Ab Mai 2018 gilt die DSGVO, noch lange nicht alle Unternehmen sind vorbereitet. Außerdem in der Presseschau: Eine Ärztin wird wegen der Werbung für Abtreibungen verurteilt und es besteht kein Anspruch nach einem wilden Pilotenstreik.
Thema des Tages
Datenschutzreform ante portas: Die Montags-FAZ (Hendrik Wieduwilt) beleuchtet die Vorwirkungen, die die Datenschutzreform, die im kommenden Jahr in Kraft tritt, bereits jetzt hat. Während insbesondere größere Unternehmen angeben, bereits gut gerüstet zu sein, werden zahlreiche andere Firmen es nach eigenen Angaben nicht schaffen, die gesetzlichen Vorgaben fristgerecht umzusetzen. Die Gesetzesänderungen betreffen nicht nur Unternehmen im digitalen Bereich, sondern all jene, die personenbezogene Daten verarbeiten. Entsprechend hoch sei der Bedarf an externen Experten, insbesondere an Rechtsanwälten mit einschlägiger Expertise, heißt es im Bericht. Tim Wybitul erinnert in der Samstags-FAZ daran, dass auch Betriebsvereinbarungen an das neue Recht angepasst werden müssen.
Rechtspolitik
Familiennachzug: Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZKD), Thomas Sternberg hat sich für die Möglichkeit des Familiennachzugs auch für subsidiär Schutzberechtigte ausgesprochen. Das Recht auf Familiennachzug dürfe nicht durch unzumutbare Hindernisse und Verzögerungen bei der Zusammenführung der Familien ausgehöhlt werden, sagte Sternberg laut einem Bericht der Samstags-FAZ (Daniel Deckers).
Justiz
AG Gießen zu Werbung für Abtreibungen: Das Amtsgericht Gießen hat eine Ärztin zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen à 150 Euro verurteilt, weil sie auf ihrer Internetseite darauf hinweist, dass in der Praxis auch Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden. U.a. die Samstags-taz (Dinah Riese), Samstags-FAZ (Sarah Kempf) und lto.de (Pia Lorenz) berichten über die mündliche Verhandlung und die Entscheidung. Spiegel.de (Silke Focken) fasst die wichtigsten Fragen und Antworten zum Verfahren zusammen. Bereits am Tag vor der Verhandlung hatten Frauenrechtler gegen den einschlägigen § 219a StGB, der das Anbieten, Ankündigen und Anpreisen von Schwangerschaftsabbrüchen unter Strafe stellt, protestiert. Der Deutsche Ärztinnenbund und der Deutsche Juristinnenbund forderten die Abschaffung des Paragrafen, weil er das Recht auf freie Arztwahl unzumutbar einschränke. In der Samstags-FAZ (Sarah Kempf) wird der Regensburger Rechtsprofessor Martin Löhnig zitiert, der auf den Widerspruch hinweist, dass die Werbung für etwas strafbar sei, was selbst gar nicht strafbar ist. Er erinnert auch an die Geschichte der Norm, die erstmals durch die Nazitionalsozialisten eingeführt wurde. Die betroffene Ärztin selbst hat eine Online-Petition zur Abschaffung gestartet, die laut Samstags-FAZ bis Freitag bereits 120.000 Personen unterzeichnet hatten. Die Ärztin hat, wie die Samstags-SZ (Oliver Klasen) meldet, am Freitag bereits angekündigt, Rechtmittel einzulegen.
Meredith Haaf (Samstags-SZ) kritisiert, dass in Deutschland der Schwangerschaftsabbruch immer noch in die Nähe der Straftat – in die Schattenwelt des Halblegalen – gerückt werde. Der Paragraf 219a StGB erschwere Frauen in Notlage den Zugang zu Informationen und schade der gesamten Gesellschaft, so die Autorin. Für Jost Müller-Neuhof (Tsp) ist das Urteil richtig, das Gesetz aber falsch. Er meint, dass es berechtigte Gründe für ein Werbeverbot, nicht aber für ein Verbot des bloßen öffentlichen Anbietens und Ankündigens gebe. Sollte es den Gerichten nicht möglich sein, den Tatbestand hier einschränkend auszulegen, müsse der Gesetzgeber ran, so Müller-Neuhof.
LG Stuttgart – Schlecker-Verfahren: Am Montag soll das Urteil gegen den ehemaligen Drogeriekettenbesitzer Anton Schlecker fallen. Die FAS (Corinna Budras) erläutert, inwieweit sich die kürzlich erfolgte Zahlung von vier Millionen Euro strafmildernd auswirken könnte.
BVerfG zum Untersuchungszwang vor Namens- und Personenstandsänderung nach TSG: Laut lto.de hat das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde einer transsexuellen Person nicht zur Entscheidung angenommen, die sich gegen die Versagung ihres Namens- und Personenstandswechsels nach dem Transexuellengesetz (TSG) wehrte. Sie wandte sich insbesondere gegen das Erfordernis von zwei voneinander unabhängigen Sachverständigengutachten, die zuvor eingeholt werden müssen. Das Karlsruher Gericht verneinte ein Rechtsschutzbedürfnis und verwies auf eine frühere Entscheidung in der bereits festgestellt wurde, dass das das Erfordernis der Gutachten nicht auf der Annahme beruhe, Transsexualität sei ein krankhafter Zustand oder eine psychische Störung.
LG Hannover zum Schadensersatz nach "wildem" Pilotenstreik: Das Landgericht Hannover hat den Schadensersatzanspruch eines Flugpassagiers zurückgewiesen, der von einer Flugannulierung im Oktober 2016 betroffen war. Seinerzeit waren zahlreiche Flüge ausgefallen, weil sich Besatzungsmitglieder massenhaft krank gemeldet hatten. Wie die Samstags-FAZ (Marcus Jung) berichtet, war das Gericht der Auffassung, dass es sich für TUI Fly um einen "außergewöhnlichen Umstand" gehandelt habe, der für das Unternehmen nicht beherrschbar gewesen sei.
LG Frankfurt zum Ausschluss eines israelischen Flugpassagiers von der Beförderung: Die Samstags-SZ (Ronen Steinke) fasst noch einmal die Entscheidungsgründe des Landgerichtes Frankfurt zusammen, mit der die Klage gegen die Fluggesellschaft Kuweit Air abgewiesen wurde. Geklagt hatte ein israelischer Staatsbürger, dem die Beförderung aufgrund seiner Staatsangehörigkeit versagt wurde. Das Landgericht meinte, dass von der Fluggesellschaft nicht verlangt werden könne, gegen kuweitisches Recht, das Firmen verbietet, Vereinbarungen mit israelischen Staatsangehörigen zu schließen, zu verstoßen.
BGH zum Vorpachtrecht: Eine Klausel über ein Vorpachtrecht muss ausreichend konkret gefasst sein. Das hat der Bundesgerichtshof kürzlich in einer Entscheidung festgestellt, über die lto.de und Samstags-FAZ (Hendrik Wieduwilt) berichten. Im zu entscheidenden Fall fehlten Angaben darüber, wie oft das Vorpachtrecht gelten soll und für welchen Zeitraum. Für den Verpächter seien die Nachteile und Belastungen daher nicht ausreichend erkennbar und er werde durch die Klausel somit unangemessen benachteiligt, so das Gericht.
LG Hamburg – Markenrechtsstreit um "Black Friday": Wie lto.de (Anja Hall) berichtet, hat die Medien- und IP-Holding Super Union das Internetunternehmen Amazon wegen Verletzung der Rechte an der für Super Union eingetragenen Marke "Black Friday" verklagt. Die Klage richtet sich u.a. auf Unterlassung der Markenrechtsverletzung und auf Schadensersatz für die bisherige Nutzung. Laut Super Union benutze Amazon die bereits seit 2013 eingetragene Wortmarke ungenehmigt, um eigene Verkaufsveranstaltungen bzw. Rabattaktionen auf verschiedenen Plattformen durchzuführen und zu bewerben. Im Falle einer Verurteilung drohen Amazon bei jeder Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot Ordnungsgelder von bis zu 250.000 Euro.
VG Köln zum Weiterbetrieb des Hambacher Tagebaus: Das Verwaltungsgericht Köln hat die Klage des BUND NRW e.V. gegen die Fortführung des Braunkohletagebaus Hambach durch die RWE Power AG abgewiesen, berichtet die Samstags-FAZ (Reiner Burger). Anders als die Kläger war das Gericht der Auffassung, dass der Rahmenbetriebsplan für die Jahre 2020 bis 2030 nicht gegen europäisches Recht verstößt.
Recht in der Welt
EU/Polen – Erosion des polnischen Rechtsstaates: Worum es in den Auseinandersetzungen zwischen der EU und Polen und insbesondere bei den aus Brüssel angedrohten Rechtsstaatsverfahren geht, beleuchtet die Montags-FAZ (Marlene Grunert). Dabei wird auch auf die Gefahren hingewiesen, die bei einer Vermischung von rechtlichen Sanktionsmaßnahmen und politischer Symbolik drohen könnten. Man riskiere den Vorwurf der Parteilichkeit, wenn man einen Mitgliedstaat mit rechtlichen Instrumenten politisch sanktionieren wolle, wird der polnische Politikwissenschaftler Ireneusz Pawel Karolewski zitiert.
EU/Polen – Strafandrohung vom EuGH: Rechtsprofessor Daniel Sarmiento befasst sich auf verfassungsblog.de in englischer Sprache mit dem Beschluss des Europäischen Gerichtshofes, in dem Polen erneut aufgefordert wird, die Abholzungen im Białowieża-Nationalpark einzustellen – diesmal allerdings mit der Androhung von Strafzahlungen.
Burma – Vertreibung der Rohingya: Von Menschenrechtlern fallen im Zusammenhang mit der systematischen Verfolgung der Rohingya und den dortigen Massakern immer öfter Begriffe wie ethnische Säuberungen, Völkermord und Genozid. Die Samstags-FAZ (Till Fähnders) versucht eine völkerrechtliche Einordung und kommt zu dem Schluss, dass zumindest Methoden angewandt werden, die an Völkermord erinnern.
Spanien – Sezession Kataloniens: Geoffrey Juchs untersucht auf juwiss.de die juristischen Implikationen des Beschlusses des katalanischen Parlamentes über die Unabhängigkeit der Region. Er vergleicht die Situation mit der Abspaltung des Kosovo, die innerhalb kurzer Zeit von anderen europäischen Staaten anerkannt wurde. Allerdings habe der frühere katalanische Präsident mit seiner Erklärung, die von Spanien angesetzten Neuwahlen im Dezember zu akzeptieren, faktisch das Scheitern des Sezessionsbeschlusses selbst bestätigt.
Südafrika – Oscar Pistorius: Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft hin, hat die zweite Instanz im Verfahren gegen den früheren Leistungssportler Oscar Pistorius das Strafmaß erheblich erhöht. In der ersten Instanz war Pistorius zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren wegen der Tötung seiner Freundin verurteilt worden. Diese Strafe wurde jetzt fast verdoppelt, auf 13 Jahre und fünf Monate Freiheitsstrafe, wie die Samstags-FAZ (Claudia Bröll) meldet.
Sonstiges
Neues FAZ-Angebot für Juristen: Die FAZ bringt ein neues Digitalprojekt auf den Markt. "F.A.Z. Einspruch" soll, so heißt es in der Ankündigung in der Montags-FAZ, juristische Expertise und Allgemeinwissen, Aktualität und Hintergrund vereinen. Es sollen sechs Ausgaben pro Woche erscheinen, die durch ein wöchentliches Magazin ergänzt werden. Die Beiträge werden von Redakteuren der FAZ und von Gastautoren verfasst.
Alternative Streitbeilegung online: Rechtsreferendarin Ann-Kristin Becker und der wiss. Mitarbeiter Nico Kuhlmann stellen auf lto.de die estnische Internetplattform jury.online vor, über die außergerichtlich Streitigkeiten beigelegt werden können. Die Entscheidungen treffen dabei Schiedsgerichte, die entweder mit zufällig ausgewählten oder durch die Parteien bestimmten Personen besetzt sind. Eine juristische Ausbildung ist nicht erforderlich. Entschieden wird anonym und, wenn es sein muss, durch mehrere Instanzen.
Drohnen und das Völkerrecht: Mit der Frage, ob der Einsatz autonomer Waffen, wie zum Beispiel Drohnen, mit dem Völkerrecht vereinbar ist, befasst sich die Samstags-FAZ (Morten Freidel). Voraussetzung dafür wäre, dass die Maschinen zwischen Zivilisten und Militärs und bei den Militärs zwischen feindlich Gesinnten und solchen, die sich ergeben wollen, unterscheiden können.
1970 - Landesverrat durch Kartoffel-Vernichtung: lto.de (Martin Rath) blickt auf eine Entscheidung des Reichsgerichtes zurück, mit der zwei belgische Arbeiter zu zehnjähriger Zuchthausstrafe verurteilt wurden, weil sie mehrere Kartoffelpflanzen ausgerissen hatten. Das Gericht warf ihnen Landesverrat vor, weil in der Vernichtung der Kartoffelpflanzen die Absicht erkennbar gewesen sei, die kriegsnotwendige Ernährung zu schwächen und damit der "feindlichen Macht Vorschub zu leisten".
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/pf
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 25. bis 27. November 2017: DSGVO wirft Schatten voraus / Strafe für Abtreibungswerbung / Kein Schadensersatzanspruch nach "wildem" Streik . In: Legal Tribune Online, 27.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25709/ (abgerufen am: 04.07.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag