Die juristische Presseschau vom 11. November 2015: Zschäpes fünfter Ver­tei­diger / Gau­weiler erneut gegen EZB / Fischer über Mei­nungs­f­rei­heit

11.11.2015

Wegen der Querelen um Zschäpes Verteidigung wurde ihre Aussage verschoben. Außerdem in der Presseschau: Peter Gauweilers neue Verfassungsbeschwerde, EGMR zu Antisemitismus und Thomas Fischer zu politischem Strafrecht.

Thema des Tages

OLG München - Zschäpe-Verteidiger: Beate Zschäpe hat einen neuen, fünften Verteidiger: Hermann Borchert. Er arbeitet mit dem vierten Verteidiger Mathias Grasel in Bürogemeinschaft. Die drei Alt-Verteidiger Heer, Stahl und Sturm beantragten ihre Entpflichtung. Sie könnten Zschäpe nicht mehr ordnungsgemäß verteidigen, wenn sie von Änderungen der Verteidigungsstrategie nicht rechtzeitig unterrichtet werden. Die Alt-Verteidiger griffen auch das Gericht an, weil dieses schon seit dem 29. Oktober von der geplanten Aussage Zschäpes unterrichtet sei und darüber sogar mit dem Noch-Nicht-Verteidiger Borchert sprach, ohne die Altverteidiger zu informieren. Die Anwälte des Mitangeklagten Wohlleben nutzten den Konflikt, um einen neuen Befangenheitsantrag gegen den Senat zu stellen. Wohlleben müsse befürchten, dass der Senat auch ihm gegenüber unfair handeln werde. Es berichten die SZ (Tanjev Schultz), die FAZ (Katrin Truscheit - faz.net-Fassung), die taz (Konrad Litschko) und spiegel.de (Gisela Friedrichsen).

Annette Ramelsberger (SZ) hofft, dass Zschäpe noch aussagen kann, bevor der Prozess platzt.

OLG München - Zschäpe-Aussage: Da der Prozess bis kommenden Dienstag unterbrochen wurde, kann Zschäpe nicht wie geplant am heutigen Mittwoch aussagen. spiegel.de (Gisela Friedrichsen) spekuliert, welchen Inhalt Zschäpes Aussage haben könnte. Die taz (Christian Rath) beschreibt, an welchen Punkten eine Aussage Zschäpes ihre prozessuale Position verbessern könnte.

OLG München - Medienöffentlichkeit: Trotz des zu erwartenden Medienandrangs bei Zschäpes Aussage, lehnt das OLG nach wie vor die Übertragung in einen Nebenraum ab. Justizminister Maas hat einen Gesetzentwurf, der dies ausdrücklich legalisieren würde, bisher nur angekündigt, meldet die taz (Christian Rath).

Rechtspolitik

Dublin-Verfahren: Innenminister de Maizière hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge schon am 21. Oktober angewiesen, bei syrischen Antragstellern wieder zu prüfen, ob ein anderer Staat nach der Dublin-III-Verordnung für das Asylverfahren zuständig ist. Zurückweisungen an der Grenze seien nicht geplant. Es berichten die SZ (Roland Preuss/Christoph Hickmann) und spiegel.de. Reinhard Müller (FAZ) begrüßt die Wiederanwendung der Dublin-Regeln, glaubt aber, dass dies keine großen praktischen Folgen haben werde.

Subsidiärer Schutz: Thomas Stadler (internet-law.de) kritisiert den Vorstoß von Innenminister de Maiziere, syrische Antragsteller nicht mehr pauschal als verfolgte Flüchtlinge anzuerkennen, sondern im Einzelfall zu prüfen, ob nur subsidiärer Schutz vor dem Bürgerkrieg gewährt werden muss. Die sei "mit Blick auf den entstehenden Verwaltungsaufwand kontraproduktiv". Am Ende würden die syrischen Flüchtlinge in der Regel doch den Flüchtlingsstatus nach der Genfer Konvention erhalten.

Vorratsdatenspeicherung: Die Bundesrechtsanwaltskammer hat Bundespräsident Gauck aufgefordert, das Gesetz über die Vorratsdatenspeicherung nicht zu unterzeichnen, meldet lto.de. Das Gesetz sei verfassungswidrig, weil auch die Daten von Anwälten anlasslos gespeichert werden.

Forensische Psychiatrie: Der Anwalt Helmut Pollähne kritisiert auf lto.de den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Unterbringung von Straftätern in der Psychiatrie. Der Entwurf werde die Situation kaum verbessern. Teilweise werde nur der Stand der Rechtsprechung kodifiziert. Andere Vorgaben seien zu unbestimmt.

"Made in Germany"-Marke: Der Rechtswissenschaftler Hermann Dück schlägt auf lto.de den Erlass einer Verordnung nach § 137 Markengesetz vor, mit der die Qualität und die dafür maßgeblichen Umstände für die geografische Herkunftsbezeichnung "Made in Germany" geregelt würden. Die technischen Details sollten einem nach Branchen untergliederten Verein der deutschen Wirtschaft überlassen werden.

Arbeitsrecht und Industrie 4.0: Der Anwalt Jens Günther nimmt in der FAZ das "Grünbuch Arbeiten 4.0" des Bundesarbeitsministeriums zum Anlass, aufzuzeigen, dass das derzeitige Arbeitsrecht nicht mit der neuen digitalisierten Wirtschaft vereinbar ist. "Langwierige Abstimmungsprozesse zwischen Betriebsleitung und Betriebsrat bei technischen Anpassungen können die durch den digitalen Wandel gewonnene Flexibilität untergraben."

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 11. November 2015: Zschäpes fünfter Verteidiger / Gauweiler erneut gegen EZB / Fischer über Meinungsfreiheit . In: Legal Tribune Online, 11.11.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17508/ (abgerufen am: 03.07.2024 )

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