Die Union hat sich mit Andreas Voßkuhle verkracht. Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts solle sich mit Äußerungen zu laufenden Verfahren zurück halten. Außerdem in der Presseschau: Das Leistungsschutzrecht ist da, sorgt aber für Rätselraten, Familienrechtler beraten über zahlungsunwillige Väter und ein gesuchter Ex-Finanzhai taucht mal kurz im Fernsehen auf.
Kritik an Voßkuhle: Politiker von CDU und CSU kritisieren den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, nachdem er vergangene Woche auf der Bundespressekonferenz ein Hintergrundgespräch mit Journalisten abhielt und sich dabei auch zur umstrittenen Homo-Ehe und zum NPD-Verbot äußerte. Unionsfraktionschef Volker Kauder erklärte im Interview mit dem Spiegel (Konstantin von Hammerstein/Peter Müller), das sei "jedenfalls ein Vorgang, den es so noch nicht gab". Auch Innenminister Hans-Peter Friedrich und Bundestagspräsident Norbert Lammert äußerten sich kritisch. Der Spiegel (Hubert Gude/Christiane Hoffmann/Peter Müller) zeichnet den Streit zwischen Union und Gericht nach, eine Vorabmeldung dazu findet sich auf spiegel.de. Auch zeit.de gibt einen Überblick. Voßkuhle weist die Kritik zurück.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Leistungsschutzrecht: Der Bundestag hat am Freitag das umstrittene Leistungsschutzrecht für Verlage beschlossen. Demnach müssen Internet-Suchmaschinen Lizenzgebühren zahlen, wenn sie Auszüge aus Zeitungsartikel anzeigen – nur einzelne Wörter und kleinste Textausschnitte bleiben kostenfrei. Die Samstags-FAZ (Joachim Jahn) gibt einen Überblick, die Samstags-taz (Christian Rath) geht insbesondere der Frage nach, was "kleinste Textausschnitte" sind. Für Johannes Boie (Samstags-SZ) ist es klar, dass dies nun die Gerichte klären müssen. Er kritisiert: "Aus einem Gesetzesvorhaben, dessen Inhalt schlecht war, wurde ein Gesetz, das handwerklich schlecht gemacht ist." Thomas Stadler (internet-law.de) vermutet, dass sich die Rechtsprechung an der Perlentaucher-Entscheidung des Bundesgerichtshofes orientieren wird, wonach "knappe Wortfolgen" nicht urheberrechtlich geschützt sind.
Lebensmittel-Skandale: Der Bundestag hat eine Änderung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches beschlossen, wonach die Behörden auch dann öffentlich vor Täuschungen warnen können, wenn keine Gesundheitsgefahr besteht. Rechtsanwalt Daniel Schneider kritisiert das auf lto.de als "Aktionismus". Die "neue" Regelung habe so schon bis September 2012 bestanden – und sei damals zu Recht geändert worden. Das Landgericht München habe schon 2011 Zweifel an der Vereinbarkeit mit höherrangigem Europarecht gehabt, eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes stehe noch aus.
Steuerrecht: Sechs Unionspolitiker haben einen Vorschlag vorgelegt, um das Steuersystem deutlich zu vereinfachen. Die Montags-Welt (Thomas Vitzhum) stellt die Pläne vor.
Verjährung: Reinhard Müller (Montags-FAZ) befasst sich in einem Kommentar mit der Frage der Verjährung. Er geht dabei auf sexuellen Missbrauch, auf Unrecht im Nationalsozialismus und in der DDR und auf die Plagiatsaffären um Doktortitel ein. Grundsätzlich sei "Maßhalten" gefragt, vor allem für die Entziehung von Doktortiteln müsse der Zeitablauf eine Rolle spielen.
Europe 2023: Der Verfassungsblog (Maximilian Steinbeis) setzt seine Reihe "Europe 2023 – An Educated Guess" mit einem Interview mit der Europawissenschaftlerin Beate Kohler-Koch fort. Sie rechnet mit einer "differenzierten Integration", wobei die Mitgliedstaaten in einzelnen Bereichen unterschiedlich stark zusammen arbeiten würden – etwa in der Währungsunion, beim Binnenmarkt oder in der Außenpolitik.
Weitere Themen - Justiz
EuGH zu Grundrechte-Charta: Der Spiegel (Dietmar Hipp) bespricht das Urteil des Europäischen Gerichtshofes zum Fall des schwedischen Fischers Akerberg Fransson, mit dem der Gerichtshof die Anwendung der EU-Grundrechte-Charta ausgeweitet hat. Das könne zum Konflikt mit dem Bundesverfassungsgericht führen.
BAG zu Umkleidezeiten: Wenn Arbeitnehmer sich vor Arbeitsbeginn im Betrieb umziehen müssen, gehört das zu Arbeitszeit. So entschied das Bundesarbeitsgericht im September vorigen Jahres und änderte damit seine bisherige Rechtsprechung. Das Urteil bespricht Rechtsanwalt Norbert Pflüger nun in der Samstags-FAZ, im "Beruf und Chance"-Teil.
Wulff-Affäre: Laut Bild am Sonntag will die Staatsanwaltschaft Hannover in der Affäre um den früheren Bundespräsidenten Wulff dessen früheren Sprecher Olaf Glaeseker und den Eventmanager Manfred Schmidt wegen Korruption anklagen, dazu bild.de. Der Spiegel (Michael Fröhlingsdorf/Martin U. Müller, Vorabmeldung auf spiegel.de) schildert den Stand der Ermittlungen, die Beweislage gegen Wulff selbst sei dünn.
Fall Mollath: Wie die Montags-SZ (prz/urit) im Bayern-Teil berichtet, sind im Justizskandal um Gustl Mollath neue Dokumente aufgetaucht, die zeigen, dass Behörden und Gerichte Mollath als "Spinner" einstuften und Hinweisen auf mögliche Steuervergehen nicht nachgingen.
Ermittlungen gegen S&K: Der mutmaßliche Anlegerbetrug beim Immobilienfonds S&K ist das Titelthema des Handelsblattes (Nicole Bastian/Michael Brächer/Frank Drost/Gertrud Hussla/Sönke Iwersen/Laura de la Motte/Reiner Reichel/Anke Rezmer). Die S&K-Gründer Stephan Schäfer und Jonas Köller sollen das Geld der Anleger für ein Luxusleben verbraucht haben – möglich gemacht habe das auch zu geringe staatliche Kontrolle.
Weitere Themen – Recht in der Welt
USA – Homo-Ehe vor Supreme Court: US-Präsident Barack Obama hat den Supreme Court aufgefordert, das Verbot der Homo-Ehe in Kalifornien für ungültig zu erklären. Dabei gehe es allerdings um die besondere kalifornische Rechtslage, heißt es in der Samstags-FAZ (Patrick Welter), ein bundesweites Recht zur Eheschließung für homosexuelle Paare sei nicht damit verbunden. Der Supreme Court befasst sich derzeit in zwei Verfahren sowohl mit dem kalifornischen Verbot als auch mit einem föderalen Gesetz, das die Heirat als Ehe von Mann und Frau definiert.
USA – Apple vs. Samsung: Apple hat im Patentstreit mit Konkurrent Samsung eine Niederlage erlitten. Ein Geschworenengericht im kalifornischen San José hatte Apple zwar zunächst mehr als eine Milliarde Dollar Schadensersatz wegen Patentrechtsverletzungen zugesprochen, die Richterin hat die Summe nun aber um fast die Hälfte gekürzt. Das meldet spiegel.de.
USA – Bradley Manning: Der US-Soldat Bradley Manning hat Ende voriger Woche vor einem Militärgericht ausgesagt. Wie die Samstags-SZ (Hubert Wetzel) berichtet, gestand Manning, Hunderttausende geheime Dokumente an die Internetplattform Wikileaks weitergegeben zu haben. Er erklärte sich in zehn von 22 Anklagepunkten für schuldig, bestritt aber den schwersten Vorwurf: Mit dem Geheimnisverrat habe er nicht "den Feind unterstützen" wollen, sondern lediglich die Kriegsführung der USA "bloßstellen".
Spanien – Burka-Verbot rechtswidrig: Spanische Städte und Gemeinden dürfen muslimischen Frauen nicht verbieten, Vollverschleierung wie Burka oder Niqab zu tragen. Das Oberste Gericht in Spanien hat diese Verbote für verfassungswidrig erklärt – nur das Parlament könne ein entsprechendes Gesetz verabschieden. Das berichtet die Samstags-FAZ (Leo Wieland).
Sonstiges
Unterhaltsrealisierung: Am Dienstag beginnt am Deutschen Institut für Jugendhilfe und Familienrecht eine internationale Tagung zur Realisierung von Unterhaltsansprüchen. Die Montags-SZ (Ulrike Heidenreich) spricht mit dem Institutsleiter Thomas Meysen. Er erklärt, in Deutschland werde vor allem darauf gesetzt, dass der Unterhaltsschuldner freiwillig zahle – in anderen Ländern hätten die Behörden mehr Druckmittel. In den USA könnte Vätern etwa der Führerschein oder auch der Angelschein entzogen werden, um sie zur Zahlung zu bewegen.
Schönfelder: Die Gesetzessammlung Schönfelder müsse einen neuen Namen bekommen – das schlägt Alexander Pyka in einem Gastkommentar für die Montags-Welt vor. Der Gründer der Young Initiative on Foreign Affairs and International Relations kritisiert, die Biographie Heinrich Ernst Schönfelders lese sich als "klassischer Lebenslauf eines Nazis mittlerer Art und Güte", eine Ehrung als Namensgeber der Zivilrechtssammlung sei nicht angebracht.
NSU-Ausschuss – Gegenüberstellung: Der NSU-Ausschuss des Bundestages hat am Freitag je einen Beamten des Bundeskriminalamtes und des Thüringer Landeskriminalamtes in direkter Gegenüberstellung befragt. Es konnte jedoch nicht geklärt werden, warum eine Adressliste, die möglicherweise schon 1998 zu den untergetauchten NSU-Terroristen hätte führen können, bei den damaligen Ermittlungen unberücksichtigt blieb. Von der Ausschusssitzung und der scharfen Kritik der Abgeordneten an den Behörden berichten die Samstags-SZ (Tanjev Schultz), die Samstags-FAZ (Peter Carstens) und spiegel.de (Julia Jüttner). Das Vorgehen der Ermittler beschreibt die Montags-FAZ (Peter Carstens).
Das Letzte zum Schluss
Wirtschaftskrimineller im TV: Der ehemalige Großaktionär und mutmaßliche Betrüger Florian Homm hat sich in eine Talkshow gewagt – obwohl er von der US-Börsenaufsicht, der US-Drogenbehörde und zahlreichen Gläubigern gesucht werde, so bild.de. Homm habe mit der Linkspartei-Abgeordneten Sarah Wagenknecht diskutiert, sein Buch "Kopf Geld Jagd" beworben und sei dann wieder untergetaucht. Mit seinem Geld wolle er nun aber Gutes tun.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ak
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 2. bis 4. März 2013: Voßkuhle in der Kritik – Rätseln beim Leistungschutzrecht – Zahlungsunwillige Väter . In: Legal Tribune Online, 04.03.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8257/ (abgerufen am: 19.07.2024 )
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