Die juristische Presseschau vom 11. September 2013: Justizministerin fordert Geheimdienst-Reform – EU garantiert Anwalt – Gewandelte Sexualmoral

11.09.2013

Recht in der Welt

Indien – Vergewaltiger verurteilt: Ein Gericht in Delhi hat vier Männer wegen der Vergewaltigung und Ermordung einer Studentin schuldig gesprochen. Die Männer waren im Dezember letzten Jahres in einem Bus über die 23-Jährige hergefallen; sie war später ihren Verletzungen erlegen. Der Fall führte in weiten Teilen Indiens zu massiven Protesten und sorgte weltweit für Aufsehen. Wie SZ (Arne Perras) und FR (Willi Germund) berichtet, wird ab dem heutigen Mittwoch über das Strafmaß verhandelt – es drohe die Todesstrafe.

In einem gesondertern Kommentar meint Perras, die Justiz habe "mit diesem Prozess ein Zeichen gesetzt" und gesellschaftliche Tabus hinsichtlich der Gewalt gegenüber Frauen hätten zu bröckeln begonnen – Missbrauch komme nun eher ans Tageslicht.

Kenia – IStGH-Prozess: Am Dienstag begann der Prozess gegen den kenianischen Vizepräsidenten William Ruto vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Ihm wird vorgeworfen, den Befehl zu ethnisch motivierter Gewalt im Nachgang der Wahlen 2007 gegeben zu haben. FAZ (Thomas Scheen) und taz (Dominic Johnson) geben einen Überblick.

Tobias Zick (SZ) kommentiert die Verteidigungsstrategie Rutos: Auch wenn der Angeklagte es so erscheinen lassen wolle, dass hier das kenianische Volk auf der Anklagebank sitze und gegen westlichen Imperialismus verteidigt werden müsse, so sitze dort in Wahrheit "eine vom Volk weit entfernte Elite", die mutmaßlich habe "Zivilisten abmetzeln und vertreiben" lassen.

Österreich – Prozess gegen Polizist aus Guatemala: Vor dem Landgericht im österreichischen Ried findet seit Dienstag ein "ungewöhnlicher Mordprozess" statt. Angeklagt ist ein Polizist aus Guatemala, der in Österreich Asyl genießt – wegen eines Mordes, den er in einem guatemaltekischen Gefängnis begangen haben soll. Eine Auslieferung des Angeklagten an sein Heimatland war zuvor gerichtlich untersagt worden, weil er dort nicht mit einem fairen Prozess rechnen könne, weiß die FAZ (Stephan Löwenstein).

USA – Internetkonzerne klagen gegen Maulkorb: Nach einem Bericht der FAZ (Roland Lindner) haben die großen US-Internetkonzerne Klage bei einem US-Geheimgericht eingelegt, um über das Ausmaß ihrer Zusammenarbeit mit den US-Geheimdiensten berichten zu können.

USA – Deepwater Horizon: Die SZ (Andreas Oldag) gibt einen Überblick über das juristische Nachspiel der Ölkatastrophe an der Bohrplattform "Deepwater Horizon" im Golf von Mexiko. Dabei stehe schon jetzt fest, wer zu den größten finanziellen Nutznießern der Katastrophe gehöre: "Ganze Heerscharen von Anwälten". So wehre sich BP inzwischen entschiedener gegen in den Augen des Unternehmens "überzogene" Schadensersatzforderungen und bestreite die Menge des ausgetretenen Öls.

Japan – 2. Weltkriegs-Vergewaltigungsopfer: zeit.de (Ok-Hee Jeong) dokumentiert, wie die Opfer japanischer Armee-Zwangsbordelle im Zweiten Weltkrieg um die Anerkennung dieser Verbrechen kämpfen. Offiziell sei das Kriegsverbrechen nie eingestanden worden.

Sonstiges

Anwalts-Anekdoten: Der Berliner Rechtsanwalt Tobias Scheidacker hat ein Buch mit Anekdoten aus seinem Anwaltsleben veröffentlicht. Im Interview mit lto.de (Constantin Körner) erzählt er vom Entstehungsprozess des Buches "Als sich mein Mandant in die Richterin verliebte" und gibt einen Einblick in seine Lieblingsanekdoten.

Grundgesetz in Infografiken: Im Feuilleton der FAZ (Maximilian Steinbeis) findet sich heute eine Rezension von Mike Hofmeiers Buch "Verfassung verstehen – das Grundgesetz in Infografiken". Das harsche Urteil: Zwar habe das Buch dort Stärken, wo es um Quantifizierbares, zum Beispiel die Anzahl der Wörter im Vergleich zu anderen Verfassungen, gehe. Jedoch seien Infografiken ungeeignet, das Wesentliche eines normativen Textes zu erfassen – das Quantifizierbare am Grundgesetz habe mit ihm als Verfassung eben "so wenig zu tun wie die Seitenzahl eines Romans mit Literatur."

Wissenschaftsbetrug als Straftat? Im "Forschung und Lehre"-Teil der FAZ begründet Miloš Vec, warum ein Straftatbestand "Wissenschaftsbetrug" entgegen der Forderung des Deutschen Hochschuldverbands ein "Schritt in die falsche Richtung" wäre. Zum einen existierten schon rechtliche Sanktionsinstrumente, zum anderen sei fraglich, welches Rechtsgut eigentlich geschützt werden solle.

Das Letzte zum Schluss

OLG Karlsruhe zu Dirnenpensionen und Bardamen: Ein "kleines Gemälde der gewandelten Sexualmoral in der Republik" hat laut lawblog.de (Udo Vetter) das Oberlandesgericht Karlsruhe entworfen – in einem Fall, der sich zunächst "eher dröge" um die Löschung eines Grundbucheintrags drehte. Der aber stammte aus den sechziger Jahren und hatte es "in sich": Untersagt sei das Einrichten einer "Dirnenpension", ebenso wie das Vermieten an "Bardamen" oder Personen "die der Unzucht nachgehen bzw. häufig wechselnden Geschlechtsverkehr ausüben". Das Urteil der Richter: Zu unbestimmt und damit unwirksam.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/thd

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 11. September 2013: Justizministerin fordert Geheimdienst-Reform – EU garantiert Anwalt – Gewandelte Sexualmoral . In: Legal Tribune Online, 11.09.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9534/ (abgerufen am: 21.07.2024 )

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