Auf einem Flug von Spanien nach Österreich wurde Kaffee serviert, ein Becher kippte dabei auf eine Sechsjährige und fügte ihr Verbrühungen zu. Der EuGH hat nun entschieden, dass die Airline dafür haftet.
Flugreisende haben nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bei Verbrühungen durch im Flugzeug umgekippten heißen Kaffee Anspruch auf Entschädigung. Airlines haften, wenn Passagiere einen Schaden nicht selbst verursacht haben, befanden die Luxemburger Richter am Donnerstag (Urt. v. 19.12.2019, Az. C-532/18). Dabei sei es nicht erforderlich, dass eingetretene Unfälle mit einem "flugspezifischen Risiko" zusammenhängen.
Im konkreten Fall geht es um eine Sechsjährige, die 2015 mit der mittlerweile insolventen Fluglinie Niki mit ihrer Familie von Mallorca nach Wien flog. Etwa eine Stunde nach dem Start servierte eine Flugbegleiterin Getränke. Zu diesem Zeitpunkt lehnte sich das Mädchen über die Armlehne an seinen Vater an. Der Vater nahm von der Flugbegleiterin einen deckellosen Becher mit frisch gebrühtem heißen Kaffee entgegen, den er auf dem am Vordertisch befestigten Klapptisch abstellte. Als er noch nach Milch fragte, geriet der Becher ins Rutschen, der Kaffee ergoss sich über die Brust seiner Tochter. Sie erlitt dabei Verbrennungen zweiten Grades auf etwa zwei bis vier Prozent der Körperoberfläche. Dabei handelt es sich um mittelschwere Verbrennungen, bei denen Narben zurückbleiben können.
Die Airline berief sich auf das Übereinkommen von Montreal, das die Haftung von Fluglinien bei Unfällen regelt, um zu begründen, warum sie nicht für den Vorfall hafte. Der Kaffee-Zwischenfall sei nämlich kein "Unfall" im Sinne des Übereinkommens. Der Begriff des Unfalls erfordere, dass sich ein flugspezifisches Risiko realisiere, woran es bei diesem Vorfall gefehlt habe. Tatsächlich konnte nicht festgestellt werden, ob der Kaffeebecher etwa wegen eines Defekts des ausklappbaren Abstellbretts oder zum Beispiel durch ein Vibrieren des Flugzeugs kippte.
Der EuGH folgte der Argumentation der Fluggesellschaft jedoch nicht. Der Begriff des Unfalls erfasse jeden an Bord eines Flugzeugs vorfallenden Sachverhalt, in dem ein bei der Fluggastbetreuung eingesetzter Gegenstand eine körperliche Verletzung eines Reisenden verursache. Ob der Sachverhalt auf ein luftfahrtspezifisches Risiko zurückgehe, muss nach Auffassung des EuGH dagegen schon gar nicht ermittelt werden. Das Gericht folgte damit den Schlussanträgen des Generalanwalts.
acr/LTO-Redaktion
EuGH: . In: Legal Tribune Online, 19.12.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/39321 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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