Die juristische Presseschau vom 9. Juli 2013: EuGH prüft Vorratsdaten – Leutheusser-Schnarrenberger gegen Grundrecht auf Sicherheit – Spaß am Bußgeldbescheid

09.07.2013

Weitere Themen – Recht in der Welt

EU-USA – Investitionsschutz im Freihandelsabkommen: Die taz (Jost Maurin) berichtet aus einem vertraulichen Papier, dass das Verhandlungsmandat der EU-Kommission für das Freihandelsabkommen mit den USA auch den Abschluss eines Investitionsschutzabkommens mit Schiedsgerichtsklausel vorsieht. Diese könnten von Konzernen dazu genutzt werden, zum Beispiel auf strenge Umweltauflagen von Staaten mit Schadensersatzklagen zu reagieren.

USA – Überwachungs-Geheimgericht in der Kritik: In den USA häuft sich die Kritik an dem für die Absegnung von Überwachungsaktionen der NSA und anderer Behörden zuständigen "Fisa Court" – einem Gericht, das unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagt und dessen Entscheidungen geheim sind. spiegel.de dokumentiert die kritische Berichterstattung der bedeutenden US-Tageszeitungen New York Times und Washington Post.

USA – Hedgefond verklagt US-Regierung: Der Hedgefond Perry Capital hat das US-Finanzministerium und die Aufsichtsbehörde FHFA wegen der Ausschüttung von 66 Milliarden US-Dollar seitens der staatlich kontrollierten Immobilienfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac verklagt. Der Fond ist Anteilseigner und geht gegen die Abführung der Gelder an den Staat vor, berichten kurz die Welt und spiegel.de.

Großbritannien – Knast für rücksichtslose Banker: Großbritannien will einen Straftatbestand für "rücksichtsloses Fehlverhalten" von Bankmanagern einführen. Die FAZ (Marcus Theurer) berichtet.

Frankreich – vermeintlicher Pirat freigesprochen: Die SZ (Stefan Ulrich) bringt heute ein ausführliches Porträt des somalischen Fischers Abdulkader Guled Saïd – der von französischen Soldaten im Anschluss an eine Schiffsentführung in Somalia gefangen und als vermeintlicher Pirat nach Paris verbracht worden war. Dort ist er nun freigesprochen worden – allem Anschein nach sei er schlicht "zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort" gewesen.

Frankreich – Freisprüche im "Öl für Lebensmittel"-Verfahren: Der ehemalige französische Innenminister Charles Pasqua, der Generaldirektor des Erdölkonzerns Total sowie 18 weitere Angeklagte sind in Paris von den Vorwürfen der Vorteilsnahme und Veruntreuung im Zusammenhang mit dem Irak-Hilfsprogramm "Öl für Lebensmittel" freigesprochen worden. Das meldet die FAZ (Michaela Wiegel); auch spiegel.de berichtet.

China – Ex-Minister kriegt Tod auf Bewährung: Chinas ehemaliger Eisenbahnminister Liu Zhijun ist wegen Korruption und Machtmissbrauch zum Tode verurteilt worden – auf Bewährung. Nach zwei Jahren könne die Strafe in lebenslange Haft umgewandelt werden, so die SZ (Christoph Giesen). Auch die FAZ (Petra Kolonko) berichtet von dem Urteil und liefert Hintergründe zur Karriere des Ex-Ministers und den Reaktionen auf das Urteil.

Italien – Costa Concordia: Vor dem Hintergrund des für Dienstag angesetzten Prozessauftakts berichtet die SZ (Andrea Bachstein) aus der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft gegen den Kapitän des im Januar 2012 havarierten Kreuzfahrtschiffes Costa Concordia. Ob der Prozess am Dienstag tatsächlich starten könne, sei aufgrund eines Anwaltsstreiks aber noch unklar. Auch spiegel.de (Hans-Jürgen Schlamp) berichtet.

Sonstiges

NRW-Beamtenbesoldung: Die FAZ (Reiner Burger) geht der Frage nach, ob die von der nordrhein-westfälischen Landesregierung geplante Reform der Dienst- und Versorgungsbezüge der Landesbeamten verfassungsrechtlichen Maßstäben standhalte. Nach den Plänen sollen Beamte höherer Besoldungsstufen nur teilweise oder gar nicht von den für die Angestellten des öffentlichen Dienstes beschlossenen Gehaltssteigerungen profitieren. Fraglich sei, ob das Gesetz hinreichend beamtenrechtlich begründet sei und dem Alimentationsprinzip entspreche.

Fallberichte des Bundeskartellamts: Sind die "Fallberichte", in denen das Bundeskartellamt als Form "weicher Durchsetzung" ausgewählte Entscheidungen veröffentlicht, rechtswidrig? Das meint laut Handelsblatt (Heike Anger) der Kartellrechtler Jens Steger – den Veröffentlichungen mangele es an einer Rechtsgrundlage; zudem enthielten sie bisweilen sensible Unternehmensinterna. Das Amt weise die Vorwürfe zurück: Es würden keine Geschäftsgeheimnisse veröffentlicht; zudem sehe das Kartellgesetz eine Berichtspflicht der Behörde vor.

Snowden kein Whistleblower?: Christian Rath (taz) stellt in seinem Beitrag zur Diskussion um den Schutz von Hinweisgebern dar, warum der Enthüller der NSA-Überwachung Edward Snowden gerade kein typischer "Whistleblower" sei und warum hier eher die Meinungsfreiheit als arbeitsrechtliche Schutzgesetze den Prüfungsmaßstab für die Rechtmäßigkeit seines Handelns bilden sollten.

Dagegen meint der Arbeitsrechtler Christof Kleinmann auf spiegel.de unter Verweis auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte: In einer deutschen Firma hätte Edward Snowden seinen Job behalten.

NSA-Abhöraffäre – Geheimdienstkooperation: Nach einem Bericht der FAZ (Günter Bannas/Patrick Welter) hat die Bundesregierung die Existenz von Kooperationsvereinbarungen zwischen dem Bundesnachrichtendienst und US-amerikanischen Geheimdiensten bestätigt. Diese seien geheim und "entsprächen Recht und Gesetz"; informiert werde darüber lediglich das für die Geheimdienstüberwachung zuständige Parlamentarische Kontrollgremium.

Dokumentation "Der Chefankläger": Im Medienteil der taz (Behrang Samsami) findet sich eine Kritik zu der heute in der ARD ausgestrahlten Dokumentation "Der Chefankläger" über Luis Moreno Ocampo, den ersten "First Prosecutor" am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Zahm, langatmig, ob der Materialfülle ermüdend und geprägt von fehlender Distanz zum Dokumentierten – so das Urteil des Rezensenten. Ein durchweg positives Bild des Films zeichnet dagegen die FAZ (Philip Kovce) auf ihrer "Medien"-Seite, während die Welt (Barbara Möller) meint, er hinterlasse das "schale Gefühl", dass einem "zu einem wichtigen Thema einiges vorenthalten" worden sei.

Das Letzte zum Schluss

Spaß am Bußgeldbescheid: Meist ist ein Bußgeldbescheid kein Anlass zur Freude. Anders im Fall der Initiative "Religionsfrei im Revier", die von der Stadt Bochum einen solchen kassierte, weil sie am Karfreitag den kirchenkritischen Monty-Python-Film "Das Leben des Brian" gezeigt hatte. Die freut sich nämlich über die Aufmerksamkeit und den "Weg durch die Instanzen" – so die taz (Anja Krüger).

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/thd

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 9. Juli 2013: EuGH prüft Vorratsdaten – Leutheusser-Schnarrenberger gegen Grundrecht auf Sicherheit – Spaß am Bußgeldbescheid . In: Legal Tribune Online, 09.07.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9100/ (abgerufen am: 20.07.2024 )

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