Ein Richter verteilte Bußgelder an den Reitverein seiner Frau und Tochter. Ein Einzelfall? Außerdem in der Presseschau: Das VG Berlin erlaubt Polizistinnen Brustimplantate, das Bundesinnenministerium prüft eine Ermächtigung für Ermittlungen gegen Hans-Peter Friedrich und die FAZ fragt, ob Victor Janukowitsch noch als Präsident für die Ukraine sprechen kann.
Thema des Tages
Richter verteilen Bußgelder: Das ARD-Magazin Report Mainz (Monika Anthes/Mirko Drotschmann/Edgar Verheyen) kritisiert die "oft willkürliche" Vergabe von jährlich 100 Millionen Euro Bußgeldern an gemeinnützige Vereine und Einrichtungen. Kritisiert werden Zuweisungen an den Mainzer Karnevalsverein Schwarze Husaren, an den Verein der Katzenfreunde und an den Bund gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr. Letzterer werde vor allem von Richtern und Staatsanwälten getragen, die sich dort Nebentätigkeiten honorieren lassen.
Als besonders problematisch wird dargestellt, dass ein Würzburger Richter in vier Jahren rund 20.000 Euro Bußgeld an den Reit- und Fahrverein Würzburg geleitet hat, bei dem seine Frau Kassenwartin ist und die Tochter Geschäftsführerin. Das Landgericht Würzburg habe inzwischen ein dienstaufsichtsrechtliches Verfahren eingeleitet. Diesen Fall griff focus.de (Linda Wurster) auf. Dort kommt auch Rechtsanwalt Wolfgang Stückemann, Vorsitzender des Deutschen Spendenrats, zu Wort: "Wenn ein Richter einen Verein aussucht, in dem seine Frau im Vorstand ist, halte ich das für anstößig. Das macht man einfach nicht, schon allein um den Anschein der Vetternwirtschaft zu vermeiden."
Rechtspolitik
Ausnahme vom Mindestlohn: Es würde nicht gegen das Grundgesetz verstoßen, wenn es beim geplanten Mindestlohn Ausnahmen für Langzeitarbeitslose, ungelernte Berufseinsteiger, Praktikanten und Rentner gäbe. Derartige Ausnahmen seien sachlich begründet und daher keine Diskriminierung. Dies ergab ein Gutachten des Rechtsprofessors Bernd Grzeszick, über das die Welt (Dorothea Siems) berichtet. Das Gutachten wurde erstattet im Auftrag der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft.
Sammelklagen: Die FAZ (Corinna Budras) berichtet über den Kongress der Unternehmensjuristen, bei dem mit ablehnender Tendenz über die Einführung von Sammelklagen diskutiert wurde. Sammelklagen nach US-Vorbild ermunterten zu lästigen Klagen gegen Unternehmen, an denen vor allem Anwälte verdienten. Bisher, so berichtet die FAZ, habe die EU-Kommission den EU-Staaten "kollektiven Rechtsschutz" allerdings nur "empfohlen", und dies auch nur in der Opt-in-Variante, bei der jeder betroffene Verbraucher einer Klage ausdrücklich zustimmen muss.
Justiz
VG Berlin zu Silikonbrüsten: Auch Frauen mit Brustimplantaten können Polizistin werden. Das entschied jetzt laut Tagesspiegel (Julia Nikschick) das Verwaltungsgericht Berlin. Erfolg hatte eine Frau, deren Bewerbung zunächst wegen fehlender gesundheitlicher Eignung abgelehnt wurde. Der Druck von Schutzkleidung könne zu krankhafter Vermehrung des Bindegewebes führen, hieß es ursprünglich. Das Verwaltungsgericht stellte nun, unter Anwendung neuer Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, darauf ab, dass Brustimplantate in der Regel nicht zu Frühpensionierungen und langen Fehlzeiten führen.
StA Berlin - Geheimnisverrat: Am Dienstag ging im Bundesinneministerium die Anfrage der Berliner Staatsanwaltschaft ein, ob die Ermächtigung für ein Strafverfahren gegen Ex-Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) erteilt werde. Die SZ (Robert Roßmann) berichtet, dass eine Entscheidung des Ministeriums erst Anfang kommender Woche fallen soll. Die Ermächtigung könne zum Beispiel verweigert werden, wenn das Ministerium findet, dass Friedrich keine wichtigen öffentlichen Interessen gefährdet habe.
StA Mainz - Kinderpornographie: Die Staatsanwaltschaft Mainz hat laut spiegel.de jetzt bestätigt, dass gegen einen BKA-Beamten Ende 2012 ein Strafbefehl wegen Besitzes von Kinderpornographie ergangen ist.
BAG zu Verdachtskündigung: Anwalt Stefan Lunk stellt auf der"Recht und Steuern"-Seite der FAZ ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus dem letzten Jahr vor. Danach wird die Möglichkeit der ordentlichen Verdachtskündigung stark eingeschränkt. Sie soll nur noch möglich sein, wenn der Verdacht sich auf ein Delikt bezieht, das - wenn es erwiesen wäre - auch eine fristlose Kündigung rechtfertige. In der Entscheidung fänden sich zudem Aussagen zur Beteiligung des Betriebsrats und zur Verwertung von Aufnahmen aus einer Videoüberwachung.
BGH zu Auktionsabbruch: Der Abbruch einer Auktion bei Ebay ist ohne Schadensersatzpflicht nur aus besonderen Gründen möglich, zum Beispiel weil der Artikel zwischenzeitlich kaputt gegangen ist oder der Verkäufer sich geirrt hat. Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom Januar stellt nun auch die Anwältin Astrid Ackermann auf lto.de vor. Rechte des Verkäufers seien nicht ausgeweitet worden.
Recht in der Welt
Ukraine - Janukowitsch: Die FAZ (Reinhard Müller) prüft, ob Viktor Janukowitsch noch Präsident der Ukraine ist. Zwar habe Janukowitsch am 21. Februar eine Vereinbarung mit der ukrainischen Opposition unterzeichnet, wonach erst Ende des Jahres Präsidentschaftswahlen stattfinden sollen. Dies sei aber kein völkerrechtlicher Vertrag, die vermittelnden EU-Außenminister hätten nur als Zeugen, nicht als Vertragspartei fungiert. Weil Janukowitsch aus Kiew verschwand statt am vereinbarten Reformprozess mitzuwirken, habe er allerdings selbst dem Abkommen die Grundlage entzogen. Ob der inzwischen gewählte Übergangspräsident für die Ukraine sprechen könne, hänge nicht davon ab, ob alle innerstaatlichen Regeln für einen Regierungswechsel eingehalten wurden, sondern ob er von der Staatengemeinschaft anerkannt wird.
Ukraine - bewaffneter Angriff: Im Interview mit zeit.de (Ralf Pauli) erklärt auch der Völkerrechtsprofessor Stefan Talmon die russische Intervention auf der Krim für völkerrechtswidrig. Das russische Vorgehen könne dabei als "bewaffneter Angriff" eingestuft werden, was die Ukraine zu Selbstverteidigung und zum Ruf nach Nothilfe ermächtige.
Türkei - Erdogan und der Justizminister: In der Türkei sind neue Abhörmitschnitte aufgetaucht. Zu hören sei dort Premierminister Tayyip Erdogan, wie er dem damaligen türkischen Justizminister Anweisungen gibt, sich um einen bestimmten Prozess zu kümmern, berichtet spiegel.de (Hasnain Kazim).
Frankreich - Antirassismus: Der wissenschaftliche Mitarbeiter Thomas Groh kritisiert auf juwiss.de eine Entscheidung des französischen Conseil d’État, die dem rassistischen "Komiker" Dieudonné M’Bala M’Bala die Aufführung seines damaligen Programms untersagte. Die präventive Unterbindung einer Meinungsäußerung trage Züge einer Zensur und stelle die Unschuldsvermutung in Frage. Worte seien zwar Waffen, aber auch der Antirassismus verfüge über Argumente. Wer Rassismus in der Öffentlichkeit verbiete, wiege die Gesellschaft in falscher Sicherheit.
Sonstiges
Schiedsvereinbarung bei Vorständen: Der Anwalt Dieter Leuering empfiehlt auf der FAZ-Seite "Recht und Steuern" die Aufnahme von Schiedsvereinbarungen in Dienstverträge mit Unternehmensvorständen. Ein Unternehmen sei eher bereit, einen Vorstand bei Fehlverhalten zu verklagen, wenn der Prozess vor einem nicht-öffentlichen Schiedsgericht durchgeführt werde. In öffentlichen Prozessen vor staatlichen Gerichten könnten dagegen Geschäftsgeheimnisse bekannt werden.
Anwaltskosten bei Scheidung: Die FAZ (Daniel Mohr) schildert auf der Finanzen-Seite welche Anwaltskosten sich bei einem Scheidungsverfahren ergeben, wie dabei gespart werden kann und unter welchen Voraussetzungen Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe besteht.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 5. März 2014: Bußgelder als Geldsegen – Silikonbrüste bei der Polizei – Ist Janukowitsch noch Präsident? . In: Legal Tribune Online, 05.03.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11227/ (abgerufen am: 21.07.2024 )
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