Kurz vor der Diskussion im Rechtsausschuss des Bundestages wurde ein Gutachten geleakt, das die deutschen Strafvorschriften gegen Abgeordnetenbestechung für zu schwach hält. Außerdem in der Presseschau: ein Jagdrecht für Ökos, Punkte in Flensburg und was ein Platz in Braunschweig mit dem Frankfurter Auschwitz-Prozess zu tun hat.
Abgeordnetenbestechung: netzpolitik.org (Andre Meister) veröffentlicht ein im Jahr 2008 vom wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestags erstelltes Gutachten, das die strafrechtliche Ausgestaltung der Abgeordnetenbestechung (§ 108e StGB) als "praktisch bedeutungslose, ‚symbolische Gesetzgebung’ " bezeichnet. Damit auch Deutschland die UN-Konvention gegen Korruption von 2003 ratifiziere, sei Druck auf die Abgeordneten vor der Sitzung des Rechtsausschusses des Bundestags am 17. Oktober erforderlich.
Auf blog.beck.de fragt Juraprofessor Henning Ernst Müller im Zusammenhang mit der anstehenden Neuformulierung: "Wer tritt auf die Bremse?" und bringt Links zu den Gesetzentwürfen der Grünen, der Linkspartei und der SPD.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Keine strengen Regeln für Wirtschaftsprüfer: Laut FTD (Isabel Gomez) sei es den Wirtschaftsprüfern gelungen, alle vom EU-Kommissar für den Binnenmarkt Michel Barnier initiierten Regeln für die Branche abzuschmettern. Insbesondere die vorgesehene Trennung von Prüfung und Beratung sei aufgegeben worden.
Auch die FAZ (Georg Giersberg) beschäftigt sich in ihrem Wirtschaftsteil mit den Interessenkonflikten und gibt einen Überblick über die wirtschaftliche Situation bei den größten Wirtschaftsprüfungsunternehmen.
Streit um Basel III: Über den Streit zwischen der EU-Kommission und dem Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht über die Qualität des Eigenkapitals und weiterer Vorgaben des Basel III-Abkommens zur Regelung des Eigenkapitals von Banken berichtet die FTD (Mark Schrörs).
Elektronischer Rechtsverkehr: Im Handelsblatt berichtet Rechtsanwalt Marcus Creutz über die Initiative von sechs Bundesländern zur Schaffung eines Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs, das auf Papierreduzierung in den Gerichtsbehörden zielt. Der Bundesrat werde sich voraussichtlich am 12. Oktober mit diesem Vorhaben beschäftigen.
Ökologisches Jagdrecht NRW: Dem Vorhaben der nordrhein-westfälischen Landesregierung, durch ein ökologisch ausgerichtetes neues Jagdrecht einen "Paradigmenwechsel hin zur Nachhaltigkeit" zu erreichen, steht Reiner Burger (FAZ) skeptisch gegenüber. Er lässt vor allem Gegner des Vorhabens zu Wort kommen, die am Vorhaben des grünen Umweltministers Johannes Remmel wenig Gutes finden.
Staatsziel Sport: In einem Beitrag für lto.de lehnt Rechtsanwalt Markus H. Schneider es ab, den Sport als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern. Dies gefährde die Autonomie des Sports und sei daher "ein Eigentor".
Beschneidung: Die vom Bundesjustizministerium vorgesehene Regelung zur religiösen Beschneidung wird nach wie vor kritisiert. Die SZ (Karoline Meta Beisel) stellt die Positionen der Kinderhilfe vor ("handwerklich schlecht gemachter Schnellschuss").
zeit.de (Till Schwarze) hat den Juristen Reinhard Merkel interviewt. Das Mitglied des Ethikrats bezeichnet den Gesetzesentwurf wegen der fehlenden Pflicht zur Anästhesie und dem fehlenden Vetorecht des Kindes als "kläglich".
Weitere Themen – Justiz
BVerfG zu ESM: Das Handelsblatt (Thomas Hanke) zitiert aus einem Interview der französischen Tageszeitung Le Monde mit dem Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Andreas Voßkuhle über das ESM-Verfahren. Es sei fraglich, ob das Urteil in der Hauptsache noch wie geplant im Herbst 2012 gefällt werden kann.
Keine Kürzungen für Asylbewerber: Gegen die Praxis bayerischer Landkreise, Asylbewerbern die Leistungen zu kürzen, wenn sie in Sammelunterkünften wohnen, geht die Bayerische Staatsregierung vor, berichtet die taz (Marlene Halser / Bernd Kramer). Hintergrund sei die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Neuberechnung der Sätze im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes.
BGH zu Kündigung wegen Eigenbedarfs: Über die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, derzufolge ein Wohnungseigentümer Eigenbedarf auch für die Einrichtung eines Büros geltend machen könne, spricht die FTD (Katharina Peuke) auf ihrer Recht-Seite mit der Rechtsanwältin Simone Weber. Mit einer Kündigungswelle, so die Juristin, sei nicht zu rechnen.
EGMR – Adoptionen gleichgeschlechtliche Partnerschaften: Die SZ (Wolfgang Janisch) bringt einen Vorbericht zur für Mittwoch anberaumten Verhandlung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Das Straßburger Gericht verhandelt über den Fall eines lesbischen Paares aus Österreich.
Bayerischer Verfassungsgerichtshof – GEZ: Die FTD (Benno Stieber) berichtet auf ihrer Recht-Seite über die Klage des Passauer Rechtsassessors Ermano Geuer gegen die geplante Gebührenordnung für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten. Der Kläger hält die ab 2013 vorgesehenen Einheitsgebühren für verfassungswidrig.
Wirtschaftskanzleien: Über die boomende Nachfrage für die Leistungen von Wirtschaftskanzleien schreibt im Handelsblatt Ulrike Barth, die Redakteurin beim Internetportal für Wirtschaftsanwälte Juve Rechtsmarkt ist.
Hamburg zahlt Haftentschädigungen: Das Bundesland Hamburg habe im Jahr 2011 etwa 115.000 Euro an Haftentschädigung bezahlt, berichtet welt.de (Julia Seifert).
JVA Werl: Focus (Tim Pröse) berichtet über einen Besuch im Hochsicherheitsgefängnis Werl/Nordrhein-Westfalen. Zu Wort kommt auch der Direktor Michael Skirl, der über den Gladbecker Geiselnehmer Dieter Degowski sagt: "Menschlich ist er eine Null."
Weitere Themen – Recht in der Welt
Russland – Pussy Riot: Wie die taz (Klaus-Helge Donath) berichtet, wurde die Berufungsverhandlung gegen Pussy Riot verschoben, weil die Angeklagte Jekaterina Samuzewitsch sich von ihrem Anwalt getrennt habe.
spiegel.de (Benjamin Bidder) beschreibt die öffentliche Reaktion auf den Prozess und die Reaktionen und Intepretationen von Unterstützern und christlich-orthodoxen Gegnern.
England – Anklage gegen Martyn Dodgson: Das Handelsblatt (Michael Maisch) berichtet über die Anklage der britischen Börsenaufsicht Financial Services Authority (FSA) gegen Martyn Dodgson wegen des Verdachts des Insiderhandels. Dem zum Zeitpunkt seiner Festnahme 2010 als Managing Director der Deutschen Bank in England tätigen Mann wird Insiderhandel zur Last gelegt. Er soll zusammen mit anderen mehr als drei Millionen Pfund verdient haben.
Die SZ (Andreas Oldag) meint, die Anklage seien für die Deutsche Bank deshalb von Brisanz, weil Dodgson zu jener Zeit bei dem Kreditinstitut beschäftigt gewesen sei, als der derzeitige Konzernchef Anshu Jain das Investmentbanking in London geleitet hatte.
Das Letzte zum Schluss
Fritz Bauer in Braunschweig: Wie FAZ (Robert von Lucius) berichtet, wurde zur Würdigung des früheren niedersächsischen Generalstaatsanwalts Fritz Bauer in Braunschweig ein innerstädtischer Platz unmittelbar vor dem Landgerichtsgebäude nach ihm benannt. Nach seiner Zeit in Braunschweig war Bauer hessischer Generalstaatsanwalt und bereitete in dieser Funktion den Auschwitz-Prozess in Frankfurt/Main vor.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
(Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen epaper des jeweiligen Titels.)
lto/ro
(Hinweis für Journalisten) Hinweis für Journalisten
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage
Die juristische Presseschau vom 2. Oktober 2012: Abgeordnetenbestechung im Rechtsausschuss – Basel III im Streit – Pussy Riot in Berufung . In: Legal Tribune Online, 02.10.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7221/ (abgerufen am: 18.07.2024 )
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