Der Skandal um manipulierte Organspendedaten an der Uniklinik Leipzig beschäftigt nun auch die Staatsanwaltschaft, die Vorermittlungen aufgenommen hat. Außerdem in der Presseschau: Bestrebungen um schärfere Korruptionsvorschriften gegen niedergelassene Ärzte, eine große Amnestie in Tschechien und warum Feuerwerkskörper im Dixie-Klo ein ganz schlechter Scherz sind.
Organspendeskandal: Nach Berichten der FAZ (Andreas Mihm) und der taz (Heike Haarhoff) prüft die Staatsanwaltschaft Leipzig wegen des Skandals um die Manipulation von Patientendaten bei Lebertransplantationen an der Uniklinik Leipzig, ob genug Gründe für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens vorliegen. Wegen manipulierter Krankenakten im Zusammenhang mit Organtransplantationen in Kliniken in Göttingen und Regensburg ermittele die jeweils zuständige Staatsanwaltschaft laut FAZ (Stefan Locke) bereits wegen Bestechlichkeit sowie wegen fahrlässiger Tötung an Patienten, die möglicherweise wegen der Manipulation kein Spenderorgan erhalten hätten, es aber dringender benötigt hätten.
Die SZ (Nina von Hardenberg/Christina Berndt) beschreibt die derzeitige Kontrollpraxis von Transplantationszentren: Anders als in der Novelle des Transplantationsgesetzes vom vorigen Jahr angedacht, habe der Manipulationsskandal in Göttingen zu regelmäßigen, unangekündigten Kontrollen geführt.
Weil erst ein Viertel der Transplantationszentren kontrolliert worden sei, erwartet Andreas Mihm (FAZ) kein Ende im dem Organspendeskandal. Christina Berndt (SZ) schlägt vor, Transplantationszentren bei entsprechendem Fehlverhalten die Lizenz zu entziehen, wie es in den USA praktiziert werde. Matthias Kamann (Die Welt) spricht sich dafür aus, die Kontrolle der Organvergabe der ärztlichen Selbstverwaltung zu entziehen und einer neutralen Instanz zu übertragen, die nicht unbedingt der Staat sein müsse.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Korruption bei Ärzten: Nach Berichten unter anderem der SZ (Nina von Hardenberg) und des Handelsblatts (Dietrich Creutzburg) prüft Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr strengere Regeln gegen Korruption bei niedergelassenen Ärzten, wenn diese etwa für das Verordnen von Medikamenten Geld oder Geschenke annehmen. Hintergrund ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem vergangenen Jahr, wonach niedergelassene Ärzte als Freiberufler nicht wegen Bestechlichkeit strafbar sein können. Wie die taz berichtet, sprächen sich die Krankenkassen wie auch die CDU für eine eigene strafrechtliche Regelung aus.
Tim Szent-Ivanyi (FR) meint, das vorhandene ärztliche Berufsrecht sei eine stumpfe Waffe, und fordert, der Gesetzgeber müsse handeln, um die durch das Urteil des BGH aufgedeckte Gesetzeslücke zu schließen.
Parteispenden und Transparenz: Aus Anlass der Veröffentlichung der Jahresübersicht der Großspenden von Unternehmen an Parteien durch den Bundestag fordert Detlef Esslinger (SZ) mehr Transparenz bei der Veröffentlichung von Parteispenden: "Schärfere Vorschriften, was die Veröffentlichung betrifft, müssen wohl sein."
Schöffenwesen: Weil viele Kommunen für das Jahr 2014 wieder nach Schöffen für die dann beginnende Amtsperiode suchen, befasst sich Jens Kahrmann auf lto.de mit den Mängeln bei der Ausgestaltung des Schöffenwesens in Deutschland. Dabei widmet er sich unter anderem dem Schöffenwahlsystem sowie der Vereinbarkeit von Schöffenamt und Berufstätigkeit.
Digitale Ermittlungsmaßnahmen: Matthias Monroy bespricht auf netzpolitik.org einen Aufsatz des Strafrechtswissenschaftlers Tobias Singelnstein zu Ermittlungsmaßnahmen im Bereich der Telekommunikation, der Datenbeschlagnahme und der Datenverarbeitung. Angesichts neuer Erscheinungsformen digitaler Kommunikation seinen nun "wahre Ströme ganz verschiedener Daten überwachbar". Singelnstein beschäftige sich mit der Frage, ob die Strafprozessordnung hierfür überhaupt ausreichend Regelungen trifft.
Weitere Themen - Justiz
Rechtliche Gleichstellung Homosexueller: Die FR (Mira Gajevic) führt ein Interview mit dem Vorstandsmitglied des Lesben- und Schwulenverband Deutschlands (LSVD) und früheren Bundesanwalt am Bundesgerichtshof (BGH) Manfred Bruns über die weitere rechtliche Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften. Nicht nur im Fall des Ehegattensplittings, sondern auch beim Adoptionsrecht für eingetragene Lebenspartnerschaften erwartet Bruns in den kommenden Jahren vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Urteile zugunsten Homosexueller.
BFH zur Steuerpflicht von Betreuern: Nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) müssen vom Amtsgericht bestellte Betreuer keine Steuern auf Entschädigungen zahlen, die sie vor 2011 erhalten haben. Die SZ und lto.de fassen die Entscheidung zusammen.
LG Berlin – Menschenhandel mit Voodoo-Schwur: Gestern hat vor dem Landgericht (LG) Berlin ein Prozess gegen sechs Männer nigerianischer Herkunft wegen Menschenhandels begonnen. Nach Schilderung der taz (Uta Eisenhardt) sei eine der zur Prostitution gezwungenen Frauen mit einem Voodoo-Schwur erpresst worden, den sie vor ihrer Abreise nach Deutschland in Nigeria habe ablegen müssen.
VG Neustadt zu Seitensprungagentur: Das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt hat laut lto.de ein Verbot aufrechterhalten, wonach einem mehrfach vorbestraften Mann untersagt wurde, eine Seitensprungagentur zu betreiben. Es handele sich insbesondere wegen der höchstpersönlichen Kundendaten, die missbräuchlich verwendet werden könnten, um ein besonders überwachungsbedürftiges Gewerbe.
AG München zu Paulchen-Panther-Lied: Zwei Neonazis sind nach einem Bericht der taz vom Amtsgericht (AG) München vom Vorwurf freigesprochen worden, die Morde des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) durch Abspielen des Paulchen-Panther-Lieds auf einem Naziaufmarsch gebilligt zu haben. Das Lied ist auch Bestandteil des Bekennervideos des NSU. Weil sich die Angeklagten nach dem Abspielen von den Morden der NSU distanziert hätten, liege keine Straftat vor. Den Ablauf des Prozesses schildert die SZ (Katja Riedel).
Weitere Themen – Recht in der Welt
Tschechien – Amnestie für Häftlinge: Die SZ (Klaus Brill) meldet, dass der scheidende tschechische Präsident Vaclav Klaus fast ein Drittel aller Männer und Frauen, die derzeit in tschechischen Gefängnissen sitzen, begnadigt hat. Weil auch einige dubiose Fälle darunter seien, werde in vielen Fällen auch mit Kontroversen über die Freilassung gerechnet.
Österreich – T-Mobile gegen Hutchison: Nach Meldung des Handelsblatts hat der österreichische Mobilfunkbetreiber T-Mobile vor dem Verwaltungsgerichtshof Beschwerde gegen die Neuverteilung der Mobilfunkfrequenzen im Zuge der Übernahme des Konkurrenten Orange durch Hutchison eingelegt.
Indien – Vergewaltigungsprozess: Nach Berichten der FAZ (Christoph Hein) soll heute die Anklageschrift gegen die mutmaßlichen Vergewaltiger der verstorbenen indischen Studentin vorgelegt werden. Den fünf volljährigen der sechs Angeklagten drohe die Todesstrafe, da sie wegen Mordes angeklagt würden. Normalerweise dauere es in Indien Monate oder Jahre, bis ein Prozess gegen Vergewaltiger in Gang komme.
Portugal – Sparhaushalt: Der portugiesische Präsident Cavaco Silva will den Sparhaushalt des Landes für 2013 dem Verfassungsgericht zur Prüfung vorlegen. Er zweifle, ob Gerechtigkeitsgrundsätze der Verfassung beachtet worden seien, so die SZ (Sebastian Schoepp).
Ägypten – Herabwürdigung des Präsidenten: Auf einen ägyptischer Satiriker kommt laut FAZ (Christoph Ehrhardt) eine Untersuchung des ägyptischen Generalstaatsanwalts wegen Herabwürdigung des Staatchefs zu. In seiner Show hatte er den ägyptischen Präsidenten Mursi unter anderem als "Supermursi" tituliert.
Sonstiges
Wem gehört Bauhaus: Die SZ (Markus Zehentbauer) befasst sich im Feuilleton mit den Markenrechten am Namen "Bauhaus". Anlass ist eine Unterlassungserklärung, die ein junges Designlabel gegenüber der Baumarktkette Bauhaus hinsichtlich der Verwendung des Namens abgeben musste. Es handele sich um einen wohl einzigartigen Fall, dass ein kapitaler kulturhistorischer Begriff gleichzeitig mit einer Unternehmensmarke dieser Größenordnung besetzt sei.
Das Letzte zum Schluss
Schlechter Scherz: Das Arbeitsgericht (ArbG) Krefeld hat die fristlose Kündigung eines Gerüstbauers gebilligt, der einen Feuerwerkskörper in einer Dixie-Toilette zur Explosion gebracht hatte, wodurch ein Kollege Verbrennungen erlitt. Der Arbeiter habe argumentiert, es handele sich um einen auf Baustellen üblichen Scherz, so die Rheinische Post.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
(Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen epaper des jeweiligen Titels.)
lto/js
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 3. Januar 2013: Ermittlungen im Organspendeskandal – Korruptionsvorschriften für Ärzte – Böller im Dixie-Klo . In: Legal Tribune Online, 03.01.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7892/ (abgerufen am: 30.06.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag