In Brandenburg dürfen wegen der Corona-Pandemie zwar keine Touristen mehr übernachten; der Versuch eines Landkreises, das Verbot auch auf die Nutzung von Zweitwohnung auszuweiten, ist vor dem VG Potsdam aber gescheitert.
Zwei Berliner dürfen trotz des vom Landkreis Ostprignitz-Ruppin verhängten Einreisestopps zur Eindämmung der Corona-Ansteckungsgefahr zu ihren Zweitwohnsitzen reisen. Die Entscheidungen dazu veröffentlichte das Potsdamer Verwaltungsgericht (VG) am Mittwoch (Beschl. v. 31.03.2020, Az. VG 6 L 302/20 und VG 6 L 308/20).
Der Landkreis hatte vergangene Woche das Einreiseverbot als einzige Kommune in Brandenburg erlassen. Damit ging man noch über die Verordnung des Bundeslandes hinaus, wonach touristische Übernachtungen ohnehin verboten sind, um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen und letztlich das Gesundheitssystem nicht zusätzlich zu überfordern.
In dem Landkreis nord-westlich von Berlin an der Grenze zu Mecklenburg-Vorpommern sollten nach dem Willen der zuständigen Behörde darüber hinaus auch alle, die einen Zweitwohnsitz in dem Kreis haben und die Wohnung nicht zwingend für die Arbeit nutzen, gehen müssen. Anschließend änderte der Kreis die Verfügung ab: Wer einen Zweitwohnsitz hat und schon im Kreis ist, soll bleiben können.
VG: Keine Anzeichen, dass das System kollabiert
Auch in Zeiten der Krise müsse sich der Staat an Recht und Gesetz halten und die Grundrechte, einschließlich der Freizügigkeit, achten, argumentierte Rechtsanwalt Marc Wesser als Vertreter der Antragsteller in dem vorläufigen Rechtsschutzverfahren. Alles andere würde das Vertrauen der Bevölkerung in die Angemessenheit der Anti-Corona-Maßnahmen untergraben. In den beiden Fällen geht es nach Gerichtsangaben zum einen um einen Kanzleisitz und die Arbeit in dem Kreis aus dem Homeoffice. Der andere klagende Wohnungsnutzer wollte Sicherungsmaßnahmen an einer Immobilie durchführen.
Nach Auffassung des Gerichts ist derzeit nicht festzustellen, dass das Einreiseverbot zur Verhinderung der Virusverbreitung erforderlich sei, entschied es. Denn entgegen der Annahme des Landkreises dränge es sich keinesfalls auf, dass das dortige Gesundheitssystem wegen einer erhöhten Ansteckungsgefahr durch Zweitwohnungsnutzer kollabiere.
Die Kammer erkannte zwar die Beweggründe an, nämlich die medizinischen Kapazitäten nicht zu schwächen. Ein Zusammenhang zwischen einem funktionierenden Gesundheitssystem und der Nutzung von Zweitwohnung sei aber weder in der Allgemeinverfügung noch in dem Vortrag des Landrats aufgezeigt. Entsprechend dürften die beiden Kläger sehr wohl einreisen.
Der Landkreis kann gegen die Beschlüsse noch Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg einlegen. Die weiteren Schritte würden derzeit geprüft, teilte er mit.
mgö/LTO-Redaktion
Mit Materialien der dpa
VG Potsdam zu einem Brandenburger Landkreis: . In: Legal Tribune Online, 01.04.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41177 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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