Einer Informatikerin aus Iran wurde kein Visum für die Promotion in Deutschland erteilt. Ihr hier erworbenes Wissen könnte nämlich eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit sein. Der EuGH gibt der Behörde einen weiten Ermessensspielraum.
Einer Frau aus Iran kann ein Visum für ein Studium in Deutschland verweigert werden, wenn dies nach Ansicht der deutschen Behörden zu einer Bedrohung der öffentlichen Sicherheit führen könnte. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Dienstag in Luxemburg entschieden (Urt. v. 04.04.2017, Az. C-544/15). Die nationalen Behörden eines EU-Landes hätten "einen weiten Spielraum" bei der Entscheidung über eine mögliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit.
Geklagt hatte eine iranische Studentin, die ein Promotionsstudium im Bereich IT-Sicherheit in Deutschland aufnehmen wollte. Zuvor studierte sie Informationstechnologie an der Sharif University of Technology (SUT) in Teheran. Die auf Technik, Ingenieurwissenschaften und Physik spezialisierte Universität bietet unter anderem vom iranischen Wirtschafts- und Verteidigungsministerium konzipierte Studiengänge an. Sie gilt als regimenah und soll die Regierung im militärisch relevanten Bereich unterstützen.
Berhörden haben weiten Beurteilungsspielraum
Die deutsche Botschaft in Teheran lehnte ihren Visaantrag deswegen ab. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin ihr in Deutschland in einem kritischen Forschungsbereich erworbenes Wissen missbräuchlich verwende, etwa für militärische, nachrichtendienstliche oder repressive Zwecke.
Das mit dem Fall beschäftigte Verwaltungsgericht (VG) Berlin hatte aber Zweifel, ob die Behörde die Studentin aus diesen Gründen als eine Bedrohung für die öffentliche Sicherheit im Sinne der sog. Europäischen Studentenrichtlinie (Rli. 2004/114/EG) betrachten darf und legte den Fall dem EuGH vor.
Wie bereits der Generalanwalt vorgeschlagen hatte, entschied der EuGH nun, dass die nationalen Behörden bei der Beurteilung des Sachverhalts über einen weiten Spielraum verfügen. Behörden könnten auch unter der Richtlinie Drittstaatsangehörigen das Visum zu verweigern, wenn die vorliegenden Informationen Anlass zu der Befürchtung geben, dass die Kenntnisse, die der Betreffende bei seiner Forschung erwerben könnte, später zu der öffentlichen Sicherheit zuwiderlaufenden Zwecken eingesetzt werden könnten. Dies könne die Verschaffung von vertraulichen Informationen, interne Repression und allgemein Menschenrechtsverletzungen sein, entschied der EuGH.
Das VG muss nun zu prüfen, ob die Entscheidung, das Visum nicht zu erteilen, auf einer ausreichenden Begründung und einer hinreichend gesicherten tatsächlichen Grundlage beruht.
acr/LTO-Redaktion
EuGH zur Gefahr für öffentliche Sicherheit: . In: Legal Tribune Online, 04.04.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22565 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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