Die juristische Presseschau vom 3. Februar 2015: Geld für fehlenden Kita-Platz – Deals für Teldafax-Pleitiers? – Aus für Abschiebehaft

03.02.2015

Justiz

BVerfG zur Beschlagnahme von Verteidigerunterlagen: Was bei einer Durchsuchung eines Strafverteidigers an Unterlagen beschlagnahmt wird, ist im Zweifel eine "Verteidigungsunterlage". So fasst Detleff Burhoff (blog.burhoff.de) einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom November zusammen, der nach dem Autor ein "eigenartiges Verständnis" der beteiligten bayerischen Instanzgerichte zum Ausdruck bringt.

BVerfG – anwaltliche Beratungsbefugnisse: Im Jahr 2013 hat der Bundesgerichtshof dem Bundesverfassungsgericht eine Frage zur Zulässigkeit sogenannter interprofessioneller Zusammenarbeit von Rechtsanwälten mit Beratern aus anderen Bereichen zur Entscheidung vorgelegt. Rechtsanwalt Niels George argumentiert in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt für eine weitgehende Öffnung der "diesbezüglich restriktiven" Bestimmungen der Bundesrechtsanwaltsordnung. Nur so könne dem Trend zu Diversifikation auf dem Beratungsmarkt Rechnung getragen werden.

KG Berlin – Hofgang-Dauer: Nach einer Meldung der taz ist beim Berliner Kammergericht gegenwärtig die Klage eines Untersuchungshäftlings zu einer Verlängerung des auf eine Stunde begrenzten Hofgangs anhängig. Dabei sei es für das Gericht nach Angaben einer zitierten Sprecherin "relativ eindeutig", dass die aktuelle Begrenzung "menschenunwürdig" sei.

OLG Koblenz zu BtM-Kleinstmenge: Auch 0,07 g Amphetamin sind nach einem Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz vom November als Betäubungsmittel i.S.d. Gesetzes über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (BtMG) einzustufen. Entscheidend sei die Aufführung des Stoffs in die entsprechenden Listen der Anlagen und nicht, ob mit der Kleinstmenge überhaupt ein Rauschzustand erreicht werden könnte. beck.blog.de (Jörn Patzak) berichtet.

LG Lüneburg – KZ-Aufseher: Vor dem Landgericht Lüneburg muss sich ein 93-Jähriger ab April wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 300.000 Fällen verantworten. Der Rentner soll 1944 im KZ Auschwitz an der dortigen Bahnrampe bei der Verteilung des Gepäcks von Häftlingen, die in Gaskammern geschickt wurden, mitgewirkt haben, schreibt focus.de.

LG Bonn – Teldafax: Das Verfahren gegen ehemalige Vorstände des insolventen Stromanbieters Teldafax wurde vor dem Landgericht Bonn mit einer zweistündigen Einlassung des Angeklagten Gernot Koch fortgesetzt. Der Manager habe umfassend Versäumnisse bei der ordnungsgemäßen Buchführung des von ihm geleiteten Unternehmens eingeräumt. Schon frühzeitig habe ein Insolvenz-Risiko bestanden, wegen unterschiedlicher Einschätzungen der Lage durch externe Berater habe man sich jedoch nicht für eine Anmeldung entschlossen. Falls das Gericht die Einlassung als Geständnis werte, käme Koch um eine Freiheitsstrafe herum, schreibt das Handelsblatt (Jürgen Flauger/Sönke Iwersen), eine etwaige zivilrechtliche Inanspruchnahme des Managers bleibe hiervon jedoch unberührt.

Nach dem Bericht der FAZ (Helmut Bünder) ist die Staatsanwaltschaft auch bei dem mitangeklagten Vorstandsvorsitzenden Klaus Bath zu einer Verständigung bereit. Unter der Voraussetzung eines umfassenden Geständnisses drohten diesem dann weniger als drei Jahre Freiheitsstrafe.

AG Augsburg – Verwandtenaffäre: Vor dem Amtsgericht Augsburg muss sich der ehemalige CSU-Fraktionschef im bayerischen Landtag, Georg Schmid, ab März wegen des Vorwurfs des Sozialbetrugs und der Steuerhinterziehung verantworten. Durch die langjährige Beschäftigung seiner Ehefrau als Scheinselbständige soll der Politiker den Sozialkassen mindestens 340.000 Euro vorenthalten haben, schreibt die SZ in ihrem Bericht im Bayern-Teil. Der Fall gelte als der prominenteste der sogenannten Verwandtenaffäre des Regionalparlaments.

AG Hannover zu Abschiebehaft: Die taz (Christian Rath) berichtet über einen Beschluss des Amtsgerichts Hannover, nach dem die Verhängung einer Abschiebehaft gegenüber einem illegal Aufhältigen und bereits mehrfach Abgeschobenen rechtswidrig ist. Zwar sehe die EU-Rückführungsrichtlinie die Maßnahme vor, um bei Fluchtgefahr die geplante Abschiebung sicherzustellen. Eine gesetzliche Definition der Voraussetzungen dieser Fluchtgefahr existiere jedoch in Deutschland im Widerspruch zur Richtlinie nicht. Der Beitrag prognostiziert daher bis zu einer für den Sommer vorgesehenen gesetzlichen Regelung ein weitgehendes Aus für die Abschiebehaft.

Mietrechtsstreitigkeiten: Die SZ (Catrin Gesellensetter) macht in ihrem Geld-Teil einen Trend, in zivilrechtlichen Mietstreitigkeiten auch höchstpersönliche Lebensbereiche zu thematisieren, aus. Nachdem viele Sachfragen, etwa zu Kinderlärm oder Haustierhaltung, höchstrichterlich geklärt seien, sorgte eine durch vermehrten Abschluss von Rechtsschutzversicherungen erhöhte Klagebereitschaft dafür, dass auch Fragen zur Verrichtung der Notdurft vor der Gerichtsöffentlichkeit erörtert würden, wie jüngst in einem vom Amtsgericht Düsseldorf entschiedenen Fall. In diese Auseinandersetzungen über persönliche Freiheiten passten auch zahlreich anhängige Fälle zu behaupteten Belästigungen durch Zigarettenrauch.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 3. Februar 2015: Geld für fehlenden Kita-Platz – Deals für Teldafax-Pleitiers? – Aus für Abschiebehaft . In: Legal Tribune Online, 03.02.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14556/ (abgerufen am: 01.07.2024 )

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