Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt gegen den SPD-Politiker Sebastian Edathy, ohne Tatvorwürfe zu nennen. Außerdem in der Presseschau: Bestechung von Abgeordneten, Klagerecht für Verbraucher, Prozess wegen Duisburger Love-Parade, Prozessdauer vor Finanzgerichten, 1.265 Dollar Stundenhonorar, sowie Heiteres aus dem Arbeitsrecht.
Thema des Tages
StA Hannover – Edathy: Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt ohne öffentliche Nennung eines Tatvorwurfs gegen den SPD-Politiker Sebastian Edathy, der am Wochenende aus gesundheitlichen Gründen sein Bundestagsmandat aufgab. Edathy widerspricht der Darstellung, er habe kinderpornografische Inhalte in seinem Besitz gehabt. Darüber und die Hausdurchsuchungen in Berlin und Niedersachsen berichten FR (Steffen Hebestreit), FAZ (Robert von Lucius/Peter Carstens) und SZ (Charlotte Parnack/Tanjev Schultz).
spiegel.de (Matthias Bartsch/Philipp Alvares de Souza Soares/Michael Fröhlingsdorf) berichtet, kanadische Ermittler hätten ihre deutschen Kollegen informiert. Die taz (Konrad Litschko) bringt ein Porträt von Edathy, der als Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschuss bekannt geworden war. zeit.de (Lenz Jacobsen/Till Schwarze) setzt sich mit den Gerüchten in diesem Zusammenhang auseinander. handelsblatt.com (Dietmar Neuerer) berichtet von der Unterstützung von Edathy durch den ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Jörg Tauss, der wegen Besitzes, Weitergabe und Erlangen von Kinderpornografie 2010 verurteilt worden war.
Heribert Prantl (SZ) bezeichnet in seinem Kommentar die Unschuldsvermutung, die Edathy für sich beansprucht, als "Taschentuch des Rechtsstaats".
Rechtspolitik
Bestechung von Abgeordneten: Über die geplante Präzisierung der Strafbarkeitsregeln für die Bestechung von Abgeordneten berichten SZ (Robert Rossmann) und FAZ (Günter Bannas). Mit dem Gesetzesentwurf der SPD-Fraktion im Bundestag, so auch zeit.de (Katharina Schuler), setze die Bundesrepublik die UN-Konvention gegen Korruption von 2003 um. spiegel.de (Ann-Kathrin Müller) lässt auch die Kritiker zu Wort kommen, die von "sinnloser symbolischer Gesetzgebung" sprechen.
Oppositionsrechte erweitert: Über die Erweiterung der Rechte der Mini-Opposition im Bundestag berichten SZ (Robert Rossmann) und FAZ (Günter Bannas). Das Rederecht von Linken und Grünen werde erweitert, für die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen und Enquete-Kommissionen sei Einstimmigkeit der Opposition erforderlich. Für eine Normenkontrollklage vor dem Bundesverfassungsgericht sei jedoch weiterhin mindestens ein Viertel der Stimmen des Bundestags erforderlich.
Klagerecht für Verbraucher: Verbraucherschutzverbände sollen für den Fall des Missbrauchs von Kundendaten in Zukunft ein Klagerecht erhalten. Von der Ankündigung des Bundesjustizministers Heiko Maas, das Unterlassungsklagengesetz entsprechend zu ändern, berichtet die FAZ (Joachim Jahn). cr-online.de (Rechtsanwalt Prof. Niko Härting) wirft die Frage auf, wieso der Verbraucherdatenschutz nicht vollständig in den Verbraucherschutz integriert wird.
Justiz
BVerfG – Bundesversammlung: Weil der NDP-Vorsitzende Udo Pastörs den Wahlmodus für den Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung für verfassungswidrig hält, hat das Bundesverfassungsgericht am Dienstag darüber mündlich verhandelt. Über den "weißen Fleck auf der verfassungsrechtlichen Landkarte" (Andreas Voßkuhle) berichten SZ (Wolfgang Janisch), FAZ (Reinhard Müller). verfassungsblog.de (Maximilian Steinbeis) macht sich Gedanken über die so betriebene "Politisierung der Bundespräsidentenwahl".
StA Duisburg – Love-Parade: Die Staatsanwaltschaft Duisburg hat Anklage gegen zehn mutmaßlich Verantwortliche für die 21 Toten bei der Duisburger Love-Parade im Jahr 2010 erhoben. Es berichten SZ (Bernd Dörries) und FAZ (Reiner Burger) sowie spiegel.de (Jörg Diehl/Sven Röbel/Steffen Winter).
Pascal Beucker (taz) kommentiert die Auswahl der Angeklagten: "Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen".
BFH zur Länge von Prozessen: Der Bundesfinanzhof hat erste Grundsätze formuliert, nach denen festgestellt werden kann, wann ein finanzgerichtliches Verfahren unangemessen lange dauert und damit ein Entschädigungsanspruch für den Steuerbürger entsteht. In einem Beitrag für die FAZ (Recht und Steuern) stellt Rechtsanwalt Ulrich Ränsch die Entscheidung vor. Demnach habe bei einem über acht Jahre sich hinziehenden Verfahren eine unangemessene Verzögerung von 43 Monaten vorgelegen.
OLG München – Hypo Real Estate: Um zu klären, ob und wann die mittlerweile verstaatlichte Hypo Real Estate Bank ihre Kunden über Risiken hätte informieren müssen, hat das Oberlandesgericht München erneut dazu aufgefordert, das Protokoll einer Vorstandssitzung vom 29. August 2007 vorzulegen. Die SZ berichtet in ihrem Wirtschaftsteil (Markus Zydra).
OLG München – NSU: lto.de (Constantin Baron van Lijnden) geht mit der Berichterstattung über den Prozess gegen Beate Zschäpe hart ins Gericht: Selten sei zu einem Verfahren "so viel Prätentiöses, Überflüssiges und Dummes geschrieben" worden wie zu diesem.
EGMR – Klage gegen England: verfassungsblog.de (Filip Bubenheimer) setzt sich mit der politischen Brisanz einer Klage auseinander, die Datenschützer beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen die Überwachungspraktiken des britischen Geheimdienstes GCHQ eingereicht haben. Bei einem für Englang negativen Urteil könnte es sein, dass Premier David Cameron die Autorität des Gerichts offen ablehne und damit dem Prinzip der menschenrechte schweren Schaden zufüge.
LG Stuttgart – Porsche: Über das Verfahren vor dem Landgericht Stuttgart im Zusammenhang mit dem gescheiterten Übernahmeversuch von VW durch Porsche berichtet die FR (Frank-Thomas Wenzel). Weil Porsche die Übernahmeabsicht lange verheimlicht habe, so tragen die 24 als Kläger auftretenden Hedgefonds vor, hätten sie Milliardenverluste gemacht, als sie auf fallende VW-Aktien gewettet hätten.
International
Michael Bromwich - 1.265 Dollar Stundenhonorar: In ihrem Wirtschaftsteil berichtet die FAZ (Roland Lindner) über "US-Staranwalt" Michael Bromwich. Dieser wurde eingesetzt, um die Geschäftspraktiken von Google zu überwachen. Bromwich solle sicherstellen, dass Apple interne Richtlinien besitzt, die Verstöße gegen das Kartellrecht verhindern. Bezahlt wird der Anwalt von Apple.
Sonstiges
Schäuble zu Beugehaft: In einem Gastbeitrag für die FAZ lobt der emeritierte Professor Klaus Lüderssen Wolfgang Schäubles strikte Ablehnung von Versuchen, die Androhung von Untersuchungshaft in Steuerstrafsachen als Mittel für ein Geständnis einzusetzen.
Kartellrecht und IOC: Im Sportteil der FAZ plädiert der Rechtsanwalt Mark E. Orth für die Gründung einer eigenen Athletenorganisation, um die Monopolstellung des IOC und anderer Sportverbände zu brechen. Das Kartellrecht könne dabei ein wirksamer Hebel sein.
Investitionsschutz USA - EU: In einem Beitrag für lto.de warnt der Junior-Professor Jörn Griebel vor einer Pauschalverurteilung des geplanten Investitionsschutzabkommens zwischen den USA und der EU. Trotz aller berechtigter Kritik im Detail biete eine derartige Vereinbarung grundlegende Vorteile für beide Parteien und sei keineswegs eine "Allzweckwaffe der Unternehmen in politischen Auseinandersetzungen".
Internet-Protest: Sascha Lobo (spiegel.de) kommentiert die Proteste gegen die Totalüberwachung des Internets und meint, "die Kriminellen vom Geheimdienst" betrachteten den Rechtsstaat als optional und gefährdeten die Demokratie.
Das Letzte zum Schluss
Heiteres aus dem Arbeitsrecht: Auf der Seite Recht und Steuern der FAZ geben die Rechtsanwältin Julia Burkard-Pötter und der wissenschaftliche Mitarbeiter in einer Kanzlei Stephan Sura einen Überblick über "so manche humoristische Episode" aus dem Arbeitsrecht. So könne der Vergleich der Geschäftsführung mit der Führung des "Dritten Reichs" und der Arbeitsbedingungen in einem Unternehmen mit einem Konzentrationslager von dem Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt sein, wenn er nicht mehrfach geäußert werde.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ro
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 12. Februar 2014: Ermittlungen gegen Edathy – Bundesversammlung in Karlsruhe – Kartellrecht und IOC . In: Legal Tribune Online, 12.02.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10965/ (abgerufen am: 02.07.2024 )
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