichte zu Schadensersatzzahlungen an NS-Opfer wegen Verstoßes gegen die Staatenimmunität für völkerrechtswidrig erklärt. Die nationale Umsetzung dessen – Italien entzog seinen Gerichten gesetzlich die Zuständigkeit für Klagen von NS-Opfern gegen Deutschland – wurde im Urteil Nr. 238 für verfassungswidrig erklärt.
Sonstiges
ius menschenrechte geht online: Die Rechtsprechungsdatenbank ius menschenrechte des Deutschen Instituts für Menschenrechte ist sei Montag online. Im Interview mit lto.de (Pia Lorenz) spricht die Direktorin des Instituts Beate Rudolf über das Projekt. Es enthält ausschließlich Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrecht, des Europäischen Gerichtshofs und der UN-Fachausschüsse zum Thema Menschenrechte und das auch in deutscher Übersetzung und Zusammenfassung.
Intransparenz des Schufa-Score: Eine Studie zum Scoring der Schufa und anderer Auskunfteien hat die Intransparenz der Bewertungsverfahren bemängelt. Weder sei die Datengrundlage einsichtig, noch das – vom Bundesgerichtshof im Fall der Schufa zum Geschäftsgeheimnis erklärte – Bewertungsverfahren. Justiz- und Verbraucherschutzminister Maas will "einen Diskussionsprozess eröffnen", berichtet das Handelsblatt (Frank M. Drost).
Rundschreiben DRV zu Syndikusanwälten: blog.beck.de (Christian Rolfs) macht auf ein Rundschreiben der Deutschen Rentenversicherung aufmerksam und fasst zusammen, wie nach dem Urteil des Bundessozialgerichts zur Rentenversicherungspflicht für Syndikusanwälte in Ermangelung einer gesetzlichen Regelung vorgegangen werden soll.
Das Letzte zum Schluss
Akustische Gartenlaubenüberwachung: Moderne Überwachungstechnik kann Einbrüche verhindern oder die Täter fassen helfen. Wer seine Gartenlaube akustisch überwacht, kann auch den Gartenlaubeneinbruch aufklären und die gemeinen Gartenlaubeneinbrecher fassen. So ging es einem Berliner und zwei Einbrechern, die damit wohl nicht gerechnet hatten, meldet die Welt.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/krü
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 16. Dezember 2014: Falsche Informationen der HRE – Wahlausschluss behinderter Menschen – Akustische Überwachung der Gartenlaube . In: Legal Tribune Online, 16.12.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14116/ (abgerufen am: 03.07.2024 )
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