Widerruft ein Verbraucher seinen Darlehensvertrag, so kann er von der Bank die geleisteten Zahlungen zurückverlangen. Nutzungsersatz allerdings bekommt er nicht, wie der EuGH nun entschied.
Es ist ein Dämpfer für Verbraucher, die im Fernabsatz, etwa online oder telefonisch, einen Kreditvertrag abgeschlossen haben und ihn später widerrufen: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat einer deutschen Regelung widersprochen, wonach Kunden in diesem Fall Anrecht auf sogenannten Nutzungsersatz haben. Nach EU-Recht muss eine Bank beim Widerruf eines Kreditvertrags durch den Kunden kein Entgelt dafür leisten, dass sie bis dahin mit dem bereits gezahlten Geld wirtschaften konnte, wie die Luxemburger Richter am Donnerstag urteilten (Urt. v. 04.06.2020 Az. C-301/18).
Hintergrund ist ein Fall in Deutschland, bei dem ein Verbraucher 2005 zwei Online-Immobilienkreditverträge bei der DSL-Bank abgeschlossen hatte. Zehn Jahre später widerrief er die Verträge mit der Begründung, dass die Widerrufsbelehrung fehlerhaft gewesen sei. Weil die Bank den Widerruf nicht anerkannte, klagte der Mann vor dem Landgericht (LG) Bonn. Dabei forderte er auch einen Nutzungsersatz für die Zins-und Tilgungsleistungen, die er bis dahin an die Bank gezahlt hatte. Das LG wies darauf hin, dass dem Verbraucher diese Zahlung nach deutschem Recht zustehe, bat den EuGH jedoch im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens um Auslegung des EU-Rechts.
Die Luxemburger Richter stellten nun fest, der Verbraucher könne zwar die bereits geleisteten Tilgungs- und Zinszahlungen verlangen, aber eben keinen Ersatz für die Nutzung dieser Beträge. Aus der Richtlinie 2002/65, die den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher regelt, ergebe sich zwar die Pflicht der Bank, jeden Betrag zu erstatten, den sie von dem Verbraucher gemäß dem widerrufenen Vertrag erhalten hat. Ausgenommen davon sei der Betrag, der im Rahmen der tatsächlichen erbrachten Dienstleistung erhalten wurde.
Keine Vorschrift der Richtlinie sehe jedoch vor, dass die Bank dem Verbraucher über die von ihm gezahlten Tilgungs- und Zinsbeträge hinaus noch Nutzungsersatz auf die Beträge zu leisten habe, welche sie im Rahmen der Vertragserfüllung erhalten hat. Grundsätzlich bezwecke die Richtlinie, so der EuGH, eine Vollharmonisierung, so dass die Mitgliedsstaaten in den harmonisierten Bereichen nicht von den Bestimmungen abweichen dürften, es sei denn, die Richtlinie sehe das ausdrücklich vor.
Um die Frage, ob der Verbraucher für den Kredit ein Nutzungsentgelt zahlen muss, ging es im vorliegenden Fall nicht. Der EuGH stellte jedoch klar, dass dies nur der Fall sei, wenn der Kunde bei Vertragsabschluss darüber informiert wurde und zugestimmt hat.
vbr/dpa/LTO-Redaktion
EuGH zum Widerruf von Kreditverträgen: . In: Legal Tribune Online, 04.06.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41806 (abgerufen am: 23.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag