Im Jahr 2017 wurden die EU-Roamingaufschläge für Endkunden per Verordnung abgeschafft. O2 hat den Tarif jedoch nicht bei allen Kunden automatisch angepasst. Das war laut EuGH nicht mit EU-Recht vereinbar.
Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat entschieden, dass bei der Abschaffung der EU-Roamingaufschläge in der EU im Jahr 2017 alle Kunden automatisch auf den neuen Tarif umgestellt werden mussten. Eine aktive Einwilligung der Kunden in den neuen, besseren Tarif per Opt-In-Option sei nicht notwendig gewesen (Urt. v. 3.9.2020, RS C-539/19).
Dem EuGH lag ein Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts München I vor, das über eine Unterlassungsklage des deutschen Bundesverbands der Verbraucherzentralen e.V. gegen die Telefónica Germany (u.a. tätig als Mobilfunkanbieter O2) zu entscheiden hat. O2 hat bei der Abschaffung der Roamingaufschläge im Jahr 2017 nicht allen Kunden die automatische Umstellung auf den neuen Tarif ermöglicht. Nur die Kunden, die bereits einen regulierten EU-Roamingtarif hatten und sowieso schon keine Aufschläge mehr zahlen mussten, wurden automatisch zum 15. Juni 2017 von O2 in den neuen Tarif überführt. Alle anderen Kunden konnten zwar jederzeit in den neuen Tarif wechseln, mussten dazu aber per App oder SMS ihren Tarif aktiv ändern.
EuGH: Ziel war die Abschaffung der EU-Roamingaufschläge – unabhängig vom Tarif
Der EuGH hat vom LG München die Frage vorgelegt bekommen, ob die entsprechenden Artikel der EU-Roaming-Verordnung Nr. 531/2012 so auszulegen sind, dass alle Kunden unabhängig von ihrem vorherigen Tarif automatisch den neuen Tarif erhalten. Diese Frage haben die europäischen Richter nach der Auslegung nach Wortlaut, Zusammenhang und Zielen bejaht.
Art. 6a der Verordnung, der die Umstellung des Tarifs ab dem 15. Juni 2017 regelt, enthalte, so der EuGH, keinen Vorbehalt in Bezug auf die Frage, ob die Kunden vorher einen anderen Tarif gewählt hatten. Zudem führe die Verordnung einen Automatismus bei der Tarifumstellung ein, indem Art. 6e Abs. 3 eine Opt-Out-Regelung vorschreibe, sodass die Kunden eben nicht erst in den neuen Tarif einwilligen müssten. Im Gegenteil: die Kunden hätten aktiv werden müssen, wenn sie den neuen Tarif nicht gewollt hätten.
Diese Auffassung werde auch durch das Ziel der EU-Roaming-Verordnung unterstützt. Sie wurde gerade aus dem Grund eingeführt, dass Endkunden-Roamingaufschläge beseitigt werden, schlossen die Luxemburger Richter.
pdi/LTO-Redaktion
EuGH zu abgeschafften Roaming-Gebühren: . In: Legal Tribune Online, 03.09.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42690 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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