Der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Pressefreiheit im Straf- und Strafprozessrecht stößt auch bei der Bundesrechtsanwaltskammer und dem Deutschen Anwaltsverein auf Ablehnung. Zuvor hatte sich bereits der Deutsche Richterbund kritisch geäußert.
Der Gesetzentwurf sieht die Schaffung eines § 353b Abs. 3a Strafgesetzbuch (StGB) und eine Änderung des § 97 Abs. 5 S. 2 Strafprozessordnung (StPO) vor. Danach handeln Journalisten im Rahmen der Beihilfe nicht rechtswidrig, wenn sie sich auf die Entgegennahme, Auswertung oder Veröffentlichung des Geheimnisses beschränken. Darüber hinaus soll der Schutz von Journalisten vor Beschlagnahmen dadurch verbessert werden, dass nicht bereits ein einfacher Tatverdacht ausreicht, sondern ein dringender Tatverdacht gegen den Journalisten erforderlich ist, um eine Beschlagnahme anzuordnen.
Bezogen auf die Ergänzung des § 353b sehen sowohl die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) als auch der Deutsche Anwaltverein (DAV) keine kriminalpolitische Notwendigkeit für eine Gesetzesänderung. Die Gesetzesbegründung enthalte keine nachvollziehbaren empirischen Daten zur Häufigkeit von Ermittlungsverfahren gegen Presseangehörige wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat. In den Jahren 2008 bis 2010 seien keine Fälle beschrieben, in denen gegen Journalisten wegen des Verdachts der Beihilfe zum Geheimnisverrat ermittelt oder auf der Grundlage dieses Verdachts sogar Redaktionsräume durchsucht wurden. Zudem sei die Frage der Strafbarkeit eines Journalisten durch die Veröffentlichung von geheimnisgeschützten Informationen durch die Cicero-Entscheidung abschließend geklärt worden.
Die Vorschriften in der StPO seien zum Schutz von Presse- und Medienangehörigen mehr als ausreichend. Erst jüngst habe der Gesetzgeber mit dem am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21.12.2007 (BGBl. I S. 3198) wichtige Gesetzesänderungen zum Schutz der Pressefreiheit im Strafprozess eingeführt.
Zudem sei die Erhöhung der Eingriffsschwelle auf die Ebene des dringenden Tatverdachts bei Beschlagnahmeanordnungen gegen Journalisten systemwidrig. Es stelle sich die Frage, warum nur Journalisten in den Genuss dieses Privilegs kommen sollen, nicht aber Rechtsanwälte, Ärzte und andere in § 53 Abs. 1 StPO genannte Personengruppen. Die Regelung verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG.
Stärkung der Pressefreihheit: . In: Legal Tribune Online, 07.01.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2290 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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