Peter Gauweiler hat beim Bundesverfassungsgericht einen Eilantrag auf Verschiebung der ESM-Entscheidung eingereicht. Auch ein Befangenheitsantrag und die Zukunft des parlamentarischen Haushaltsrechts sind Thema. Außerdem in der Presseschau: Kaum Entschädigung für Opfer von Straftaten, Anklage gegen NSU und Florentiner Chic, der es bis nach Karlsruhe geschafft hat.
BVerfG/ESM – Eilantrag Gauweiler: Nach dem Beschluss der Europäischen Zentralbank (EZB), Staatsanleihen von Krisenstaaten in unbegrenzter Höhe zu kaufen, will Peter Gauweiler eine Aussetzung der ESM-Entscheidung bis zur Rücknahme der EZB-Selbstermächtigung durchsetzen, berichtet die Montags-SZ (Heribert Prantl). Er hält es für möglich, dass dem EZB-Beschluss "maßgebliche Wirkung" auf die Karlsruher Entscheidung zukomme. Die Montags-taz (Christian Rath) räumt dem Antrag dagegen keine Erfolgschancen ein.
spiegel.de (Philipp Wittrock) berichtet über die betont gelassene Reaktion der Bundesregierung auf den Eilantrag. Die FAS (Melanie Amann) bringt ein Porträt Peter Gauweilers.
Weitere Themen – Rechtspolitik
EU-Bankenaufsicht: Die Bundesregierung lehnt den Vorschlag der EU-Kommission ab, der EZB die Aufsicht über alle europäische Banken zu übertragen, berichtet die Montags-SZ (Cerstin Gammelin). Auch wenn die Kommission Deutschland Zugeständnisse gemacht habe, gebe es große Differenzen.
Das Handelsblatt (Peter Köhler) berichtet über den Widerstand des Bundesverbandes Öffentlicher Banken gegen eine einheitliche europäisierte Bankenkontrolle.
Cerstin Gammelin (Montags-SZ) hält das Vorhaben für "revolutionär". Allerdings blockiere Angela Merkel jetzt dieses Vorhaben, das ihren Wünschen genau entspreche. Sie habe Angst vor der eigenen Courage.
Peter Tschentscher – Steuerabkommen Schweiz: Im Gespräch mit Der Spiegel gibt der Hamburgische Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) seiner Hoffnung Ausdruck, das Steuerabkommen mit der Schweiz möge noch nicht unrettbar gescheitert sein.
Jana Schiedek – Quote: Der Spiegel bringt ein Interview mit der Hamburgischen Justizsenatorin Jana Schiedek. Hamburg hat eine Gesetzesinitiative gestartet, bis 2023 börsennotierte Unternehmen gesetzlich zu verpflichten, 40 Prozent der Aufsichtsratsposten mit Frauen zu besetzen. Darüber stimmt der Bundesrat nächste Woche ab.
Weitere Themen – Justiz
BVerfG/ESM – Befangenheitsantrag gegen Huber: Sowohl Christian Bommarius (FR) als auch Rechtsprofessor Rüdiger Zuck in einem Beitrag für lto.de geben dem Befangenheitsantrag gegen den Richter am Bundesverfassungsgericht Peter Huber keine Erfolgschancen.
BVerfG/ESM – Vorberichte: Die Montags-SZ (Wolfgang Janisch) rekonstruiert den Entscheidungsfindungsprozess des Bundesverfassungsgerichts in den letzten Monaten. Die FAS (Melanie Amann / Georg Meck) erläutert, warum sich die Mehrheit der Bevölkerung eine Ablehnung des ESM wünscht und warum das Gericht sich derart hoher Zustimmung und Glaubwürdigkeit erfreut.
Heribert Prantl (Montags-SZ) bedauert im Konflikt zwischen ökonomischen Dezisionismus und verfassungsrechtlicher Förmlichkeit die schwache Rolle des Europapaparlaments.
Die Montags-taz (Hannes Koch) bringt ein Interview mit dem Professor Franz Mayer. Der Verfassungsrechtler meint, das Bundesverfassungsgericht werde die Klage abweisen. Heribert Prantl (Samstags-SZ) skizziert seine Vorstellung, wie sich Europa und die verfassungsmäßige Ordnung miteinander versöhnen ließen.
Bettina Wulff gegen Google: Mit den rechtlichen Schritten von Bettina Wulff, der Ehefrau des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff, befasst sich die Montags-SZ (Hans Leyendecker). Im Gegensatz zu Günter Jauch, der den Forderungen von Frau Wulff entsprochen habe, weigere sich Google, die Autovervollständigung bei der Suche so zu korrigieren, dass es keine Verbindung mehr zwischen Bettina Wulffs Namen und Begriffen wie "Escort" und "Rotlicht" gebe. zeit.de (Ragnar Vogt) hält ein Scheitern der Klage gegen Google für wahrscheinlich.
Christian Rath (Montags-taz) und die FTD in ihrem Leitartikel setzen sich mit den Grenzen der Berichterstattung auseinander. Die FTD schreibt: "Jetzt, wo die ehemalige First Lady juristisch gegen diese Verleumdungen vorgeht, raunen diese Gerüchteschleudern: Hätte sie besser mal früher um ihre Ehre gekämpft, dann wäre die Fama nie Allgemeingut geworden. Schäbiger geht’s nicht."
spiegel.de (Konrad Lischka) erläutert die technische Seite der Autovervollständigung bei Google. Thomas Stadler (internet-law.de) diskutiert Gerichtsentscheidungen zu diesem Thema.
BAG zur Kündigung eines NPD-Kaders: Professor Markus Stoffels (blog.beck.de) referiert eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, wonach einem im Staatsdienst beschäftigten NPD-Kader gekündigt werden könne, wenn er zum bewaffneten Aufstand aufrufe.
Rechtsanwalt Christian Oberwetter kommentiert in einem Beitrag für lto.de zustimmend. Die Entscheidung folgen dem Grundsatz, dass eine personenbedingte Kündigung eines Arbeitnehmers in Betracht komme, wenn er aufgrund seiner Aktivitäten für die Ausübung seiner Tätigkeit nicht geeignet sei. Ambros Waibel (Samstags-taz) begrüßt das Urteil und meint, zu lasche Urteile hätten zusammen mit "akzeptierender Sozialarbeit" den NSU-Terror hervorgebracht.
LG Hamburg – Piraterie vor Somalia: Beate Lakotta (Der Spiegel) kritisiert das Verfahren gegen die somalischen Piraten vor dem Landgericht Hamburg als wenig zielführend.
Porträt Andreas Voßkuhle: Der Spiegel (Dietmar Hipp) bringt ein Porträt von Andreas Voßkuhle, dem Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts.
Bundesanwaltschaft - NSU Anklage: Die Montags-taz (Wolf Schmidt) bringt einen Vorbericht zur bevorstehenden Anklageerhebung der Bundesanwaltschaft gegen die NSU.
EuGH zu Mundspülmittel: Der EuGH hat in einer Grundsatzentscheidung festgelegt, was unter "pharmakologischer Wirkung" zu verstehen ist, berichtet die Montags-FAZ (Corinna Budras). Damit benötigten Mundspülmittel jetzt auch eine Zulassung als Arzneimittel.
CC-Lizenzen und Abmahnungen: Auch die Nutzung von Bildern, die unter einer CC-Lizenz (Creative Commons) im Netz zur Verfügung stehen, bieten ein reichhaltiges Betätigungsfeld für Abmahnkanzleien, wie die Montags-taz (Rasmus Clos) auf ihrer Medienseite berichtet. Meist hätten Blogger oder andere Nutzer der Bilder übersehen, dass eine kostenlose Publikation nur bei genauer Nennung des Fotografen bzw. Urhebers gestattet sei.
BGH zu Rechtsscheinhaftung: Rechtsanwältin Sabine Pittrof stellt auf dem Handelsblatt-Rechtsboard eine BGH-Entscheidung zur Rechtsscheinhaftung vor. Die Rechtsscheinhaftung bei Verwendung eines falschen Rechtsformzusatzes greife auch, wenn eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) mit dem Rechtsformzusatz der GmbH gezeichnet werde.
Jugendarrest gegen Schulschwänzer: Die Samstags-SZ (Roland Preuss) berichtet über die zunehmende Bereitschaft, gegen Schulschwänzer mit Jugendarrest vorzugehen. Schulpolitiker aus verschiedenen Bundesländern stünden einer harten Vorgehensweise aber skeptisch gegenüber.
Mangelnde Entschädigung für Opfer: Die FAS (Katrin Hummel) schreibt über die unzureichende Bereitschaft staatlicher Stellen, Opfer von Straftaten zu unterstützen, ihnen insbesondere eine Entschädigung zukommen zu lassen. Der Staat unternehme sehr viel, um potenzielle Anspruchberechtigte abzuwimmeln und einen Entschädigungsanspruch als aussichtslos erscheinen zu lassen.
Interview Enno August Jagdfeld: In der Samstags-FAZ (Nadine Oberhuber / Steffen Uttich) findet sich ein Interview mit dem Bauinvestor Anno August Jagdfeld, gegen den Anklage wegen Untreue erhoben wurde. Jagdfeld, dem ein Schaden von 22 Millionen Euro zur Last gelegt wird, sagt von sich, er solle zum Sündenbock für eine ganze Branche gemacht werden.
Porträt Anton Weinmann: Ebenfalls in der Samstags-FAZ (Rüdiger Köhn) findet sich ein Porträt des Angeklagten im MAN-Prozess, Anton Weinmann. Weinmanns Aussagebereitschaft habe weitere Ermittlungsverfahren rechtzeitig vor dem Ende der Verjährungsfristen in Gang gebracht.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Oberste Gerichte in EU-Ländern: Angesichts der für alle EU-Länder relevanten Entscheidung in Karlsruhe stellt die Montags-SZ (Ronen Steinke) Oberste Gerichte in anderen europäischen Ländern und ihre Einflussmöglichkeiten in politischen Fragen vor. Die Gerichte in Polen und Tschechien sowie Österreichs kämen dem BVerfG am nächsten.
USA – Supreme Court: verfassungsblog.de (Alexandra Kemmerer) beschäftigt sich mit der gesunkenen Popularität des US Supreme Court in den letzten Jahren und porträtiert die Juristin Elena Kagan, die seit zwei Jahren associate justice bei diesem Gericht ist.
Sonstiges
Porträt Viviane Reding: Die FAS (Hendrik Kafsack) bringt ein Porträt der EU-Justizkommissarin Viviane Reding, die von sich sagt: "Ich bin in Europa hineingefallen wie Obelix in den Zaubertrank."
Das Letzte zum Schluss
Florentiner Chic in Karlsruhe: Corinna Budras (FAS) erläutert, warum die Roben in Karlsruhe rot sind und nennt die Richtertracht im Florenz des 15. Jahrhundert als Vorbild für den Kostümschneider des badischen Staatstheaters, der die Roben entwarf.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
(Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen epaper des jeweiligen Titels.)
lto/ro
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 8. bis 10. September 2012: Eilantrag gegen ESM – Bettina Wulff gegen Google – Jugendarrest gegen Schulschwänzer . In: Legal Tribune Online, 10.09.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7031/ (abgerufen am: 19.07.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag