Eine Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die rot-grünen Vermögensbesteuerungspläne allesamt verfassungswidrig seien. Auch ein Ex-BVerfG-Präsident mischt sich ein. Außerdem in der Presseschau: Grenzen der Ehegattensplitting-Reform, BVerfG billigt Platzverlosung, EGMR erhält das letzte Wort – und warum wiederholte Autopannen zur polizeilichen Vorführung führen können.
Vermögensteuer verfassungswidrig?: Die von SPD und Grünen geplante Vermögensbesteuerung sei verfassungswidrig. Zu diesem Ergebnis kommt einem Bericht der FAZ (Joachim Jahn) zufolge der Mainzer Staats- und Steuerrechter Hanno Kube. In einem Gutachten für die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft bringe er gegen eine Vermögensteuer ein vom Eigentumsgrundrecht umfasstes Verbot der Besteuerung der Vermögenssubstanz in Stellung. Eine befristete Vermögensabgabe sei wegen des Fehlens einer "notstandsartigen Situation" auch nicht möglich.
Die Welt (Jochen Gaugele/Thorsten Jungholt) zitiert Ex-Bundesverfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier mit der Aussage, dass die steuerliche Belastung insgesamt nicht unzumutbar werden dürfe.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Justizsenator Heilmann: Die SZ (Constanze Von Bullion) porträtiert heute Berlins Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) als einen "Querkopf", der diesen Posten eigentlich nie habe haben wollen, aber bislang "nicht die schlechteste Figur" mache – auch wenn er "bisweilen schneller redet als denkt".
Ehegattensplitting: Mit den (unterschiedlichen) Plänen von SPD und Grünen zur Abschaffung des Ehegattensplittings und den verfassungsrechtlichen Grenzen, die das Grundgesetz einer Reform der steuerrechtlichen Berücksichtigung von Ehepartnern setzt, beschäftigt sich die FAZ (Manfred Schäfers/Joachim Jahn).
Doppelte Staatsbürgerschaft: Vor dem Hintergrund der Steuerflucht-Diskussion spricht sich Gerd Held (Welt) gegen die doppelte Staatsbürgerschaft aus: Bei Besteuerung und Immigration bedürfe es einer eindeutigen "Haftbarkeit der Akteure".
Deutsch-schweizerisches Steuerabkommen: Die SZ (Claus Hulverscheidt/Wolfgang Koydl) gibt vor dem Hintergrund der Wortmeldungen verschiedener Politiker zum gescheiterten deutsch-schweizerischen Steuerabkommen zu bedenken, dass sich die beiden zuständigen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Eveline Widmer-Schlumpf (BDP) auffällig nicht äußerten. Beide hätten nämlich – aus innen- wie außenpolitischen Gründen – kein Interesse an der Wiederaufnahme der Verhandlungen.
Die "neue Beweglichkeit" der Schweizer Regierung angesichts des zunehmenden internationalen Drucks stellt die FAZ (Jürgen Dunsch) dar. Ein neues bilaterales Abkommen hält sie aber wie auch die taz (Malte Kreutzfeld) für unwahrscheinlich.
Verbund gegen Grenzkriminalität: Bundespolizei und sächsische Landespolizei wollen künftig enger kooperieren und einen "effektiven Sicherheitsverbund" zur Bekämpfung der Grenzkriminalität bilden. Bundesinnenminister Friedrich (CDU) und sein sächsischer Kollege Ulbig (CDU) unterzeichneten nach einem Bericht der FAZ (Peter Carstens) in Dresden ein entsprechendes Abkommen.
Weitere Themen – Justiz
NSU-Prozess – BVerfG zu Verlosung: Das Bundesverfassungsgericht hat am Donnerstag einen weiteren Eilantrag im Zusammenhang mit der Presseplatzvergabe beim NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München abgelehnt. Der freie Journalist Martin Lejeune, der im ersten Vergabeverfahren einen Platz erhalten hatte, beim Losverfahren aber leer ausgegangen war, hatte Verfassungsbeschwerde erhoben, berichtet die FAZ.
Laut lawblog.de (Udo Vetter) hat es das Bundesverfassungsgericht bei einer Entscheidung am Vortag (Fall Fricke) für zulässig erachtet, für Online-Medien keine gesonderten Plätze vorzusehen.
NSU-Prozess – freie Presseplätze: Nach einem Bericht der taz (Christian Rath) wollen einige Nebenkläger freie Plätze an Pressevertreter abtreten. Allerdings werde das Oberlandesgericht München dies aus Sicherheitsgründen voraussichtlich ablehnen.
NSU-Prozess – Videoübertragung: Ein juristisches Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages kommt laut spiegel.de zu dem Ergebnis, dass eine Videoübertragung der Verhandlung in einen weiteren Saal aufgrund der "Menschenwürde der Verfahrensbeteiligten" unzulässig sei.
LG Hamburg – HSH Nordbank: Die SZ (Klaus Ott) beschäftigt sich mit dem vor dem Hamburger Landgericht anstehenden Prozess gegen den Ex-Chef der HSH-Nordbank, "Dr. No" Dirk Jens Nonnenmacher. Es gehe jedoch "um mehr" als nur um die "Reizfigur" Nonnenmacher, es gehe "um das System", es handele sich um einen "Musterprozess", den ersten "großen Banken-Prozess seit Beginn der großen Banken-Krise", der im besten Fall sogar "reinigende Wirkung" entfalten könnte.
LG Hamburg zu Kündigung per E-Mail: Die Vertragsklausel einer Internet-Partnervermittlung, die eine Kündigung per E-Mail ausschließt, ist unwirksam. Das hat das Landgericht Hamburg entschieden, berichtet lawblog.de (Udo Vetter).
VG Koblenz zu Jagd trotz Menschenrechtsverstoß: Das Verwaltungsgericht Koblenz hat es abgelehnt, die Jagd auf dem Grundstück eines Jagdgegners per einstweiliger Verfügung zu untersagen, berichtet lto.de. Zwar hatte es der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte für unzumutbar befunden, Jagdgegner gesetzlich zur Zulassung der Jagd auf ihren Grundstücken zu zwingen, wenn diese in einem Jagdbezirk lägen. Allerdings trete in Kürze eine Gesetzesänderung in Kraft; ein Abwarten bis zu diesem Zeitpunkt sei dem Antragsteller zuzumuten.
Unheilbare Selbstanzeigen: Warum fehlerhafte Selbstanzeigen im Steuerrecht wohl nicht nachträglich korrigiert werden können und dies unter anderem Uli Hoeneß voraussichtlich zum Verhängnis wird, erläutert die taz (Christian Rath). Allerdings sei eine wirksame Selbstanzeige "keine juristische Artistik" – im Gegenteil ließe sich das Risiko durch eine großzügige Schätzung leicht verringern. Weswegen es auch noch keine Rechtsprechung zur Heilung von Selbstanzeigen gebe.
Justiz & Medien: Wolfgang Janisch beschäftigt sich auf der "Medien"-Seite der SZ vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung um die Presseplätze beim NSU-Prozess mit dem Verhältnis von Medien und Justiz. Prozesse seien "eben auch die Volkshochschule des Rechts", aus "abstrakten Paragraphen" werde hier "ein konkretes Geschehen". Allerdings bleibe das Verhältnis zur Presse "eine komplizierte Beziehungskiste" – auch weil der Medien-Ton rauer geworden sei, wie unter anderem die Entlassung Sicherungsverwahrter, der Mannesmann- und der Kachelmann-Prozesse gezeigt hätten. Nichtsdestotrotz führe kein Weg daran vorbei, dass die Justiz mit der Öffentlichkeit umgehen lernen müsse: "Der NSU-Prozess kann nur mit den Medien geführt werden, nicht gegen sie."
20 Jahre Solingen-Anschlag: Ein exklusives Interview mit Mevlüde Genc, der Mutter von fünf bei dem Brandschlag von Solingen Ende Mai 1993 getöteten Kindern, findet sich heute in der SZ (Ayten Hedia). Zu den NSU-Morden befragt bekräftigt sie, dass sie dem deutschen Staat hinsichtlich der Aufklärung vertraue: "Unser Staat kümmert sich darum. Er untersucht alle Vorgänge. Es gibt Recht und Gesetze."
Weitere Themen – Recht in der Welt
Ungarn – Verfassungsgericht entmachtet: Unter der Überschrift "So hebelt man einen Rechtsstaat aus" beschreibt der ungarische Jurist Csaba Györy in der SZ wie die ungarische Regierung das Verfassungsgericht des Landes "faktisch entmachtet" habe. Nach einem langen Prozess des Abbaus rechtsstaatlicher Garantien erkennt er in der jüngsten, vierten Verfassungsänderung den "Endpunkt einer Erosion des ungarischen Rechtsstaats." Diese führt er dabei weniger auf einen "diabolischen Plan der Machtergreifung", sondern eher auf ein "Abdriften" der Regierung zurück. Nichtsdestotrotz sei "der Rechtsstaat in Ungarn nur von Regierungs Gnaden."
USA – Boston-Attentat: Die SZ (Nicolas Richter) porträtiert die beiden mutmaßlichen Bombenleger von Boston. Sie hätten genau das Doppelleben geführt, "das Staatsschützer so fürchten": Angepasst nach außen, aber "innerlich gewaltbereit".
spiegel.de (Marc Pitzke) berichtet derweil von drei weiteren Festnahmen – dabei handele es sich um Freunde des Angeklagten, die nach der Tat versucht haben sollen, ihn zu decken.
USA – Digitale Überwachung: Cispa, der Cyber Intelligence Sharing and Protection Act, ist am US-Senat gescheitert. Doch auch wenn es nun keine gesetzliche Grundlage zur Weitergabe von Kommunikationsdaten von Privatunternehmen an das US-Militär geben wird, werden diese auch weiterhin eng zusammenarbeiten – weiß die taz (Johannes Thumfart) zu berichten.
Nordkorea – US-Amerikaner verurteilt: In Nordkorea ist ein US-Amerikaner koreanischer Abstammung zu 15 Jahren Arbeitslager verurteilt worden. Ihm seien "feindselige Handlungen" zur Last gelegt worden, berichtet die FAZ (Petra Kolonko).
Peter Sturm (FAZ) bezeichnet die Verurteilung als "Geiselnahme" und "eiskalte Realpolitik", die dazu gedacht sei, Zugeständnisse der US-Regierung zu erpressen.
Frankreich – Geldwäschevorwürfe gegen Ex-Minister: Der Sarkozy-Vertraute und ehemalige französische Innenminister Claude Guéant sieht sich im Rahmen der Gaddafi-Affäre Geldwäschevorwürfen wegen einer Bartransaktion von einer halben Million Euro ausgesetzt. Die FAZ (Michaela Wiegel) berichtet.
Libyen – Gaddafi-Prozess: In Libyen steht seit Donnerstag Seif al-Islam al-Gaddafi, Sohn des Ex-Diktators Muammar al-Gaddafi vor Gericht. Die taz (Mirco Keilberth) berichtet vom ersten Prozesstag, der mit einer Vertagung bis September endete, und erläutert, warum der Prozess entgegen dem Wunsch der Regierung nicht in der Hauptstadt Tripolis stattfindet. Außerdem entscheide der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag in Kürze über eine Auslieferung Gaddafis und eines weiteren Angeklagten.
Sonstiges
Späte Urteile gegen Systemtäter: Gegen Täter von Unrechtsregimen müsse heute noch ermittelt werden, auch wenn die Taten weit zurückliegen und die Täter das Verfahrensende häufig nicht mehr erlebten. Wie sich solche Prozesse straftheoretisch rechtfertigen lassen, erläutert der Göttinger Strafrechtler Kai Ambos auf der "Staat und Recht"-Seite der FAZ. Hier spielten insbesondere positiv-generalpräventive Aspekte eine Rolle: Die Bestätigung und Wiederherstellung gebrochener Normen, die "Wiederherstellung des Rechts".
EGMR erhält das letzte Wort: Das "letzte Wort" in Grundrechtsfragen wandert mit dem Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) nach Straßburg – so jedenfalls die FAZ (Helene Bubrowski) auf ihrer "Staat und Recht"-Seite. Der Artikel beschreibt die Entwicklung des Grundrechtsschutzes in Europa und kommt zu dem Ergebnis, dass sich durch den Beitritt "materiell-rechtlich" nicht viel ändere, "der bislang informelle Dialog" zwischen den beiden Gerichten aber "institutionalisiert" werde.
BVerfG und EuGH: In seinem Urteil zur Antiterror-Datei hat sich das Bundesverfassungsgericht zur jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Reichweite der Anwendbarkeit der Europäischen Grundrechte geäußert und offen damit gedroht, diese Rechtsprechung als ausbrechenden Rechtsakt zu beurteilen. Warum dies eine "misslungene Karlsruher Trotzreaktion" darstelle, legt der Münchner Arbeitsrechtler Clemens Latzel auf der "Staat und Recht"-Seite der FAZ dar. Das BVerfG hätte den Fall dem EuGH vorlegen und nicht dessen Rechtsprechung "verfassungskonform zurechtbiegen" sollen.
Drosselpläne & Fernmeldegeheimnis: Mit der Frage, ob die Pläne der Telekom zur Volumenbegrenzung ihrer Festnetz-Internetzugänge gegen das Fernmeldegeheimnis des Telekommunikationsgesetzes verstoßen, beschäftigt sich internet-law.de (Thomas Stadler). Dies könnte dann vorliegen, wenn die Telekom bestimmte Internetdienste von der Volumenbegrenzung ausnehme – weil dies eine Aufzeichnung des individuellen Nutzungsverhaltens voraussetze.
Götze-Wechsel: Der Wechsel des Fußballers Mario Götze von Borussia Dortmund zu Bayern München gerät ins juristische Visier von immer mehr Medien. Der Kapitalmarktrechtler Rüdiger Veil beschäftigt sich auf lto.de mit der Frage, ob der als Kommanditgesellschaft auf Aktie verfasste BVB seine Aktionäre früher über den Wechsel hätte informieren müssen. Der Verein müsse mit einem Bußgeld, nicht aber mit Schadensersatzforderungen rechnen.
Kriminalgeschichte des Christentums: Die SZ (Willi Winkler) porträtiert auf ihrer "Seite Drei" Karlheinz Deschner, den Autor des nunmehr zehnbändigen Werks "Die Kriminalgeschichte des Christentums" – die im 18. Jahrhundert enden wird, weil der Autor nach 35 Jahren Arbeit und im Alter von fast 89 Jahren das "größenwahnsinnige Unternehmen" nun abbrechen wird.
Das Letzte zum Schluss
Wiederholte Autopanne: Da hätte sie sich für die zweite Instanz wohl eine bessere Ausrede einfallen lassen sollen: Wie der Blog Kanzlei und Recht (Joachim Müller) berichtet, hatte eine Zeugin ihr Nichterscheinen bei der Berufungsverhandlung mit einer Autopanne entschuldigt. Zu ihrem Unglück hatte der Richter die Akte aber genau gelesen und erfahren, dass dieselbe Zeugin schon bei der erstinstanzlichen Verhandlung von einer solchen Panne am Erscheinen gehindert worden war – was ihr einen richterlichen Anruf auf ihrem Handy und schließlich eine Verfügung zur polizeilichen Vorführung eingebrachte. Letztere blieb ihr aber aufgrund zwischenzeitlicher Verfahrenseinstellung erspart.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/thd
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 3. Mai 2013: Vermögensteuer verfassungswidrig? – BVerfG billigt Verlosung – EGMR bekommt letztes Wort . In: Legal Tribune Online, 03.05.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8659/ (abgerufen am: 20.07.2024 )
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