Der VGH Bayern hat einen vorliegenden Fall genutzt, um sich u. a. zu dem umstrittenen Beschluss eines Familienrichters aus Weimar zu äußern. Darin bezeichnet er die Weimarer Entscheidung als "ausbrechenden Rechtsakt".
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat in einem einzigen, wenn auch langen Satz die umstrittene Entscheidung eines Familienrichters am Amtsgericht (AG) Weimar stark kritisiert. Der 10. Senat des Gerichts bezeichnete den Weimarer Beschluss einschließlich dessen Ergebnisses als "ausbrechenden Rechtsakt", man messe ihm "daher keine entscheidungserhebliche Bedeutung" für das zu entscheidende Verfahren bei (BayVGH, Beschl. v. 16.04.2021, Az. 10 CS 21.1113).
Eigentlich ging es vor dem BayVGH um eine Versammlung von Gegnern der Corona-Schutzmaßnahmen. Die Stadt hatte diese wegen zu erwartender Verstöße gegen die Infektionsschutzmaßnahmenverordnung untersagt, der VGH bestätigte schließlich dieses Verbot. Die Antragsteller hatten erstinstanzlich am Verwaltungsgericht Augsburg die Entscheidung des Familienrichters aus Weimar angeführt, um ihre Position zu bekräftigen.
Den Verweis auf das AG Weimar bügelten die BayVGH-Richterinnen und -Richter aber ab: "Die von der Antragstellerin erstinstanzlich weiter angeführte Entscheidung des Amtsgerichts Weimar vom 8. April 2021 erachtet der Senat hinsichtlich der Annahme der Rechtswegzuständigkeit, der Verfahrensgestaltung, der Art und Weise der Sachverhaltsermittlung und schließlich des Ergebnisses als ausbrechenden Rechtsakt und misst ihr daher keine entscheidungserhebliche Bedeutung bei."
Nicht die erste Äußerung aus Bayern
Der BayVGH ist damit zum zweiten Mal auf eine Entscheidung aus Weimar so deutlich eingegangen. Bereits im Januar 2021 hatte ein Richter des AG Weimar – allerdings ein anderer als der Familienrichter, der kürzlich den umstrittenen Beschluss erlassen hat - einen Mann freigesprochen, der gegen Corona-Maßnahmen verstoßen hatte. Der AG-Richter begründete die Entscheidung damit, dass die Lockdown-Regelungen mit Kontaktverbot verfassungswidrig seien (Urt. v .11.01.2021, Az. 6 OWi - 523 Js 202518/20).
Der BayVGH nutzte schon damals eines der ihm vorliegenden Verfahren und bezeichnete in dessen Rahmen AG-Weimar-Entscheidung aus Januar u. a. als "methodisch höchst fragwürdige Einzelentscheidung, die hinsichtlich der Coronapandemie im Widerspruch zur - vom Amtsgericht nicht ansatzweise berücksichtigten - ganz überwiegenden Rechtsprechung der deutschen Gerichte stehe".
Abzuwarten bleibt, wie das Oberlandesgericht Jena nun zu dem Beschluss des Weimarer Familienrichters auf die Beschwerde aus dem Thüringer Schulministerium hin entscheidet. Der Beschluss aus Bayern hat für das Verfahren in Thüringen nämlich keine Rechtsfolgen.
BayVGH zur Entscheidung des AG Weimar: . In: Legal Tribune Online, 19.04.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44755 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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