Uli Hoeneß hat 27,2 Millionen Euro Steuern hinterzogen. Außerdem in der Presseschau: Auslandseinsätze der Bundeswehr, Ausschüttungsverbot für Lebensversicherer, Sarkozy unterliegt vor dem Kassationsgericht, Fünf-Prozent-Klausel, V-Mann mit Erinnerungslücken, Vetter verlässt Piraten, und warum Kiffer in den Rocky Mountains gern gesehen sind.
Thema des Tages
Uli Hoeneß hinterzog 27,2 Millionen Euro Steuern: Nach der Aussage einer Rosenheimer Steuerfahnderin hat Uli Hoeneß Steuern in einer Höhe von 27,2 Millionen Euro hinterzogen. Eine entsprechende Überschlagsrechnung, die die Beamtin als Zeugin präsentierte, wurde von Hoeneß' Anwälten nicht in Zweifel gezogen. Darüber berichten die SZ (Annette Ramelsberger), die FAZ (Joachim Jahn) und das Handelsblatt (Jan Keuchel/Wiebke Ramm), das die Zeugin porträtiert. Weitere Beiträge finden sich bei spiegel.de (Rafael Buschmann/Gisela Friedrichsen), zeit.de (Nina Gut), lawblog.de (Udo Vetter) sowie Die Welt (Hannelore Crolly/Florian Kinast, ähnlich online).
Hintergrundberichte befassen sich vor allem mit dem Verhältnis der Sponsoren zum FC Bayern nach diesen neuen Erkenntnissen. Die FAZ (Johannes Ritter/Henning Peitsmeier) zitiert in ihrem Wirtschaftsteil Christian Strenger, einen Fachmann für gute Unternehmensführung und Ulrich Hocker, den Präsidenten der deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Beide halten es für einen Fehler, dass die Aufsichtsräte Hoeneß nicht früher zum Rücktritt gezwungen hätten, er sei als "haltloser Zocker" (Strenger) untragbar geworden. Die SZ (Klaus Ott) mutmaßt in ihrem Wirtschaftsteil, hinter der Hand werde in Sponsorenkreisen schon ein "Königsmörder gesucht". Die Welt (Julien Wolff) meint, die Umstrukturierung des FC Bayern München sei soweit abgeschlossen, dass Hoeneß mittlerweile verzichtbar sei. Außerdem bringt die FAZ (Joachim Jahn) ein Porträt von Hanns W. Feigen, einem der beiden Verteidiger. zeit.de (Axel Hansen/Lukas Koschnitzke) macht sich Gedanken, ob Hoeneß alleine zockte und ob er vielleicht spielsüchtig ist.
Christian Rath (Badische Zeitung) und Martin Heidemanns (bild.de) sehen nach den neuesten Entwicklungen nur noch wenig Chancen, dass Hoeneß um eine Strafe ohne Bewährung herumkommt. Heribert Prantl (SZ) fordert eine Aussetzung des Verfahrens, um die Fülle der neuen Erkenntnisse auszuwerten. Wolfgang Reuter (Handelsblatt) und Joachim Steltzner (FAZ) kritisieren die Aufsichtsräte, allesamt Spitzenmanager der deutschen Wirtschaft, die sich durch ihr Festhalten an Hoeneß bei der Compliance in ihren eigenen Unternehmen vollständig unglaubwürdig machten. In einem Gastbeitrag für das Handelsblatt hält die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Freiheitsstrafen bei schweren Steuerdelikten für notwendig. Im Interview mit focus.de (Martina Fietz) hält Wolfgang Kubicki (FDP) die Selbstanzeige von Hoeneß aus dem Januar 2013 für nicht strafbefreiend, da sie nicht vollständig gewesen war.
Rechtspolitik
Strafbefreiende Selbstanzeige: Die FR (Markus Sievers) berichtet über die Pläne der Bundesregierung, die strafbefreiende Wirkung von Selbstanzeigen im Steuerrecht deutlich einzuschränken. Sie führt diese Entwicklung ebenso wie das endgültig gescheiterte Steuerabkommen mit der Schweiz auf den "Hoeneß-Effekt" zurück.
EU-Energiebeihilfen: Das Centrum für Europäische Politik hat die von der EU geplanten Leitlinien für Energiebeihilfen als unzulässige Umgehung der verbindlichen Vorgaben des EU-Energierechts kritisiert, berichtet das Handelsblatt (Thomas Ludwig). Insbesondere der Gestaltungsspielraum der Einzelstaaten, in Deutschland das Erneuerbare-Energien-Gesetz werde durch das Vorhaben von EU-Wettbewerbskommissar Almunia ausgehebelt.
EU-Bankenaufsicht: spiegel.de (Gregor Peter Schmitz) berichtet über die langsamen, aber sicheren Schritte auf dem Weg zu einer EU-Bankenunion.
Jens Münchrath (Handelsblatt) meint im Leitartikel, eine einheitliche Überwachung der Banken sei unverzichtbar, die Europäische Zentralbank solle sie aber nicht durchführen, da sie in einen Interessenkonflikt geraten könne.
Ausschüttungsverbot für Lebensversicherer: Die FAZ (Manfred Schäfers) berichtet in ihrem Wirtschaftsteil von den Plänen der Bundesregierung, ein Ausschüttungsverbot für Dividenden bei Lebensversicherern einzuführen. Dies solle verhindern, dass die Endbeträge ihrer Verträge zu niedrig ausfielen. Zu diesem Thema schreiben auch das Handelsblatt (Frank M. Drost/Ozan Demircan) und Die Welt (Martin Greve/Anne Kunz).
EU gegen Geldwäsche: Nach Vorstellung des Europaparlaments sollen alle EU-Mitgliedstaaten ein zentrales Register führen, um Finanzströme unklaren Ursprungs nachvollziehbar zu machen, berichtet die taz (Eric Bonse). Darin sollen Informationen von Unternehmen aller Rechtsformen, Stiftungen sowie Treuhandverhältnisse gesammelt und öffentlich gemacht werden. In einem nächsten Schritt sollen die Register in der ganzen EU vernetzt werden.
EU-Internetreform: Über die aktuellen Schritte bei der geplanten EU-Datenschutz-Grundverordnung informiert die FAZ (Uwe Ebbinghaus/Stefan Schulz/Thomas Thiel) in einem längeren Hintergrundartikel.
EU-Zinssteuerrichtlinie: Nach einem Bericht des Handelsblatts (Ruth Berschens) werden die letzten beiden Länder Österreich und Luxemburg ihren Widerstand gegen eine Verschärfung der EU-Zinssteuerrichtlinie aufgeben. Damit werde sich die gegenseitige Informationspflicht von EU-Staaten über Einkünfte ihrer Bürger auch auf Zinsen aus Ersparnisse, die in Lebensversicherungen, Stiftungen oder Investmentfonds angelegt seien, erstrecken.
Bundestag zu Auslandseinsätzen: Die taz (Ulrike Winkelmann) berichtet über die Kommission zur Überarbeitung der Bundestagsmandate bei Auslandseinsätzen. Obwohl die SPD zugesagt habe, eine Aufweichung des Parlamentsvorbehalts sei nicht geplant, wollen sich Grüne und Linke nicht an den Beratungen beteiligen. Unter Leitung von Ex-Verteidigungsminister Volker Rühe, so die SZ (Robert Rossmann), solle insbesondere geprüft werden, ob das Parlamentsbeteiligungsgesetz geändert werden müsse.
Ulrike Winkelmann (taz) begrüßt die Ablehnung von Grünen und Linken und meint: "Wenn die Große Koalition den Parlamentsvorbehalt abschleifen will, soll sie das ruhig allein tun."
Justiz
Ermächtigung für Ermittlungen gegen Friedrich: Bundesinnenminister de Maizière hat der Staatsanwaltschaft Berlin die nach Paragraf 353 b des Strafgesetzbuchs erforderliche Ermächtigung zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen seinen Amtsvorgänger Friedrich erteilt, berichtet die SZ (Robert Rossmann). Ebenfalls darüber berichten die FAZ (Eckart Lohse) und lawblog.de (Udo Vetter). Friedrich wird zur Last gelegt, unbefugt Angaben zu dem Ermittlungsverfahren gegen Sebastian Edathy gemacht zu haben.
Edathy und die Unschuldsvermutung: Im Leitartikel kritisiert Jasper von Altenbockum (FAZ) die aus seiner Sicht unmäßige Kritik an Versuchen, Kinderpornographie im Netz zurückzudrängen und an der Vorgehensweise der Ermittler, die keineswegs unverhältnismäßig vorgingen. Zu der von Sebastian Edathy so betonten Bedeutung der Unschuldsvermutung meint er: "Verantwortungslos wirkt das Verhalten von Edathy und dessen Fürsprechern doch vor allem deshalb, weil sie argumentieren: Wer legale Geschäfte mit einem Unternehmen macht, das unmittelbar auch davon lebt, dass Kinder vergewaltigt werden, darf sich als 'unschuldig' bezeichnen."
Voßkuhle und die Fünf-Prozent-Hürde: Über die massive Kritik an der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die Fünf-Prozent-Hürde bei der Europawahl zu kippen, berichten die FAZ (Günter Bannas) und Die Welt (Thorsten Jungholt, auch online). Letztere fragt, ob sich Gerichtspräsident Voßkuhle zum Nebengesetzgeber aufgeschwungen habe.
Robert Rossmann (SZ) meint, der Bundestag müsse sich die Frage gefallen lassen, ob Voßkuhle mit seiner Kritik an den Sperrklauseln nicht recht hat. Jacques Schuster (Die Welt) meint, "die Neigung zu spüren, gedankenlos auch das deutsche Wahlrecht zu kippen", und plädiert für eine Beibehaltung der Fünf-Prozent-Hürde.
OLG München – NSU: Über die widersprüchlichen Aussagen des V-Mannes Andreas T., der in Kassel im Internetcafé war, als dessen Besitzer Halit Yozgat ermordet wurde, aber davon nichts mitbekommen haben will, berichten die FAZ (ltr), spiegel.de (Björn Hengst) und zeit.de (Tom Sundermann). Im NSU-Blog von zeit.de gibt es noch einen weiteren Beitrag zur Bedeutung der Zeugin Anja W., derzufolge die ermordete Polizistin Kiesewetter umfangreiche Kontakte ins rechte Milieu gehabt haben soll.
LG Hannover zu Glaeseker: Das Landgericht Hannover hat das Verfahren gegen den ehemaligen Berater des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff gegen Zahlung von 25.000 Euro eingestellt. Die Welt (Ulrich Exner, auch online) würdigt den souveränen Auftritt von Richterin Renate Bürgel, ebenfalls berichtet die FAZ (Robert von Lucius).
Verteilungsschlüssel für Vereine: In einem Beitrag für lto.de beschreibt der Amtsrichter Lorenz Leitmeier die Schwierigkeiten, die Geldauflagen nach Paragraf 153 a der Strafprozessordnung sinnvoll und gerecht an gemeinnützige und bedürftige Einrichtungen zu verteilen. Er meint, ein festgelegter Schlüssel sei besser, als die persönliche und einsame Entscheidung des Richters, der immer unter dem Verdacht stehe, ihm genehme oder persönlich verbundene Projekte zu bevorzugen.
OLG Zweibrücken zu Fitnessstudio: blog.beck.de (Rechtsanwalt Philippe Rollin) setzt sich mit einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Zweibrücken auseinander. Das Gericht hatte es abgelehnt, bei einem Fitnessstudio den Status des Idealvereins zu bejahen. Rollin stellt die Sinnhaftigkeit der vom Gericht angewendeten Abgrenzungskriterien zum "klassischen Sportverein" in Frage und plädiert für eine Neubewertung des Paragrafen 21 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der den nichtwirtschaftlichen Verein regelt.
LG München I zu Organisationspflichten: In der FAZ setzt sich Rechtsanwalt Christoph E. Hauschka mit der Entscheidung des Landgerichts München I auseinander, das den ehemaligen Siemens-Finanzvorstand Heinz-Joachim Neubürger zu einer Strafe von 15 Millionen Euro verurteilt hatte. Da Neubürger Schmiergeldzahlungen ins Ausland durch Mitarbeiter nicht unterbunden habe, habe er gravierend gegen Compliance-Pflichten verstoßen.
EuGH zu Internetverknüpfungen: In einem Beitrag für die FAZ erörtert Rechtsanwalt Philipp Plog eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Zwei schwedische Journalisten wollten wissen, ob durch die Veröffentlichung von Links auf ihre bereits veröffentlichten Texte durch einen kommerziellen Dienstleister ihr Urheberrecht verletzt sei. Das oberste schwedische Gericht legte dem EuGH vor, dieser entschied, die Verlinkung sei keine "öffentliche Zugänglichmachung" im Sinne der EU-Urheberrechtsrichtlinie aus dem Jahr 2001. In Erweiterung der "Paperboy"-Entscheidung des Bundesgerichtshofs habe der EuGH jetzt entschieden, dass der Link nicht zum Rechteinhaber zurückführen müsse.
Bayerischer Verfassungsgerichtshof – Amigos: Wie zeit.de (kmi) berichtet, soll am 27. März vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof über die Verwandtenaffäre verhandelt werden. Abgeordnete aus allen Fraktionen hatten seit dem Jahr 2000 Verwandte direkter Linie auf Staatskosten bei sich beschäftigt. Die klagenden SPD-Politiker fordern, dass in der Affäre weitere Details wie Bruttogehälter, Jahresprämien und genaue Aufgabenbeschreibungen für die beschäftigten Verwandten veröffentlicht werden. Auch focus.de berichtet.
Recht in der Welt
Frankreich – Sarkozy: Der frühere französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy hat vor dem Kassationshof in Paris eine schwere juristische Niederlage erlitten. Wie die SZ (Christian Wernicke) und die FAZ (Michaela Wiegel) berichten, darf sein Notizbuch jetzt doch als Beweismittel gegen ihn verwendet werden. So soll Sarkozy im Jahr 2008 eine staatliche Zahlung von 405 Millionen Euro an den Unternehmer Bernard Tapie veranlasst haben.
Stefan Ulrich (SZ) meint, damit seien Sarkozys Chancen auf eine erneute Kandidatur 2017 nahezu zerstört, die Konservativen müssten sich einen anderen Hoffnungsträger gegen Hollande suchen.
Sonstiges
Udo Vetter verlässt Piraten: Der Rechtsanwalt Udo Vetter ist wegen massiver Differenzen mit dem linken Flügel der Piraten aus der Partei ausgetreten, berichtet die taz (Andreas Wyputta). Vetter sei der Auffassung gewesen, dass der linke Flügel seine Positionen dem Rest der Partei mit einem stalinistischen Ansatz aufzwingen wolle.
Das Letzte zum Schluss
Cannabis in Colorado: Der US-Bundesstaat Colorado hat nach der Legalisierung von Marihuana am 1. Januar 2014 im ersten Monat des Jahres Steuermehreinnahmen in Höhe von zwei Millionen US-Dollar zu verzeichnen, berichtet die FAZ (Christiane Heil). Die Welt (Tina Kaiser, auch online) berichtet, bliebe es bei diesen Verkaufszahlen, lägen die Steuereinnahmen für das ganze Jahr 2014 bei 21 Millionen US-Dollar.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen epaper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ro
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage
Die juristische Presseschau vom 12. März 2014: Hoeneß hinterzog 27,2 Millionen Euro – Ermächtigung für Ermittlungen gegen Friedrich – EU-Internetreform . In: Legal Tribune Online, 12.03.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11304/ (abgerufen am: 02.07.2024 )
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