Was tun mit der Erbschaftsteuer? Auf den Beschluss des Bundesfinanzhofes folgen Vorschläge für Reformen. Außerdem in der Presseschau: Das Asylbewerberleistungsgesetz im Bundesrat, das Petitionsrecht als Relikt aus alten Zeiten, Treu und Glauben beim Steuerklassenwechsel, vier Bauern gegen Shell - und wie ein deutscher Jurastudent in Hogwarts landet.
Debatte um Erbschaftsteuer: Nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofes, das Erbschaftsteuergesetz dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, werden von verschiedenen Seiten Vorschläge für Reformen laut. Die SZ (Daniela Kuhr) gibt einen Überblick über die Reaktionen auf die Entscheidung: Unternehmerverbände kritisieren die unsichere Rechtslage, die Deutsche Steuergewerkschaft fordern niedrigere Steuersätze für Privatvermögen. Die Grünen sprechen sich dagegen für die Erbschaftsteuer aus.
Wie die FAZ (Jan Hauser) berichtet, fordert die FDP, die Erbschaftsteuer insgesamt abzuschaffen. Die CDU wolle dagegen an der Erbschaftsteuer festhalten. Bayerns Finanzminister Markus Söder fordert im Interview mit Der Welt (Peter Issig), den Ländern bei der Regelung der Erbschaftsteuer mehr Kompetenzen zu geben. Sie sollten über Steuerbefreiung, Steuertarif und Steuerklassen selbst entscheiden können. Söder kündigte an, Bayern würde die Erbschaftsteuer in diesem Fall deutlich senken.
Der Rechtsanwalt Alexander Knauss analysiert für lto.de die Entscheidung des Bundesfinanzhofes.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Asylbewerberleistungsgesetz: Die Länder Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein schlagen vor, das Asylbewerberleistungsgesetz abzuschaffen und Asylbewerber in das bestehende Sozialsystem aufzunehmen, berichtet die SZ (Roland Preuss). Der Bundesrat soll heute über einen entsprechenden Antrag entscheiden. Das Bundesverfassungsgericht hatte das Asylbewerberleistungsgesetz für verfassungswidrig erklärt, das Bundessozialministerium wolle das Gesetz jedoch nicht abschaffen, sondern neu regeln.
Zwangsbehandlung von psychisch Kranken: Nachdem der Bundesgerichtshof im Juli erklärt hatte, dass die Zwangsbehandlung von psychisch Kranken rechtswidrig ist, fordert der Arzt Tom Bschor in der taz, eine Rechtsgrundlage zu schaffen, um psychisch Kranke auch gegen ihren Willen zu behandeln.
Urheberrecht: Die taz (René Martens) spricht mit dem Juristen Martin Kretschmer, der in England als Professor für information jurisprudence zur Urheberrechtspolitik forscht. Er geht davon aus, dass die Einkommen der Künstler weniger durch die urheberrechtlichen Regelungen, als mehr durch Verträge mit den Verwertern bestimmt werden.
Ökostrom-Umlage: Der Staatsrechtler Gerrit Manssen erklärt im Interview mit lto.de (Claudia Kornmeier), warum er die Ökostrom-Umlage im Erneuerbare-Energien-Gesetz für verfassungswidrig hält. Dabei beruft er sich auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1994 zum so genannten Kohlepfennig – ebenso wie damals die Subventionierung der Steinkohle dürften auch Erneuerbare Energien nur aus Steuern und nicht mittels einer hoheitlichen Abgabe gefördert werden. Bundesumweltminister Altmaier hatte am Donnerstag eine umfassende Reform des Gesetzes angekündigt.
Petitionen: Thomas Stadler (internet-law.de) befasst sich mit dem Sinn und Unsinn des Petitionsrechts, nachdem eine Petiton gegen das Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse nicht das Quorum von 50.000 Unterzeichnern erreicht hat. Petitionen machten Bürger zu Bittstellern und stellten letztlich ein "Relikt dar, das aus einer Zeit stammt, die primär von obrigkeitlichem Denken geprägt war".
Weitere Themen – Justiz:
BVerwG zu Steuerklassenwechsel: lawblog.de (Udo Vetter) berichtet über eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom Donnerstag zum Wechsel der Steuerklasse. Obwohl die Steuerklasse frei wählbar sei, könne es demnach gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn der Wechsel nur dazu diene, Kosten für die Unterbringung eines Kindes in einer Jugendhilfeeinrichtung zu sparen.
LG Berlin zu Ex-NPD-Chef: Der ehemalige Vorsitzende der NPD, Udo Voigt, ist vor dem Landgericht Berlin wegen Volksverhetzung verurteilt worden. Die Freiheitsstrafe von zehn Monaten wurde für drei Jahre auf Bewährung ausgesetzt. Voigt muss außerdem 1.000 Euro zahlen, die ein antifaschistischer Verein erhält. Von dem Prozess berichtet die taz (Konrad Litschko) im Berlin-Teil.
AG Dresden – Anti-Nazi-Demonstration: Im Zusammenhang mit den Demonstrationen gegen einen Nazi-Aufmarsch im Februar 2010 in Dresden, steht nun der ehemalige Fraktionsvorsitzende der Linken, André Hahn, vor Gericht. Ihm wird die Sprengung einer Versammlung vorgeworfen, weil er sich an einer Blockade des Nazi-Aufmarsches beteiligt haben soll. Von dem Prozessbeginn vor dem Amtsgericht Dresden berichtet die FR (Andreas Förster).
Ermittlungen nach Bali-Anschlag: Die SZ (Frederik Obermaier/Tanjev Schultz) schildert die Ermittlungen der deutschen Justiz gegen den Islamisten Reda Seyam, der einer der Hintermänner des Attentats in einer Diskothek in Bali 2002 sein soll. Die deutschen Behörden hätten verhindern wollen, dass der Deutsche, der aus Ägypten stammt, vom US-Geheimdienst CIA in das Gefangenlager Guantanamo gebracht wird. Aus Mangel an Beweisen für die Beteiligung an dem Attentat habe man Seyam jedoch nicht in Deutschland vor Gericht bringen können.
Rechtsmediziner fordert Obduktion: Der Chef der Münchener Rechtsmedizin, Wolfgang Eisenmenger, hat kritisiert, dass die Berliner Justiz nach dem Tod des Schauspielers Dirk Bach auf eine Obduktion verzichtet hat. Bei Prominenten solle stets eine Obduktion angeordnet werden, "dann ist Ruhe", zitiert focus.de.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Frankreich – Freisprüche in Vergewaltigungsprozess: In Frankreich sorgt ein Prozess um Serienvergewaltigungen für Diskussionen. Zwei junge Frauen hatten erklärt über drei Jahre von zahlreichen Männern immer wieder vergewaltigt worden zu sein. In einem Prozess vor einem Schwurgericht wurden zehn der angeklagten Männer frei gesprochen, vier erhielten eher milde Strafen. Die höchste Strafe sei eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren, wovon vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt würden, so die SZ (Stefan Ulrich).
Niederlande – Bauern verklagen Shell: Vor einem Zivilgericht in Den Haag hat ein Prozess von vier nigerianischen Bauern gegen den Öl-Konzern Shell begonnen. Shell hat seinen Firmensitz in Den Haag. Die Bauern fordern Schadensersatz, weil das Unternehmen für massive Ölverschmutzungen im Nigerdelta verantwortlich sein soll. Wie spiegel.de berichtet, wird das Urteil Ende des Jahres oder Anfang nächsten Jahres erwartet und könnte international zu weiteren Schadensersatzforderungen in Milliardenhöhe führen.
Russland – Madonna angeklagt: Ein Gericht in St. Petersburg prüft eine Klage gegen den US-Popstar Madonna, weil sie auf einem Konzert zur Toleranz gegenüber Schwulen aufgerufen hat. Das meldet die FR. In Russland steht das öffentliche Reden über Homosexualität unter Strafe.
USA – Doping-Skandal um Armstrong: Die US-amerikanische Anti-Doping-Agentur Usada hat einen umfassenden Bericht veröffentlicht, wonach der Radsportler Lance Armstrong systematisch gedopt haben soll. spiegel.de (Benjamin Knaack) schildert die Vorwürfe. Die SZ (Thomas Kistner) erläutert, warum Armstrong versucht, einer juristischen Auseinandersetzung aus dem Weg zu gehen: Müsste er unter Eid vor einem Gericht aussagen und sollte sich das als Falschaussage heraus stellen, drohe eine harte Strafe.
Das Letzte zum Schluss
Freshers' Week: Der Jurastudent Roman Kaiser schildert auf De lege Lata seine erste Woche an der University of Oxford. Die Neustudenten bekommen nicht nur Informationen über das bevorstehende Studienjahr, sondern dürfen auch zum Freshers' Dinner – wo es aussehe wie bei Harry Potter.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ak
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 12. Oktober 2012: Debatte um Erbschaftsteuer – BVerwG zum Steuerklassenwechsel – Bauern vs. Shell . In: Legal Tribune Online, 12.10.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7296/ (abgerufen am: 19.07.2024 )
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