Die Vereinten Nationen einigen sich auf ein Abkommen zur Einschränkung des Waffenhandels, doch nicht alle sind glücklich mit dem Ergebnis. Außerdem in der Presseschau: Ein Gesetzentwurf gegen Korruption niedergelassener Ärzte, NPD-Parteitag nach Gerichtsurteil abgesagt, Raubkunst in der Neuen Pinakothek und wann es gefährlich sein kann, Flagge zu zeigen.
UN-Waffenhandelsvertrag: Die UN-Vollversammlung hat mit großer Mehrheit einen "Arms Trade Treaty" beschlossen, nach dem der Export von Waffen an Staaten, die Rüstungsgüter bei Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen einsetzen, verboten ist. Dies berichtet die u.a. die FAZ (Matthias Rüb). Dem Bericht der taz (Andreas Zumach) gemäß begrüßen die Nichtregierungsorganisationen Amnesty International und Oxfam, auf deren Betreiben die Verhandlungen über das Abkommen 2006 überhaupt erst aufgenommen worden seien, den Abschluss als "Meilenstein" und "historischen Moment". Gleichzeitig bemängelten sie zahlreiche Ausnahmeregelungen und rechtlich unverbindliche Bestimmungen des Vertragstextes.
Als "Konvention mit Lücken" bezeichnet Jan Dirk Herbermann (Handelsblatt) den Vertrag. Zwar seien dessen Ziele "hehr", es sei aber zu bezweifeln, ob sich die größten Waffenexporteure, neben Russland und China beträfe dies auch die USA, den neuen Regeln unterwerfen würden. Denn: "Es fehlt ein harter internationaler Kontrollmechanismus."
Weitere Themen – Rechtspolitik
Abgeordneten-Diäten: Nach Darstellung der FAZ (Günter Bannas) ist in dieser Legislaturperiode nicht mehr mit einer Festlegung der künftigen Abgeordnetenbezüge zu rechnen. Zwar habe die von Bundestagspräsident Lammert (CDU) eingesetzte Expertenkommission ihren Bericht bereits im letzten Monat veröffentlicht. Ihr Vorschlag, die Diäten der Abgeordneten durch Kopplung an die Nominallohn-Entwicklung zu automatisieren, begegne verfassungsrechtlichen Bedenken, auch stünden Stellungnahmen der Bundestagsfraktionen aus.
Korruption bei Ärzten: Die gestern von Gesundheitsminister Bahr (FDP) präsentierte Gesetzesvorlage, nach der Bestechlichkeit auch bei niedergelassenen Ärzten strafbar sein soll, kommentiert Nina von Hardenberg (SZ) mit "endlich". Zwar verbiete das Standesrecht auch diesen Ärzten, Geschenke der Pharmaindustrie entgegenzunehmen. Zur wirkungsvollen Durchsetzung dieses Verbots bedürfe es aber staatsanwaltschaftlicher Befugnisse.
Anerkennungsgesetz: Vor einem Jahr verabschiedete der Bundestag das Gesetz zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse. Die Bundesbildungsministerin Wanka (CDU) zog gestern ein vorwiegend positives Resümee, berichtet die taz (Bernd Kramer/Daniel Bax). Gleichzeitig habe die Ministerin die Länder gemahnt, zügig mit der Verabschiedung landesgesetzlicher Regelungen nachzuziehen. Hiervon betroffen sind Berufsabschlüsse, deren Anerkennung Landessache ist. Entsprechende Regelungen seien bislang nur in fünf Ländern getroffen worden.
Ermittlungsansatz Rassismus: Nach dem Brand eines mehrheitlich von Deutsch-Türken bewohnten Hauses in Köln, bei dem zwei Bewohner starben, hat der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde Kenan Kolat gefordert, dass Ermittler in vergleichbaren Fällen grundsätzlich von einem rassistischen Anschlag ausgehen sollten. Dies berichtet die SZ (Bernd Dörries) unter Berufung auf ein Interview Kolats mit dem Kölner Stadt-Anzeiger. Auf diese Art werde in England verfahren, "bei uns wird erst mal verniedlicht".
Antiterrordatei evaluiert: Andrea Jonjic setzt sich auf netzpolitik.org kritisch mit dem am Mittwoch von der Bundesregierung veröffentlichten Evaluierungsbericht zur 2006 in Kraft getretenen Antiterrordatei auseinander. Bemerkenswert findet die Autorin, dass der Bericht feststellt, ein Trennungsgebot zwischen Polizei und Nachrichtendiensten finde keine Wortlaut-Grundlage im Grundgesetz, gleichzeitig aber postuliert, dass auch bei Annahme eines solchen verfassungsrechtlichen Grundsatzes Einrichtung und Betrieb der Datei gegen das Verbot nicht verstießen.
Weitere Themen - Justiz
ArbG Frankfurt – Strafversetzung?: Die Zeit (Martin Kotynek) berichtet über einen Prozess vor dem Arbeitsgericht Frankfurt. Als Klägerin tritt die langjährige London-Korrespondentin der FAZ auf. Sie wolle gerichtlich feststellen lassen, dass ihre von der Zeitung angeordnete Versetzung nach Frankfurt als Strafe für intern geäußerte Kritik an der Berichterstattung des Blattes zur Finanzkrise unrechtmäßig gewesen sei.
LG Bremen – Sexuelle Nötigung: Ein Bremer SPD-Politiker muss sich nach viermonatiger Untersuchungshaft vor dem Landgericht Bremen wegen des Vorwurfs der sexuellen Nötigung in einem besonders schweren Fall verantworten. Im Verbund mit einem weiteren Angeklagten soll er das Opfer mittels KO-Tropfen zunächst willenlos gemacht und anschließend missbraucht haben. Ein Antrag der Verteidigung, eine Schöffin wegen ihrer CDU-Mitgliedschaft für befangen zu erklären, sei ebenso zurückgewiesen worden wie einer auf Ausschluss der Öffentlichkeit. Über den Fall berichtet die taz-Nord (Klaus Wolschner).
VG Bayreuth zu NPD-Parteitag: Die NPD hat ihren für das kommende Wochenende geplanten Bundesparteitag abgesagt, nachdem sie vor dem Verwaltungsgericht Bayreuth mit ihren Anträgen zur Einstellung öffentlicher Straßenbauarbeiten gescheitert ist. Das ins Auge gefasste Parteitagsgelände sei somit nur noch zu Fuß zu erreichen gewesen, schreibt spiegel.de (Christina Hebel).
Steuerhinterziehungs-Expertise: Die SZ (Klaus Ott) berichtet über Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt und hessischer Finanzbehörden gegen einen ehemaligen hochrangigen Finanzbeamten. Dem jetzt als Anwalt und Steuerberater Selbständigen werde vorgeworfen, als Berater der Hypo-Vereinsbank in München durch die von ihm veranlasste mehrmalige Gutschrift von Kapitalertragssteuern an der Hinterziehung von mehr als 100 Millionen Euro Steuern mittäterschaftlich beteiligt gewesen zu sein. In die Affäre um undurchsichtige Aktiendeals in Milliardenhöhe ist außerdem ein Berliner Immobilien-Unternehmer und eine der ältesten Schweizer Privat-Banken verwickelt, wie die SZ (Klaus Ott) in einem separaten Artikel schreibt.
Platzvergabe NSU-Prozess: Mit der umstrittenen Entscheidung des Oberlandesgerichts München zur Akkreditierung von Journalisten im anstehenden Prozess gegen Beate Zschäpe und andere setzt sich Rechtsprofessor Volker Boehme-Neßler auf lto.de auseinander. Speziell vor dem Hintergrund des Versagens deutscher Sicherheitsbehörden sei die gerichtliche Vorbereitung des Prozesses ein "bürokratisches Trauerspiel". Denn die Münchner Richter hätten es bislang versäumt, gerade der internationalen Öffentlichkeit zu beweisen, dass "der deutsche Staat trotz aller Pannen funktioniert, wenn es darauf ankommt".
Holger Schmidt veröffentlicht im SWR-Terrorismus-Blog einen Brief der Justizpressekonferenz an das Gericht, der sich mit der Frage der Zulässigkeit von gerichtsinternen Übertragungen beschäftigt.
Glasfasernetz: Nach einer Entscheidung der Bundesnetzagentur muss die Deutsche Bahn ihre Infrastruktur Telekommunikationsunternehmen zum Ausbau des Glasfaserkabelnetzes zur Verfügung stellen. Sie ist berechtigt, ein kostendeckendes Entgelt zu verlangen. Rechtsanwalt Anselm Grün stellt auf lto.de Entscheidung und Rechtslage vor.
Weitere Themen – Recht in der Welt
USA – Raubkunst: Der Freistaat Bayern ist vor einem Bundesbezirksgericht in New York/USA auf Herausgabe eines Picasso-Gemäldes verklagt worden, schreibt die FAZ (Julia Voss) im Feuilleton. Kläger sind die Erben Paul von Mendelssohn-Bartholdys. Der jüdische Bankier habe das "Madame Soler" betitelte Werk – soweit unstreitig – 1934 an einen Kunsthändler verkauft, von dem der Freistaat es 1964 in New York erwarb. Aktuell ist es in der Neuen Pinakothek in München ausgestellt. Streitig sei die "Verfolgungsbedingtheit" des Verkaufs. Versuche der Erben, diese von der hierfür eingerichteten Limbach-Kommission klären zu lassen, seien am Widerstand der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen gescheitert.
USA – Michael Jackson: Die Familie des 2009 verstorbenen Sängers Michael Jackson verklagt dessen ehemaligen Konzertveranstalter auf 40 Milliarden Dollar Schadensersatz, schreibt welt.de (Kerstin Rottmann). Das Unternehmen habe aus reiner Profitsucht Gesundheit und Leben des Stars aufs Spiel gesetzt. Als "Achillesferse" der Klage könne sich jedoch der Umstand erweisen, dass der wegen fahrlässiger Tötung Jacksons verurteilte Leibarzt vom Sänger selbst engagiert wurde.
Spanien – Königstochter verdächtig: Infantin Cristina, die Tochter des spanischen Königs Juan Carlos, ist im Zuge der gegen ihren Ehemann gerichteten Ermittlungen wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder vom zuständigen Ermittlungsrichter als verdächtig eingestuft und zu einer Aussage vorgeladen worden, meldet die FAZ (Leo Wieland).
Großbritannien – Kindstötung: Ein aufsehenerregender Prozess steht in Großbritannien vor dem Abschluss. Wie die SZ (Christian Zaschke) berichtet, hat eine Jury in Nottingham ein Ehepaar für schuldig befunden, ihre sechs Kinder getötet zu haben, indem es das gemeinsam bewohnte Haus in Brand steckte. Die Tat sollte der Freundin des Ehemanns, die kurz zuvor aus dem Haus ausgezogen war, in die Schuhe geschoben werden. Der Täter habe offenbar geplant, die Kinder zu retten und sich als Held feiern zu lassen. Das Strafmaß wird heute festgelegt.
Indien – Spiegel vor Gericht: Als freie Mitarbeiterin, ausgestattet mit Zeitverträgen, berichtete eine Inderin 14 Jahre lang für den Spiegel vom Subkontinent. Nachdem sie eine Festanstellung und die Anerkennung als Korrespondentin verlangte, sei ihr Vertrag nicht verlängert worden. Die taz (Jasmin Kalarickal) schreibt, dass ihre Klage vor dem Arbeitsgericht Hamburg wegen formaler Mängel abgewiesen worden sei. Nun klage die Journalistin in Indien wegen unfairer Arbeitsbedingungen und Diskriminierung aufgrund von Ethnie und Geschlecht gegen das Nachrichtenmagazin.
IStGH auf amerikanisch: Die USA erkennen den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag/Niederlande zwar weiter nicht an, wollen dessen Arbeit künftig jedoch durch Zurverfügungstellung eines Millionenbetrages indirekt unterstützen. Als "Kopfgeld" solle die Summe die Ergreifung von in Den Haag gesuchten Personen ermöglichen. Dies meldet die SZ.
Sonstiges
Homo-Ehe: Mit dem "globalen Kulturkampf" um Einführung und Reichweite der Homo-Ehe beschäftigt sich ein Artikel der Zeit (Heinrich Wefing). Er beschreibt den Protest gegen sie als "Protest gegen die Realität der modernen Familie", für deren Zustand Schwule und Lesben aber keine Verantwortung trügen. In "spätestens" zwanzig Jahren werde der Widerstand gegen die Homo-Ehe nurmehr als "bizarres Kuriosum" gelten, gleich dem erst in den 1960er Jahren durch den US-Supreme Court aufgehobenen gesetzlichen Verbot der Mischehe zwischen Schwarzen und Weißen.
Resozialisierung: Die Zeit (Linda Tutmann) stellt in ihrem Chancen-Teil das Projekt einer Münchner Haftanstalt vor, in dem Strafgefangene lernen sollen, ein eigenes Unternehmen zu führen. Die Idee hierzu stammt aus den USA, dort sei es gelungen, die Rückfallquote unter Teilnehmern entscheidend zu senken.
Das Letzte zum Schluss
Unter falscher Flagge: Einer Meldung der FAZ zufolge mussten Anhänger der französischen Fußballnationalmannschaft in Indonesien in der vergangenen Woche ihre Leidenschaft mit einer Nacht in Haft bezahlen. Die von ihnen anlässlich eines Spiels der "Les Bleus" gehisste Trikolore ähnelte nach Darstellung der indonesischen Polizei jener einer Separatisten-Bewegung "bis auf einen zusätzlichen grünen Streifen."
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/mpi
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 4. April 2013: UN-Waffenhandelsabkommen - Gesetzentwurf zur Ärztekorruption -NPD-Parteitag geplatzt . In: Legal Tribune Online, 04.04.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8457/ (abgerufen am: 01.07.2024 )
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