Die juristische Presseschau vom 10. März 2016: Unver­hei­ra­tete zahlen mehr für Eltern / Polens Ver­fas­sungs­ge­richt / Pres­serat zu Tät­er­her­kunft

10.03.2016

Unverheiratete Eltern haben nicht denselben Familienselbstbehalt wie Ehepaare, so der BGH. Außerdem in der Presseschau: Polens Verfassungsrichter entscheiden gegen neues Verfahrensgesetz und BGH verhandelt zu VG Wort.

Thema des Tages

BGH zum Unterhaltsanspruch pflegebedürftiger Eltern: Wenn Eltern pflegebedürftig werden, können ihre Kinder zu Unterhaltsleistungen verpflichtet sein, und der Sozialhilfeträger kann diese Kosten geltend machen. Verheirateten Paaren mit Kindern steht hiergegen ein vorrangiger "Familienselbstbehalt" für die eigene Familie zu. Auf diesen können sich jedoch Unverheiratete nicht berufen, entschied nun der Bundesgerichtshof. Denn diese hätten rechtlich auch nicht füreinander einzustehen. Sie könnten allerdings in bestimmten Familienkonstellationen ähnliche Entlastungen erhalten, etwa wenn – wie im entschiedenen Fall – ein Partner die Kinder allein betreut. Hier kann ein sogenannter "Betreuungsunterhalt" in Abzug gebracht werden, und zwar auch dann, wenn die Entscheidung gegen eine Erwerbstätigkeit des einen Partners allein private Gründe im Rahmen der gemeinsamen Familiengestaltung hat. Dies berichten die SZ (Wolfgang Janisch) und die taz (Christian Rath).

In einem separaten Kommentar hält Wolfgang Janisch (SZ) dies für eine "gute Lösung", da der Vorrang der eigenen Kinder gestärkt werde und Familiensolidarität nicht vom Trauschein abhänge. Reinhard Müller (FAZ) meint, es sei gut, die Kinder zu bevorzugen, die noch nicht für sich selbst sorgen könnten – Unverheiratete nicht wie Eheleute zu betrachten, sei jedoch verfassungsrechtlich geboten und auch familienpolitisch sinnvoll.

Rechtspolitik

Flüchtlinge und die Türkei: Auf verfassungsblog.der befasst sich Rechtsprofessor Daniel Thym in englischer Sprache mit der Flüchtlings-Vereinbarung zwischen der EU und der Türkei und hält diese im Ergebnis für rechtlich zulässig. Zudem führt verfassungsblog.de (Maximilian Steinbeis) ein ebenfalls englischsprachiges Interview mit dem Rechtsprofessor James C. Hathaway zu den Voraussetzungen, unter denen Flüchtlinge in Drittstaaten zurückgeschickt werden können.

EU und Bürokratieabbau: Die EU-Kommission hatte geplant, bei neuen EU-Gesetzen eine Folgeneinschätzung der Wirkungen auf Menschen und Wirtschaft einzuführen und zudem die Mitgliedstaaten zu verpflichten, es zu kennzeichnen, wenn nationale Umsetzungsgesetze über die EU-Vorgaben hinausgehen. Dies wurde nun nur in sehr abgeschwächter Form beschlossen, meldet die FAZ (Hendrik Kafsack).

Opferentschädigung und Insolvenz: Wie das Hbl (Heike Anger) berichtet, plant Bundesjustizminister Heiko Maas eine Stärkung von Straftatopfern gegenüber Insolvenzgläubigern. Nach momentaner Rechtslage haben Geschädigte einer Straftat keinen Zugriff auf im Strafverfahren sichergestellte Vermögenswerte, wenn zwischenzeitlich ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Täters eröffnet worden ist. Künftig sollen die Opfer im Strafvollstreckungsverfahren entschädigt werden.

Korruption bei Ärzten: In einem Gastbeitrag in der Zeit erläutert Strafverteidiger Oliver Pragal die Strafbarkeit niedergelassener Vertragsärzte, die sich etwa durch Pharmaunternehmen bestechen lassen. Diese wurde jahrelang diskutiert, im Ergebnis jedoch abgelehnt, und nur Ärzte in öffentlichen Krankenhäusern würden als "Amtsträger" bestraft. Im Sommer 2015 beschloss das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Schließung dieser Lücke.

Verschreibungspflichtige Arzneimittel: Künftig sollen verschreibungspflichtige Arzneimittel ausdrücklich nur bei einem Kontakt von Arzt und Patient verschrieben werden dürfen; die von manchen Online-Portalen angebotenen Ärztesprechstunden im Internet sollen damit nicht ausreichend seien. Eine entsprechende Änderung des Arzneimittelgesetzes wurde vom Bundeskabinett beschlossen, meldet die FAZ.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 10. März 2016: Unverheiratete zahlen mehr für Eltern / Polens Verfassungsgericht / Presserat zu Täterherkunft . In: Legal Tribune Online, 10.03.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18702/ (abgerufen am: 03.07.2024 )

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