Die juristische Presseschau vom 3. Mai 2013: Vermögensteuer verfassungswidrig? – BVerfG billigt Verlosung – EGMR bekommt letztes Wort

03.05.2013

Weitere Themen – Recht in der Welt

Ungarn – Verfassungsgericht entmachtet: Unter der Überschrift "So hebelt man einen Rechtsstaat aus" beschreibt der ungarische Jurist Csaba Györy in der SZ wie die ungarische Regierung das Verfassungsgericht des Landes "faktisch entmachtet" habe. Nach einem langen Prozess des Abbaus rechtsstaatlicher Garantien erkennt er in der jüngsten, vierten Verfassungsänderung den "Endpunkt einer Erosion des ungarischen Rechtsstaats." Diese führt er dabei weniger auf einen "diabolischen Plan der Machtergreifung", sondern eher auf ein "Abdriften" der Regierung zurück. Nichtsdestotrotz sei "der Rechtsstaat in Ungarn nur von Regierungs Gnaden."

USA – Boston-Attentat: Die SZ (Nicolas Richter) porträtiert die beiden mutmaßlichen Bombenleger von Boston. Sie hätten genau das Doppelleben geführt, "das Staatsschützer so fürchten": Angepasst nach außen, aber "innerlich gewaltbereit".

spiegel.de (Marc Pitzke) berichtet derweil von drei weiteren Festnahmen – dabei handele es sich um Freunde des Angeklagten, die nach der Tat versucht haben sollen, ihn zu decken.

USA – Digitale Überwachung: Cispa, der Cyber Intelligence Sharing and Protection Act, ist am US-Senat gescheitert. Doch auch wenn es nun keine gesetzliche Grundlage zur Weitergabe von Kommunikationsdaten von Privatunternehmen an das US-Militär geben wird, werden diese auch weiterhin eng zusammenarbeiten – weiß die taz (Johannes Thumfart) zu berichten.

Nordkorea – US-Amerikaner verurteilt: In Nordkorea ist ein US-Amerikaner koreanischer Abstammung zu 15 Jahren Arbeitslager verurteilt worden. Ihm seien "feindselige Handlungen" zur Last gelegt worden, berichtet die FAZ (Petra Kolonko).

Peter Sturm (FAZ) bezeichnet die Verurteilung als "Geiselnahme" und "eiskalte Realpolitik", die dazu gedacht sei, Zugeständnisse der US-Regierung zu erpressen.

Frankreich – Geldwäschevorwürfe gegen Ex-Minister: Der Sarkozy-Vertraute und ehemalige französische Innenminister Claude Guéant sieht sich im Rahmen der Gaddafi-Affäre Geldwäschevorwürfen wegen einer Bartransaktion von einer halben Million Euro ausgesetzt. Die FAZ (Michaela Wiegel) berichtet.

Libyen – Gaddafi-Prozess: In Libyen steht seit Donnerstag Seif al-Islam al-Gaddafi, Sohn des Ex-Diktators Muammar al-Gaddafi vor Gericht. Die taz (Mirco Keilberth) berichtet vom ersten Prozesstag, der mit einer Vertagung bis September endete, und erläutert, warum der Prozess entgegen dem Wunsch der Regierung nicht in der Hauptstadt Tripolis stattfindet. Außerdem entscheide der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag in Kürze über eine Auslieferung Gaddafis und eines weiteren Angeklagten.

Sonstiges

Späte Urteile gegen Systemtäter: Gegen Täter von Unrechtsregimen müsse heute noch ermittelt werden, auch wenn die Taten weit zurückliegen und die Täter das Verfahrensende häufig nicht mehr erlebten. Wie sich solche Prozesse straftheoretisch rechtfertigen lassen, erläutert der Göttinger Strafrechtler Kai Ambos auf der "Staat und Recht"-Seite der FAZ. Hier spielten insbesondere positiv-generalpräventive Aspekte eine Rolle: Die Bestätigung und Wiederherstellung gebrochener Normen, die "Wiederherstellung des Rechts".

EGMR erhält das letzte Wort: Das "letzte Wort" in Grundrechtsfragen wandert mit dem Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) nach Straßburg – so jedenfalls die FAZ (Helene Bubrowski) auf ihrer "Staat und Recht"-Seite. Der Artikel beschreibt die Entwicklung des Grundrechtsschutzes in Europa und kommt zu dem Ergebnis, dass sich durch den Beitritt "materiell-rechtlich" nicht viel ändere, "der bislang informelle Dialog" zwischen den beiden Gerichten aber "institutionalisiert" werde.

BVerfG und EuGH: In seinem Urteil zur Antiterror-Datei hat sich das Bundesverfassungsgericht zur jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Reichweite der Anwendbarkeit der Europäischen Grundrechte geäußert und offen damit gedroht, diese Rechtsprechung als ausbrechenden Rechtsakt zu beurteilen. Warum dies eine "misslungene Karlsruher Trotzreaktion" darstelle, legt der Münchner Arbeitsrechtler Clemens Latzel auf der "Staat und Recht"-Seite der FAZ dar. Das BVerfG hätte den Fall dem EuGH vorlegen und nicht dessen Rechtsprechung "verfassungskonform zurechtbiegen" sollen.

Drosselpläne & Fernmeldegeheimnis: Mit der Frage, ob die Pläne der Telekom zur Volumenbegrenzung ihrer Festnetz-Internetzugänge gegen das Fernmeldegeheimnis des Telekommunikationsgesetzes verstoßen, beschäftigt sich internet-law.de (Thomas Stadler). Dies könnte dann vorliegen, wenn die Telekom bestimmte Internetdienste von der Volumenbegrenzung ausnehme – weil dies eine Aufzeichnung des individuellen Nutzungsverhaltens voraussetze.

Götze-Wechsel: Der Wechsel des Fußballers Mario Götze von Borussia Dortmund zu Bayern München gerät ins juristische Visier von immer mehr Medien. Der Kapitalmarktrechtler Rüdiger Veil beschäftigt sich auf lto.de mit der Frage, ob der als Kommanditgesellschaft auf Aktie verfasste BVB seine Aktionäre früher über den Wechsel hätte informieren müssen. Der Verein müsse mit einem Bußgeld, nicht aber mit Schadensersatzforderungen rechnen.

Kriminalgeschichte des Christentums: Die SZ (Willi Winkler) porträtiert auf ihrer "Seite Drei" Karlheinz Deschner, den Autor des nunmehr zehnbändigen Werks "Die Kriminalgeschichte des Christentums" – die im 18. Jahrhundert enden wird, weil der Autor nach 35 Jahren Arbeit und im Alter von fast 89 Jahren das "größenwahnsinnige Unternehmen" nun abbrechen wird.

Das Letzte zum Schluss

Wiederholte Autopanne: Da hätte sie sich für die zweite Instanz wohl eine bessere Ausrede einfallen lassen sollen: Wie der Blog Kanzlei und Recht (Joachim Müller) berichtet, hatte eine Zeugin ihr Nichterscheinen bei der Berufungsverhandlung mit einer Autopanne entschuldigt. Zu ihrem Unglück hatte der Richter die Akte aber genau gelesen und erfahren, dass dieselbe Zeugin schon bei der erstinstanzlichen Verhandlung von einer solchen Panne am Erscheinen gehindert worden war – was ihr einen richterlichen Anruf auf ihrem Handy und schließlich eine Verfügung zur polizeilichen Vorführung eingebrachte. Letztere blieb ihr aber aufgrund zwischenzeitlicher Verfahrenseinstellung erspart.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/thd

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 3. Mai 2013: Vermögensteuer verfassungswidrig? – BVerfG billigt Verlosung – EGMR bekommt letztes Wort . In: Legal Tribune Online, 03.05.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8659/ (abgerufen am: 20.07.2024 )

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