Die juristische Presseschau vom 4. Februar 2015: EuGH und Hartz IV – Mehr Anti-Terror-Strafrecht – Thomas Fischer zu Sexualstrafrecht

04.02.2015

Der EuGH wird entscheiden müssen, ob die Verweigerung von Hartz IV auch bei Zuwanderern legitim ist, die zur Arbeitssuche kamen. Außerdem in der heutigen Presseschau:  Das Anti-Terror-Strafrecht wird verschärft, Thomas Fischer über ausreichendes Sexualstrafrecht, keine Anklage gegen Özdemir wegen BtMG-Verstoß, aber Anklage im Fall Tuğçe, kein Völkermord an Serben und Kroaten und mit welchen Anliegen man Polizisten wohl lieber nicht behelligen sollte.

Thema des Tages

EuGH - Hartz IV: Im November 2014 hatte der Europäische Gerichtshof entschieden, dass Deutschland an arbeitslose EU-Zuwanderer keine Hartz-IV-Leistungen zahlen muss, wenn die Betroffenen lediglich wegen der Sozialleistungen eingewandert seien. Seit dem gestrigen Dienstag wird nun vor dem EuGH der Fall Alimanovic verhandelt – hier wird zu entscheiden sein, ob die Verweigerung von Hartz-IV- Leistungen auch berechtigt ist, wenn der Zuwanderer zur Arbeitssuche nach Deutschland gekommen ist. Es wird zu klären sein, ob ausländische Arbeitssuchende bei Leistungen, welche mit dem Arbeitsmarkt zusammenhängen, gegenüber Inländern benachteiligt werden dürfen. Daher stelle sich die Frage, ob Hartz IV der bloßen Existenzsicherung diene oder vielmehr eine Hilfe zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt darstelle. Die SZ (Wolfgang Janisch) schildert den Fall und mögliche Antworten auf besagte Frage.

Rechtspolitik

Anti-Terror-Strafrecht: Am heutigen Mittwoch soll das Anti-Terror-Strafrecht verschärft werden. So sollen künftig Reisen in ein Krisengebiet und auch deren Versuch bestraft werden, wenn das Ziel "eine schwere staatsgefährdende Gewalttat" oder eine entsprechende Ausbildung sei. Des Weiteren solle ein eigener Straftatbestand für die Terrorismusfinanzierung eingeführt werden, welcher mit dem Wegfall der bisher bestehenden "Erheblichkeitsschwelle" einher gehe. Dies berichten die taz (Christian Rath), die FAZ (Eckart Lohse), die SZ ( Robert Rossmann) und die BerlZ (Christian Bommarius).

Christian Bommarius (BerlZ) moniert in einem separaten Kommentar, es handele sich lediglich um ein Symbol der "Ratlosigkeit im Kampf gegen den Terror". Die Bundesregierung verkaufe eine Maßnahme im Anti-Terror-Kampf, welche weder theoretisch noch praktisch als sinnvoll erachtet werden kann. Auch Heribert Prantl (SZ) kritisiert die geplante Regelung, er sieht im neuen Anti-Terror-Strafrecht eine "repressive Prävention – und diese auf die irrwitzige Spitze getrieben". Er kritisiert, der neue Straftatbestand, welcher die Ausreise von mutmaßlichen Terroristen in ein "verdächtiges Land" kriminalisieren soll, knüpfe entgegen strafrechtlichen Prinzipien bereits an eine harmlose angebliche Vorbereitungshandlung an.

Reform des Sexualstrafrechts: Braucht das deutsche Strafrecht eine Ergänzung zum Schutz der sexuellen Selbstbestimmung? Der Bundesrichter Thomas Fischer berichtet auf zeit.de von seinen Erfahrungen als Sachverständiger im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz im Deutschen Bundestag, welcher sich mit dieser Frage im Zusammenhang mit der Umsetzung einer entsprechenden Konvention des Europarates befasste. Fischer legt ausführlich dar, weshalb eine etwaige Schutzlücke seiner Ansicht nach nicht bestehe und moniert, dass eine Verschärfung des Strafrechts auch die Beschränkung von Freiheitsrechten bedinge.

Die Krux der Syndikusanwälte: Anlässlich des geplanten Gesetzentwurfes zur Rentenversicherung von Unternehmensjuristen berichtet die FAZ (Corinna Budras) über deren Nachteile gegenüber den "Kollegen in den Kanzleien" und über Reaktionen auf die entsprechenden Urteile des Bundessozialgerichts. So meint der Zivilrechtsprofessor Hanno Merkt, "das Bild, das sich die Richter von Hausjuristen machten", sei "völlig veraltet". Die geplante Regelung soll Unternehmensjuristen von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreien und die Nutzung des berufsständischen Versorgungswerks ermöglichen.

Kirchenasyl: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge will künftig Flüchtlinge im Kirchenasyl als "untergetaucht" behandeln – mit der Folge, dass eine Abschiebung in die EU-Ersteinreiseländer bis zu 18 Monate lang möglich ist. Die SZ (Heribert Prantl) schildert ausführlich die derzeitige "Kirchenasyl-Bewegung", denn immer mehr Kirchengemeinden wollen Flüchtlingen durch Kirchenasyl als "ultima ratio" "Schutz und Hilfe" zukommen lassen. Sie sähen hierin keinen "Bruch des Rechts", sondern eine "lebendige Petition im Sinn des Artikels 17 Grundgesetz".

Mindestlohn und Europarecht: Der Professor i. R. für europäisches Arbeitsrecht Wolfgang Däubler erklärt auf lto.de ausführlich, weshalb der Mindestlohn für Transitfahrer durch Deutschland seines Erachtens nach anwendbar und europarechtskonform ist.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 4. Februar 2015: EuGH und Hartz IV – Mehr Anti-Terror-Strafrecht – Thomas Fischer zu Sexualstrafrecht . In: Legal Tribune Online, 04.02.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14572/ (abgerufen am: 03.07.2024 )

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