Der BGH stärkt die Position von Patienten, die nur von einem bestimmten Arzt operiert werden wollen. Außerdem in der Presseschau: In Frankreich hat das Burka-Verbot keine Wirkung gezeigt. In Mannheim geht die Polizei gegen Auto-Tuner vor.
Thema des Tages
BGH zu Chefarztbehandlung: Wer als Patient die Operation durch den Chefarzt vereinbart hat und dann von einem anderen Arzt operiert wird, kann grundsätzlich Schmerzensgeld verlangen. Das entschied der Bundesgerichtshof in einem jetzt veröffentlichten Urteil. Die Einwilligung des Patienten beziehe sich nur auf den vereinbarten Arzt. Auch wenn der vertretende Arzt keinen Fehler gemacht habe, dürfe der rechtswidrige Eingriff nicht folgenlos bleiben. Es berichten die SZ (Wolfgang Janisch) auf der Titelseite und lto.de.
Rechtspolitik
Burka: Der emeritierte Staatsrechtsprofessor Rupert Scholz hält ein gesetzliches Burka-Verbot für rechtlich möglich, meldet focus.de. Zum gleichen Ergebnis kommt der emeritierte Rechtsprofessor Friedhelm Hufen laut Bild (Ralf Schuler/Franz Solms-Laubach). Dort wird auch exklusiv der entschärfte Wortlaut der geplanten "Berliner Erklärung" der Unions-Innenminister vorgestellt, wonach kein Burka-Verbot mehr gefordert wird. Das CDU-Parteipräsidium forderte die Unions-Innenminister auf, sektorelle Burka-Verbote zu prüfen, etwa im Straßenverkehr oder vor Gericht, berichtet spiegel.de.
Staatsbürgerschaft: Der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat vorgeschlagen, dass Flüchtlingskinder, die in Deutschland geboren wurden, automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten. Bisher gilt das Geburtsortprinzip nur, wenn mindestens ein Elternteil seit mehr als acht Jahren legal in Deutschland lebt. Ramelows Vorschlag wird auch von Innenpolitikern der SPD und der Grünen unterstützt, berichtet die taz (Daniel Bax).
Datenschutz: In der SPD wird vorgeschlagen, den Datenschutz für Unternehmen vom Innenministerium ins Justizministerium zu verlagern. In der Union wird dies abgelehnt. Die FAZ (Hendrik Wieduwilt) schildert die Diskussion.
BND und Journalisten: Mehrere Journalistenverbände protestieren, dass in der geplanten Novellierung des BND-Gesetzes keine Schutzklausel für (ausländische) Journalisten enthalten ist. In Koalitionskreisen wird erwidert, dass die Grenze zwischen Journalisten und Propagandisten bzw. Terroristen oft fließend sei. Die SZ (Ronen Steinke) beschreibt die Debatte.
AGG: Der Anwalt Thomas Gennert argumentiert auf dem Handelsblatt-Rechtsboard, es gebe keine Schutzlücken im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz. Er lehnt die vorgeschlagene Fristverlängerung für Klagen und ein Verbandsklagerecht ab.
Justiz
BGH - Kachelmann/Springer: Der Springer-Verlag hat beim Bundesgerichtshof Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein Urteil des OLG Köln vom Juli eingelegt, mit dem der Verlag zu Schadensersatz in Höhe von 395.000 Euro an Jörg Kachelmann verurteilt worden war. Wahrheitsgemäße Berichterstattung dürfe nicht durch Zahlungspflichten in dieser Höhe sanktioniert werden, sonst sei die Pressefreiheit in Gefahr. Es berichten spiegel.de und lto.de.
Zentrale Stelle - KZ Stutthof: Im Interview mit der taz (Minh Schredle) erläutert Jens Rommel, Leiter der Zentralen Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen, warum Vorermittlungen gegen vier Männer und vier Frauen geführt werden, die einst im KZ Stutthof arbeiteten. Anklagen wegen Beihilfe zum Massenmord hängen vermutlich von der BGH-Revisions-Entscheidung im Fall Gröning ab.
AG Bad Hersfeld zu Smartphone-Erziehung: Das Amtsgericht Bad Hersfeld hat einen Vater von zwei Mädchen (10 und 15 Jahre alt) verpflichtet, auf deren Smartphones WhatsApp und Messenger-Apps zu löschen. Zudem muss er die Smartphones regelmäßig kontrollieren und mit den Mädchen über deren Nutzung sprechen, meldet lto.de. Die Töchter waren zuvor von einem Schulfreund des Vaters mit Sex-Nachrichten belästigt worden.
Recht in der Welt
Frankreich - Burka: Die SZ (Christian Wernicke) hat untersucht, was das seit sechs Jahren in Frankreich geltende Burka-Verbot bewirkt hat. Nach wie vor tragen rund 2.000 Frauen in der Öffentlichkeit Burka oder Niqab. Überwiegend seien es junge, gut ausgebildete Frauen, die Zahl sei nicht gesunken. Die Polizei schaue meist weg, weil sie wichtigeres zu tun habe. Nur rund 400 Mal pro Jahr werden Bußgelder verhängt, die oft von muslimischen Mäzenen bezahlt werden.
Frankreich - Burkini: An mehreren Stränden Frankreichs sind inzwischen Burkinis verboten. Ein Gericht in Nizza hat das Verbot bestätigt. Die taz (Rudolf Balmer) schildert die Lage.
USA/Kanada/Norwegen/England - Fahrverbot und Unterhalt: Die SZ (Ulrike Heidenreich/Claire Williams) berichtet, wie in anderen Staaten Fahrverbote und andere unkonventionelle Mittel (etwa Jagdverbote) eingesetzt werden, um insbesondere Unterhaltsschuldner zur Einsicht zu bringen. Die beschriebenen Staaten seien überwiegend erfolgreich beim Einfordern von Unterhaltszahlungen.
Türkei - Sex mit Kindern: Das türkische Verfassungsgericht hat eine Strafvorschrift gekippt, wonach Sex mit Kindern unter 15 Jahren stets strafbar ist. Eine Neuregelung soll berücksichtigen, dass Kindern über 12 Jahren die Bedeutung von Geschlechtsverkehr bewusst sei, so dass sie sich bewusst dafür oder dagegen entscheiden könnten. Das Parlament habe jetzt sechs Monate Zeit für eine Neuregelung, berichtet Bild. Das Urteil führte innerhalb und außerhalb der Türkei zu Protesten. Teilweise wurde eine Zunahme der arrangierten Ehen mit Kindern erwartet, obwohl die Ehe-Mündigkeit weiter erst mit 18 Jahren beginnt.
Syrien - Luftbrücke: Die von Außenminister Frank-Walter Steinmeier ins Spiel gebrachte Luftversorgung von Aleppo wäre völkerrechtlich nur mit Zustimmung der syrischen Regierung oder einem Beschluss des UN-Sicherheitsrats möglich, schildert die taz (Tobias Schulze/Christian Rath).
Sonstiges
Auto-Posing: Die Mannheimer Polizei geht gegen Autofahrer vor, die mit "aufgemotzten Karren lärmend durch die Innenstadt" fahren, berichtet spiegel.de. Wer zweimal negativ auffalle, bekomme von der Polizei als Warnung eine Gelbe Karte mit der Aufschrift "Stop Posing" zugeschickt. Außerdem habe die Polizei 22 Autos und drei Motorräder aus dem Verkehr gezogen, deren Betriebserlaubnis durch Umrüsten erloschen gewesen sei.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 16. August 2016: Nur Chefarzt ist Chefarzt / Folgenloses Burka-Verbot / Polizei gegen Auto-Poser . In: Legal Tribune Online, 16.08.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20298/ (abgerufen am: 04.07.2024 )
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