Weil sich durchschnittliche Arbeitnehmer die neu geplanten Wohnungen nicht leisten könnten, versagte das Land Berlin seine Genehmigung dafür. Zu Unrecht, meint das VG Berlin: Das Zweckentfremdungsverbot diene nicht dem Mieterschutz.
Das Land Berlin darf den Abriss eines Wohnhauses nicht mit der Begründung verbieten, dass die Mieten in dem an selber Stelle geplanten Neubau höher sein werden als 7,92 Euro je Quadratmeter. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Berlin am Dienstag entschieden und diese in der Zweckentfremdungsverbot-Verordnung festgelegte Grenze für Ersatzwohnraum in dem Fall für nichtig erklärt (Urt. v. 27.08.2019, Az. VG 6 K 452.18).
Hintergrund ist die Klage einer Eigentümerin eines Grundstücks in Charlottenburg gegen das Land Berlin. Dort steht ein Mehrparteienhaus aus dem Jahr 1960 mit 30 Mietwohnungen und einer Wohnfläche von über 1.300 Quadratmeter. Seit dem Jahr 2018 steht es leer. Deswegen will die Frau das Gebäude abreißen und stattdessen einen Neubau mit mehr als 60 Eigentumswohnungen und einer Fläche von über 3.500 Quadratmeter errichten. Allerdings versagte ihr das Bezirksamt die hierfür nach dem Zweckentfremdungsverbot-Gesetz (ZwVbG) erforderliche Abrissgenehmigung, weil die Neubauwohnungen für einen durchschnittlich verdienenden Arbeitnehmerhaushalt unbezahlbar seien.
Das VG Berlin verpflichtete die Behörde nun allerdings, den Abriss zu genehmigen. Die Grundstückseigentümerin errichte mehr Wohneinheiten und schaffe eine größere Wohnfläche als zuvor, wodurch der Wohnraumverlust mehr als ausgeglichen werde, so die Begründung.
Vorschrift aus ZwVb-Verordnung ist nichtig
Auch wenn die neuen Eigentumswohnungen einen höheren Standard als die alten Mietwohnungen hätten, überschritten sie nicht die Luxusgrenze und dienten deswegen der Versorgung des allgemeinen Wohnungsmarktes, entschied die 6. Kammer.
Die Berliner Richter stellten vielmehr fest, dass § 3 Abs. 4 der Zweckentfremdungsverbot-Verordnung wonach für Ersatzwohnraum keine höhere Nettokaltmiete als 7,92 Euro den Quadratmeter verlangt werden darf, nichtig sei. Hierauf hatte sich das Land berufen, um die Genehmigung zu verweigern.
Das Zweckentfremdungsverbot schütze Wohnraum nicht um seiner selbst willen. Es diene auch nicht dem Schutz der Mieter, heißt es in dem Urteil. Vielmehr solle es den Wohnraumbestand vor Nutzungen zu anderen als Wohnzwecken bewahren und hierdurch die Wohnraumversorgung sichern.
Von diesem Regelungszweck des ZwVbG sei aber eine Mietpreisregulierung für neu geschaffenen Ersatzwohnraum nicht gedeckt, so das VG Berlin. Im Gegenteil werde hierdurch der Neubau von Wohnraum wesentlich erschwert. Die starre und zeitlich unbegrenzte Festlegung eines geringen Mietpreises für Ersatzwohnraum jeglicher Art und Lage verletze den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
mgö/LTO-Redaktion
VG Berlin zur Zweckentfremdung von Wohnraum: . In: Legal Tribune Online, 28.08.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/37291 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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