Die juristische Presseschau vom 24. Juni 2015: "Flohzirkus" Juristenausbildung – Kritik an Schleierfahndung – Knöllchen für Kunst

24.06.2015

Justiz

EuGH - "AGG-Hopping": Das Bundesarbeitsgericht hat vergangene Woche dem Europäischen Gerichtshof einen "AGG-Hopping"-Fall zur Vorabentscheidung vorgelegt. Anlässlich der Vorlage erklärt der Rechtsanwalt Martin Diller in der FAZ die Vorgehensweise von "AGG-Hoppern". Insbesondere die Beweislastumkehr bei Diskriminierungen im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes sowie die Kostenregelungen der Arbeitsgerichtsbarkeit machten das "AGG-Hopping" attraktiv.

OLG München – NSU: Am 212. Verhandlungstag sagte ein Zeuge des Überfalls auf einen Chemnitzer Supermarkt im Jahr 1998, welcher dem NSU-Trio angelastet wird, aus. Dieser gab an, den Tätern gefolgt zu sein, bis sie auf ihn schossen; allerdings könne er sie nicht eindeutig identifizieren. Die Stimme eines Täters sei "hoch und hell" gewesen. Der Zeuge gab zudem an, drei Täter gesehen zu haben – die Bundesanwaltschaft ging bislang davon aus, dass Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos die Tat zu zweit begangen haben. Die Verhandlung wurde wegen Zahnschmerzen der Hauptangeklagten Beate Zschäpe vorzeitig beendet, so spiegel.de (Björn Hengst).

StA Berlin – Ahmad Mansour: Unter dem Titel "Schlamperei oder Komplott" legt die taz (Christian Rath) dar, welche Informationen den Regierungsstellen zu Ahmad Mansour vorlagen und prüft etwaige Fehler, denen sie wohl im Hinblick auf dessen Festnahme unterlagen. Die Anwälte Mansours erklärten, sie könnten die Festnahme juristisch nachvollziehen, sähen es allerdings kritisch, dass in Deutschland überhaupt nach ihrem Mandanten gefahndet wurde. So hatte Interpol den Haftbefehl zwar weitergeleitet, allerdings zeitnah erklärt, dass das Fahndungsersuchen Ägyptens gegen das Verbot der politischen Strafverfolgung verstoße – diese Information lag auch deutschen Ämtern vor. Auch die SZ (Nico Fried/Ronen Steinke) befasst sich mit der Festnahme Mansours. Dieser mutmaße, dass politische Motive seine Festnahme bedingt haben. Die Bundesregierung hingegen habe erklärt, dass es vor der Inhaftierung keinen Kontakt mit ägyptischen Behörden und keinen Grund gab, eine politische Verfolgung Mansours zu vermuten. Mansours Anwälte betonten, die juristische Prüfung nach der Festnahme sei "schnell, angemessen und korrekt verlaufen", so die SZ.

Christian Rath (taz) konstatiert, die Festnahme Mansours sei entweder auf "systemische Probleme im deutschen Fahndungs- und Auslieferungsrecht" zurückzuführen oder auf die "Willfährigkeit gegenüber der ägyptischen Regierung". Angesichts der Unterlagen, die den deutschen Regierungsstellen vorlagen, sei es "mit den Händen zu greifen" gewesen, dass es sich um eine politische Strafverfolgung handelte. Besonders bedenklich, sei, dass Mansour bis vergangenen Samstag unbehelligt in Deutschland ein- und ausreisen konnte – dies weise darauf hin, dass es sich bei der Festnahme nicht um einen "Automatismus" gehandelt haben kann. In einem Videobeitrag erklärt Heribert Prantl (süddeutsche.de), welche Lehren aus der Festnahme Mansours zu ziehen sind. Der Fall habe die "eklatanten Schwächen des internationalen Strafrechts" aufgezeigt. Prantl betont, Deutschland hätte den Haftbefehl nicht vollziehen müssen.

Jahrestagung von OLG, KG und BGH: Die FAZ (Reinhard Müller) informiert anlässlich der 67. Jahrestagung der Präsidenten der Oberlandesgerichte, des Kammergerichts sowie des Bundesgerichtshofs darüber, welche Maßnahmen diese sich zur Verbesserung der deutschen Justiz vorstellen könnten. Die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte war ebenso Thema, wie eine Strafrechtsreform, die das Strafverfahren optimiert und "praxistauglicher" gestaltet.

"Roboterjurist": Könnte künstliche Intelligenz die Rechtsberatung durch Anwälte ersetzen? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Rechtsanwältin Susanne Reinemann auf anwaltskommunikation.de.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 24. Juni 2015: "Flohzirkus" Juristenausbildung – Kritik an Schleierfahndung – Knöllchen für Kunst . In: Legal Tribune Online, 24.06.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15968/ (abgerufen am: 03.07.2024 )

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