Wer sein Facebook-Konto nicht sichert, haftet für einen Missbrauch. Außerdem in der Presseschau: CDU-Präsidium will nur teilweises Burka-Verbot und Niedersachen klagt nicht gegen VW.
Thema des Tages
OLG Frankfurt/M. zur Haftung für Facebook-Postings: Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass die Grundsätze der so genannten Halzband-Entscheidung des BGH zur missbräuchlichen Nutzung eines eBay-Kontos auch auf Facebook-Accounts übertragbar sind. Thomas Stadler (internet-law.de) weist auf die Entscheidung hin. Der Inhaber eines Facebook-Accounts kann sich danach nicht darauf berufen, dass sein Konto durch einen Anderen mißbräuchlich genutzt wurde. Der Kontoinhaber, der seine Zugangsdaten nicht hinreichend vor fremdem Zugriff gesichert habe, müsse sich so behandeln lassen, als habe er selbst gehandelt, wenn ein Dritter an die Zugangsdaten dieses Mitgliedskontos gelangt ist.
Rechtspolitik
Telekom-Richtlinie: Laut lto.de plant die EU-Kommission eine Überarbeitung der Telekom-Richtlinie. Dabei soll unter anderem festgelegt werden, wie Internetdienste wie WhatsApp oder Skype mit Anfragen von Sicherheitsbehörden umzugehen haben. Bisher fallen diese Anbieter noch nicht unter die Telekom-Richtlinie.
Fahrverbot: Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich jetzt für ein Fahrverbot als Sanktionsmöglichkeit auch für Nicht-Verkehrsdelikte ausgesprochen, berichtet zeit.de.
Bundeswehreinsatz im Innern: Theo Sommer (zeit.de) kritisiert die derzeitige Debatte um den Einsatz der Bundeswehr im Innern als "albern". Eine Grundgesetzänderung sei nicht nötig, Artikel 35 erlaube bereits den Einsatz der Bundeswehr, "wenn die Polizei ohne diese Unterstützung eine Aufgabe nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten erfüllen könnte". Und auch Artikel 87a Grundgesetz gestatte der Bundesregierung den Einsatz der Streitkräfte unter bestimmten Voraussetzungen.
Sozialer Wohnungsbau: Bundesbauministerin Barbara Hendricks hat laut zeit.de eine Verfassungsänderung zur Neuregelung der Zuständigkeiten im Bauwesen vorgeschlagen, damit sich der Bund stärker im sozialen Wohnungsbau engagieren kann.
Burka-Verbot: Wolfgang Janisch (SZ) ist der Auffassung, dass es für ein generelles Burka-Verbot nicht genügend Gründe gibt, damit es Bestand vor dem Bundesverfassungsgericht hat. Entsprechend dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der bereits über das französische Burka-Verbot zu befinden hatte, könnte jedoch ein Verbot, das sich auf Bereiche, in denen es auf Kommunikation ankommt, beschränkt, durch Sicherheitsaspekte gerechtfertigt sein. Wie focus.de berichtet, hat sich das Präsidium der CDU dafür ausgesprochen, eine Vollverschleierung in bestimmten Bereichen zu verbieten. CDU-Generalsekretär Peter Tauber verwies auf die Einschätzung von Verfassungsjuristen, wonach ein Verbot je nach betroffenem Bereich entweder auf Bundes- oder auf Landesebene geregelt werden müsste. Ein Verschleierungsverbot vor Gerichten würde beispielsweise in die Kompetenz des Bundes fallen. Die taz (Ulrich Schulte) zitiert aus einem Thesenpapier des Rechtswissenschaftlers Friedhelm Hufen, nach dem eine gesetzliche Grundlage für ein Verbot in mehreren Bereich, beispielsweise in den Schul- oder Straßenverkehrsrecht bereits vorhanden sei. Die taz (Daniel Bax) stellt zusammen, welche anderen europäischen Länder das Tragen der Burka verboten haben.
Mietpreisbremse: Benedikt Müller (SZ) stellt fest, dass die Mietpreisbremse nicht die erhoffte Wirkung zeigt. Wenn jetzt Justizminister Maas keine Nachbesserungen an seiner Mietpreisbremse durchsetze, werde er sich im Wahlkampf die Frage gefallen lassen müssen, warum er sie überhaupt eingeführt hat.
Internet: Ein Digitalgesetz fordert der Rechtsanwalt und Geschäftsführer der VG Medien Markus Runde in der FAZ. Er diagnostiziert ein Machtungleichgewicht zwischen einigen wenigen Internetunternehmen wie Google, Amazon und Facebook und den demokratisch legitimierten Akteuren. Zur Re-Ertüchtigung zu "mündigen Nutzern" sei ein Digitalgesetz notwendig, das die Unternehmen ähnlich den Tabakwarenherstellern verpflichte, auf die Folgen des Konsums hinzuweisen. Außerdem müssten die Unternehmen einen vollstreckungsfähigen Unternehmenssitzes in dem Land, in dem die Umsätze entstehen, nachweisen.
Kinderehen: Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt spricht sich laut Welt (Hannelore Crolly u.a.) dafür aus, Kinderehen grundsätzlich als Kindesmißbrauch zu behandeln. Die betroffenen Kinder müssten in staatliche Obhut genommen und die Täter hinter Gitter und anschließend abgeschoben werden, wird Wendt in dem Beitrag zitiert. Rechtsprofessor Michael Heinig warnt dagegen davor, den Schutz der Familie ganz aus den Augen zu verlieren. Man könne die Welt nicht am Maßstab Deutschlands ausrichten.
Europäisches Einheitspatent: Rechtsanwalt Boris Uphoff untersucht in der FAZ die Frage, wie es mit dem Europäischen Einheitspatent nach dem Brexit weitergeht. Denn zum Einen ist für eine der Außenstellen als Standort London vorgesehen und zum Zweiten dürften die als in diesem Bereich besonders kompetenten englischen Richter nach dem Brexit nicht an das Europäische Patentgericht berufen werden.
Kartellrecht: Rechtsanwalt Kim Lars Mehrbrey informiert in der FAZ über die europäische Kartellschadensersatzrichtlinie, die bis Ende des Jahres in deutsches Recht umzusetzen ist. Im bisherigen Gesetzentwurf sind unter anderem umfangreiche Einsichtsrechte vorgesehen, die sogar unbeteiligte Dritte treffen können.
Datenschutzkompetenz: Die FAZ (Hendrik Wieduwilt) meldet, dass das Bundesinneministerium die Zuständigkeit für den Datenschutz behalten und nicht, wie in einem Papier einer SPD-Arbeitsgruppe vorgesehen, an das Bundesjustizministerium abgeben will.
Elternunterhalt: Die Bundesregierung sieht, anders als Bayern, keinen Änderungsbedarf bei den Regelungen zum Elternunterhalt, berichtet die FAZ (Andreas Mihm). Bayern wollte die Verpflichtung der Kinder lockern und sie erst ab einem Jahreseinkommen von mehr als 100.000 Euro heranziehen.
Justiz
Neue BSG-Senatsvorsitzende: Beim Bundessozialgericht sind vier Richter zu Senatsvorsitzenden ernannt worden: Wolfgang Spellbrink, Peter Becker, Sabine Knickrehm und Ernst Hauck. Das berichtet lto.de.
OLG Hamm zu Aufklärungspflichten beim Zugewinnausgleich: lto.de verweist auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichtes Hamm zu nachehelichen Aufklärungspflichten. Ein Ehepaar ging ursprünglich von einem jeweils hälftigen Miteigentum am gemeinsam errichteten Eigenheim aus. Noch während des Zugewinnausgleichsverfahrens erfuhr der Mann, dass er Alleineigentümer ist. Darüber hätte er seine Ehefrau aufklären müssen, so das Gericht.
LG Berlin zum Widerruf bei Online-Dating-Portalen: Rechtsanwalt Thomas Radar (lto) bespricht eine Entscheidung des Landgerichts Berlin vom 30. Juni 2016. Dort wird das Angebot von Online-Dating-Portalen als digitale Inhalte eingestuft, mit dem Ergebnis, dass das Widerrufsrecht für den Verbraucher erlischt. Das Gericht lasse Sinn und Zweck des § 356 Abs. 5 BGB unberücksichtigt und verkenne, wen der Gesetzgeber mit dieser Vorschrift vor welchen Folgen habe schützen wollen.
ArbG Düsseldorf zur Kündigung nach Morddrohung: Wer seinen Chef mit den Worten "Ich stech’ Dich ab!" bedroht, muss mit einer Kündigung rechnen, hat laut FAZ (Hendrik Wieduwilt) das Arbeitsgericht Düsseldorf entschieden.
AG Kaiserslautern zur Veröffentlichung von Polizistenvideo: Christian Rath (BadZ) kommentiert die Entscheidung des Amtsgericht Kaiserslautern, in der festgestellt wurde, dass die Veröffentlichung von Aufnahmen, in denen Polizisten während eines Einsatzes zu sehen sind, unzulässig ist. Die Veröffentlichung verstoße gegen das urheberrechtlich geschützte Recht am eigenen Bild und gegen die strafrechtlich geschützte Vertraulichkeit des gesprochenen Wortes.
VW-Skandal: Das Land Niedersachsen will VW nicht wegen der Kursverluste nach dem Abgasskandal auf Schadensersatz verklagen. Das berichtet spiegel.de und bezieht sich dabei auf eine Äußerung des niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD). Der Finanzminister des Landes Peter-Jürgen Schneider (SPD) teilte mit, dass auch ein Gutachten zu dem Ergebnis gekommen sei, dass der Kursverlust der VW-Aktie für das Land keinen einklagbaren Schaden darstelle. Die FAZ (Carsten Germis) und die SZ (Kathrin Werner, Klaus Ott) fassen zusammen, welche juristischen und dann auch finanziellen Folgen dem Konzern sonst drohen. So kommen in den USA neben den hohen Entschädigungszahlen wohl auch ein Strafverfahren und empfindliche Strafzahlungen auf VW zu. Möglicherweise muss das Unternehmen auch bestimmte Auflagen des US-Justizministeriums erfüllen, mutmaßt das Hbl (Martin Murphy, Thomas Jahn). Die Gespräche zwischen VW und dem amerikanischen Justizministerium sollen noch vor den dortigen Präsidentschaftswahlen im November abgeschlossen sein.
Wahn III: Bundesrichter Thomas Fischer setzt in seiner Kolumne auf zeit.de seine Reihe der Betrachtungen des menschlichen Wahns und sein Verhältnis zum § 20 StGB fort. Angesichts aktueller Diskussionen, beispielsweise zur Aufweichung der ärztlichen Schweigepflicht zur Terrorabwehr appelliert er, "die Errungenschaften der Freiheit ernst zu nehmen", denn nur dann werde man "die kommunikative Kraft haben, eine Unterscheidung von Wahn und Wirklichkeit durchzusetzen, die vor der Geschichte eine Weile Bestand haben mag."
Terroristen-Prozesse: zeit.de (Christoph Herwartz) stellt die Arbeit der Staatsschutzsenate des Oberlandesgerichts Düsseldorf vor. Die meisten der Angeklagten sind Islamisten.
Recht in der Welt
Griechenland – Statistiker angeklagt: Dem früheren Leiter des griechischen Statistikamtes Andreas Georgiou droht ein Strafverfahren wegen Datenfälschung und Landesverrats, berichtet das Hbl (Tobias Piller). Er hatte nach seinem Amtsantritt die Höhe des Brutto-Inland-Defizits um 1,8 Prozentpunkte nach oben korrigiert. Jetzt wird ihm vorgeworfen, damit die Interessen Griechenlands verraten zu haben.
USA – Wirtschaftsstrafrecht: Eigentlich hatte Justizministerin Loretta Lynch angekündigt, härter gegen kriminelle Manager vorzugehen. Dass das selten gelingt, erläutert das Hbl (Thomas Jahn).
Sonstiges
Legal-Tech: Das Hbl (Christian Wermke) stellt das start-up Advocado vor, das Rechtsberatung zum Festpreis anbietet und über eine Internetplatform Rechtsanwälte und Mandanten zusammenbringt.
Ministererlaubnis: Rechtsanwalt Silvio Cappellari beleuchtet in einem Gastkommentar im Hbl die grundsätzliche Funktion der Ministererlaubnis im Kartellrecht und vergleicht die Situation in Deutschland mit der in anderen europäischen Ländern.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/pf
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 17. August 2016: Missbrauchter Facebook-Account / Teilweises Burka-Verbot / Niedersachsen klagt nicht gegen VW . In: Legal Tribune Online, 17.08.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20308/ (abgerufen am: 04.07.2024 )
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