Die juristische Presseschau vom 8. April 2016: Böh­m­er­mann und Kunst­f­rei­heit / Gene­ral­an­walt für Link­f­rei­heit / Han­dels­blatt für Schutz

08.04.2016

Hat Jan Böhmermann gar nicht den türkischen Präsidenten angegriffen, sondern uns? Außerdem in der Presseschau: EuGH-Generalanwalt argumentiert internet-freundlich, Handelsblatt sieht Eigentumsrecht durch Einbrecher in Gefahr.

Thema des Tages

Böhmermann und Kunstfreiheit: Jost Müller-Neuhof (Tsp) sieht das Strafverfahren gegen Jan Böhmermann wegen seines Erdogan-Schmähgedichts als die eigentliche Pointe, zu der auch die Zustimmung sonst kritischer Politiker, Justizminister und Journalisten zähle: "wir sind der Witz". Wann eine Satire verboten ist oder werden sollte, sei mit einem Qualitätsurteil verbunden. Das Extra-3-Spottlied habe keine frische Erkenntnis vermittelt. Dagegen habe Böhmermann sich über die Extra-3-Journalisten lustig gemacht und die deutsche Öffentlichkeit vorgeführt, die heute noch ein Delikt wie die "Majestätsbeleidigung" akzeptiere. Böhmermanns Satire richte sich weder gegen Erdogan noch gegen die Türken, sondern "gegen uns".

§ 103 StGB: Aus Anlass der Ermittlungen, die die Mainzer Staatsanwaltschaft gegen Jan Böhmermann aufgenommen hat, stellt die SZ (Heribert Prantl) auf der Titelseite § 103 Strafgesetzbuch vor ("Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten"). Die Vorschrift wurde früher Schah-Paragraph genannt, weil jener sich oft beleidigt fühlte. In der Rechtswissenschaft und in der Rechtspraxis spiele die Norm aber keine große Rolle.

Rechtspolitik

Ärztekorruption: SPD-Gesundheitspolitiker drohen, das geplante Gesetz zur Bestrafung von Korruption im Gesundheitswesen scheitern zu lassen, berichtet die SZ (Guido Bohsem). Jüngste Kompromisse zugunsten der Ärzteschaft gingen ihnen zu weit. Denn nun könne es wieder straflose Fälle geben, bei denen ein Arzt ein schlechteres Medikament verschreibt, weil er Geld von dessen Hersteller erhalten hat.

Finanzausgleich: Jasper von Altenbockum (FAZ) kritisiert die Ministerpräsidenten der Länder, die im Dezember vorschlugen, den klassischen Länderfinanzausgleich faktisch abzuschaffen und den Ausgleich ausschließlich über Zu- und Abschläge bei der Verteilung der Umsatzsteuer zu regeln. Dies verstoße gegen die föderalen Interessen der Länder, weil sie so von Zuweisungen des Bundes abhängig würden. Der Bund habe der Reform aber noch nicht zugestimmt, weil sie ihn 9,7 Mrd. Euro kosten soll.

Geschäftsgeheimnisse: Am 14. April stimmt das Europäische Parlament über die geplante EU-Richtlinie zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen ab, berichtet netzpolitik.org (Markus Reuter). Als Reaktion auf Kritik wurde zwar noch eine Klausel zum Schutz von Journalisten und Whistle-Blowern aufgenommen. Die rechtliche Stärkung von Geschäftsgeheimnissen sei dennoch bedenklich. Unternehmen könnten zunächst juristisch gegen Journalisten und Whistle-Blower vorgehen, ob dies am Ende erfolgreich sein wird, sei zweitrangig.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 8. April 2016: Böhmermann und Kunstfreiheit / Generalanwalt für Linkfreiheit / Handelsblatt für Schutz . In: Legal Tribune Online, 08.04.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19011/ (abgerufen am: 03.07.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen