Wer in Sachsen Bürgermeister werden möchte, muss bislang offenbaren, ob er für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR gearbeitet hat. Fehlt die so genannte Stasi-Erklärung, wird die Wahl für ungültig erklärt. Das OVG Sachsen zweifelt an der Rechtmäßigkeit der Regelung und hat sie dem Sächsischen Verfassungsgerichtshof zur Überprüfung vorgelegt.
Nach Ansicht des OVG Sachsen ist die zwingende Ungültigkeit einer Bürgermeisterwahl bei fehlender Stasi-Erklärung mit dem Grundrecht der allgemeinen und freien Wahl aus Art. 18 Abs. 1 der Sächsischen Landesverfassung (SächsVerf) sowie dem Demokratieprinzip unvereinbar (Beschl. v. 18.05.2011, Az. 4 A 570/10).
Nach § 41 Abs. 4 Satz 1 und 2 des Kommunalwahlgesetz Sachsens (KomWG) und § 45 Abs. 2, 38 und 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KomWG kann nur zum Bürgermeister gewählt werden, wer vorher erklärt, dass er nicht für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR gearbeitet hat. Sollte trotzdem jemand ohne die entsprechende Erklärung zur Wahl zugelassen worden sein, muss die Wahl für ungültig erklärt werden.
Anlass zur Überprüfung gab die Bürgermeisterwahl in der Gemeinde Königswartha: Der erfolgreiche Bewerber hatte keine Stasi-Erklärung abgegeben, das Landratsamt erklärte die Wahl für ungültig, der Bewerber klagte. Die Gültigkeit der zwingenden Nichtigkeit wird nun vom Sächsischen Verfassungsgerichtshof überprüft.
ssc/LTO-Redaktion
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OVG Sachsen: Stasi-Frage in Kommunalwahlgesetz möglicherweise unzulässig . In: Legal Tribune Online, 31.05.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3417/ (abgerufen am: 01.07.2024 )
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