BKA-Chef Ziercke verteidigt sich vor dem Innenausschuss des Bundestags wegen der Edathy-Affäre. Außerdem in der Presseschau: Ermittlungen gegen Auschwitz-Wachpersonal, Staatsangehörigkeitsrecht und Doppelpass, 5-Prozent-Klausel, Bankenunion, Maklerhaftung, Ecclestone, und wieso es nicht so einfach ist, mit Schreibfehlern Geld zu verdienen.
Thema des Tages
Ziercke und Edathy: Bezüglich der mittlerweile dritten Aussage von BKA-Chef Ziercke zu seiner Informations- bzw. Verschwiegenheitspraxis im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen Sebastian Edathy herrscht die Meinung vor, Ziercke habe einen überzeugenden Auftritt abgeliefert. So der Tenor bei SZ (Stefan Braun), FAZ (Eckart Lohse) und zeit.de (Katharina Schuler). Es sei ihm gelungen, die Widersprüche zwischen Informationsrecht des Parlaments und Schweigepflicht des Beamten nachdrücklich herauszuarbeiten. Die taz (Konrad Litschko) spricht von einer "kleinlauten Opposition" und meint, mittlerweile stehe auch der Untersuchungsausschuss auf der Kippe. Etwas weniger deutlich fällt Zierckes Erfolg für spiegel.de (Philipp Alvares de Souza Soares / Florian Gathmann / Matthias Gebauer) und Die Welt (Manuel Bewarder, ähnlich online) aus. Letztere sieht den BKA-Chef nur "fürs Erste" als gerettet.
focus.de (Martina Fietz) richtet das Augenmerk auf die Vertreter der niedersächsischen Justiz, angehört wurden auch die Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz, der Celler Generalstaatsanwalt Frank Lüttig und Jörg Fröhlich (StA Hannover). In einem eigenen Beitrag geht focus.de (stj) noch der Frage nach, ob die Ermittlungen gestoppt wurden, als bekannt wurde, dass ein hochrangiger BKA-Ermittler auf der Liste des Kinderporno-Händlers auftauchte.
Reinhard Müller (FAZ) kommentiert, ein positives Ergebnis der Causa Edathy seien Schritte, um den bisher legalen Handel mit bestimmten Fotos von Kindern strenger zu regeln. Jedoch bleibe immer ein Bereich bei Übergriffen gegen "die Schwächsten", der sich strafrechtlich nicht regeln lasse.
Rechtspolitik
EU-Internetreform: Das EU-Parlament hat einer umfassenden Datenschutzreform mit großer Mehrheit zugestimmt, berichten die SZ (Javier Caceres) und das Handelsblatt (Thomas Ludwig). Dabei gehe es vor allem darum, nationale Gesetze zu vereinheitlichen und mehr Klarheit für die Bürger zu schaffen. Über die konkrete Umsetzung müsse mit den Regierungen der Einzelstaaten noch verhandelt werden, die sich zum Teil als Bremser erwiesen. Die FAZ (Hendrik Kafsack) zitiert den CSU-Abgeordneten Markus Ferber: "Das Europaparlament macht Druck, doch die Staaten stehen bisher auf der Bremse."
EU-NSA-Abschlussbericht: Anlässlich des Abschlussberichts des NSA-Ausschusses des Europaparlaments führt die FR (Peter Riesbeck) mit der SPD-Europaabgeordneten Birgit Sippel ein Interview zu den zahlreichen Ausnahmen und Änderungen im G-10-Gesetz. Sie meint, vom ursprünglichen Schutz des Fernmeldegeheimnisses sei wenig übrig geblieben. Das Gesetz bedürfe der Reform. Den Bericht und die Datenschutzrichtlinie für Polizei und Justiz stellt netzpolitik.org (Kilian Froitzhuber) vor. In diesem Zusammenhang habe das EU-Parlament durch eine Entschließung auch gefordert, die Übermittlung gewerblicher Daten an die USA im Rahmen der Abkommen Safe Harbor und Swift bis auf weiteres auszusetzen, berichtet zeit.de.
Staatsangehörigkeit – Doppelpass: welt.de (Miriam Hollstein / Freia Peters) berichtet über den für Freitag geplanten Antrag der Bundesländer Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz im Bundesrat, bei der doppelten Staatsangehörigkeit allein darauf abzustellen, ob jemand in Deutschland geboren ist. Die Linkspartei werde das Vorhaben unterstützen, indem sie es wortgleich im Bundestag einbringe. Die FR (Karl Doemens) berichtet, die Bundesratsinitiative werde am Freitag nicht beraten, sondern direkt in die Fachausschüsse überwiesen werden.
Özlem Topçu (Die Zeit) kritisiert die jetzige Vorgehensweise der Bundesregierung als "feige" und halbherzig. Er meint, eine große Chance werde vertan, wenn man den Vorschlag von Innenminister de Maizière umsetze, der auf einen Schulabschluss oder eine zwölfjährige Anwesenheit in Deutschland abstelle.
Adoptionsrecht für Lebenspartnerschaften: spiegel.de berichtet, dass das Bundeskabinett einen Gesetzesentwurf gebilligt hat, der die Sukzessivadoption für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften möglich macht. Es setze damit eine Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts um. Demnach können homosexuelle oder lesbische eingetragene Lebenspartner das vom Partner / der Partnerin bereits adoptierte Kind nachträglich ebenfalls adoptieren.
Reinhard Müller (FAZ) macht sich im Leitartikel grundlegende Gedanken über die verfassungsmäßige Rolle der Familie. Er sieht die "Keimzelle des Staates" in Gefahr, nicht zuletzt durch die "eigenmächtige" Angleichung der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft an die Ehe durch das Bundesverfassungsgericht.
Bankenunion: Zur Schaffung einer Bankenunion bringt zeit.de (Claas Tatje) ein Interview mit dem Grünen-EU-Parlamentarier Sven Giegold. Dieser meint: "Es geht um die Frage: Wie trennen wir Risiken, die Banken eingehen, von den Haushalten der Staaten?"
EU-Vergaberecht: Für lto.de beschreibt André Siedenberg, Referent im Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes Nordrhein-Westfalen, die schwierigen Bemühungen, das Europäische Vergaberecht zu vereinfachen. Zwar habe das EU-Parlament im Januar neue Richtlinien angenommen, einfacher werde es dadurch aber nicht.
E-Commerce: In einem Beitrag für lto.de blickt Rechtsanwalt Matthias Rosa voraus auf die neuen Regeln für den E-Commerce, die in drei Monaten in Kraft treten. Unter anderem wird dann ein Widerruf beim Internetkauf auch telefonisch und online möglich sein.
Fünf-Prozent-Klausel: Maximilian Steinbeis (verfassungsblog.de) hält es nicht für einen Affront gegenüber dem Bundesverfassungsgericht, wenn man die Fünf-Prozent-Klausel im Grundgesetz festlegt, "nach allem, was in punkto Wahlrecht zwischen Karlsruhe und Berlin in den letzten Monaten und Jahren so alles vorgefallen ist". Marcel Pauly (Die Zeit) plädiert für eine niedrigere Sperrklausel.
Justiz
LG München – Uli Hoeneß: Im Prozess gegen Uli Hoeneß wird heute mit einem Urteil gerechnet. Vor allem über die Höhe einer möglichen Strafe wird spekuliert. Es berichten die taz (Tobias Schulze), die SZ (Klaus Ott / Annette Ramelsberger), die FAZ (Joachim Jahn) in ihrem Wirtschaftsteil, das Handelsblatt (A. Höpner, J. Keuchel, W. Ramm, W. Reuter), sowie spiegel.de (Rafael Buschmann / Björn Hengst), Die Welt (Hannelore Crolly / Florian Kinast, ähnlich online in zwei separaten Artikeln) und zeit.de (Nina Gut / Lukas Koschnitzke). Die Zeit (Hanns-Bruno Kammertöns) versucht in ihrem Sportteil eine vorgezogene Gesamtwürdigung.
Die SZ (Annette Ramelsberger) untersucht ferner die persönlichen Folgen für Hoeneß, und erläutert die im Spiel befindlichen Summen (Wolfgang Janisch). spiegel.de (Michael Kröger) erläutert die finanziellen Risiken der von Hoeneß bevorzugten Transaktionen. Die Welt (Florian Kinast) bringt ein Interview mit dem Rechtswanwalt Thomas Pfister, der eine Bewährungsstrafe angesichts der Geamtsumme für sehr unwahrscheinlich hält.
Heribert Prantl (SZ) hält es für falsch, dass man über das umfangreiche Material hinweggeht und ein schnelles Urteil fällt. Gisela Friedrichsen (spiegel.de) liefert ihren täglichen Kommentar im Video. Giovanni di Lorenzo (Die Zeit) fragt, ob und wann einem straffällig gewordenen Prominenten der Weg in eine anerkannte soziale Stellung möglich ist.
OLG München – NSU: Über die wenig glaubwürdigen Aussagen des V-Mannes Andreas T. zu den Vorgängen im Internet-Café von Halit Yozgat in Kassel berichten die SZ (Tanjev Schultz) und zeit.de (Tom Sundermann).
BGH zu Faxzugang: Eine OK-Meldung im Sendebericht eines Fax indiziert nach Auffassung des Bundesgerichtshofs, dass eine Telefonverbindung zustande kommen ist. internet-law.de (Thomas Stadler) interpretiert das so, dass der Empfänger substantiiert vortragen müsse, warum das Fax trotzdem nicht angekommen ist.
BGH zu Mandantengespräch: lawblog.de (Udo Vetter) stellt eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vor, derzufolge auch bereits Anbahnungsgespräche zwischen Anwalt und möglichem Mandanten einen besonderen Vertrauensschutz genießen.
LG Bonn – TelDaFax: Das Handelsblatt (Jürgen Flauger / Sönke Iwersen) berichtet über den nächsten Prozess gegen die TelDaFax-Vorstände Gernot Koch und Klaus Bath, die der Insolvenzverwalter Biner Bähr vor dem Landgericht Bonn verklagt hat. Es geht um 1,5 Millionen Euro.
LG München – Ecclestone: Die FAZ (Marcus Theurer) bringt in ihrem Wirtschaftsteil einen Vorbericht zum Verfahren gegen Bernie Ecclestone, das im April vor dem Landgericht München beginnt. Dem Formel-1-Chef wird Korruption vorgeworfen.
StA Stuttgart – Auschwitz: Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt gegen ehemalige Angehörige der Wachmannschaften in Auschwitz, berichtet die taz (Christian Rath). Eine Beteiligung am Wachdienst genüge als Teilnahmehandlung. In einem Pilotverfahren werde gegen den heute 94-jähringen Hans Lipschis er mittelt, der im KZ Auschwitz als Wachmann tätig gewesen war. Zwar habe das Landgericht Ellwangen entschieden, dass Lipschis wegen Demenz nicht verhandlungsfähig sei, über eine Beschwerde von Angehörigen von Opfern müsse das OLG Stuttgart aber noch entscheiden.
Das Letzte zum Schluss
BGH zu Tippfehlerdomains: internet-law.de (Thomas Stadler) untersucht die nun vorliegenden Gründe zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu sogenannten Tippfehlerdomains. Danach stellt es einen Verstoß gegen das Verbot der unlauteren Behinderung gemäß § 4 Nr. 10 UWG dar, wenn jemand eine Domain einrichtet, die sich durch einen üblichen Schreibfehler von einer anderen Domain unterscheide, um unter der Tippfehlerdomain ohne Warnung für den Internetbenutzer für ein ganz anderes Produkt zu werben. Im konkreten Fall habe jemand die Domain wettereonlin.de eingerichtet, um von der falschen Schreibweise der Domain wetteronline.de zu profitieren und für Krankenversicherung zu werben. Grundsätzlich verboten seien die Tippfehlerdomains aber nicht. Ein Verstoß liege nicht vor, wenn auf der Tippfehlerdomain ausdrücklich und deutlich auf den Verschreiber hingewiesen werde.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
(Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen epaper des jeweiligen Titels.)
lto/ro
(Hinweis für Journalisten) Hinweis für Journalisten
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 13. März 2014: Ziercke und Edathy – Warten auf das Hoeneß-Urteil – EU-Internetreform . In: Legal Tribune Online, 13.03.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11319/ (abgerufen am: 21.07.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag