Bei Verstößen gegen das Cannabisgesetz drohen Bußgelder – von 5 bis zu 30.000 Euro. Umsetzen müssen das die Länder. Eine Befragung zeigt: Die Höhe der Geldbuße könnte künftig stark davon abhängen, wo man erwischt wird.
Am 1. April ist in Deutschland eine Teil-Legalisierung von Cannabis in Kraft getreten – mit im Gepäck: Zahlreiche Vorgaben und Regeln, die überwacht werden müssen, um Verstöße feststellen zu können. Erlaubt sind Besitz und Anbau der Droge für Volljährige zum Eigenkonsum - aber nur in begrenzten Mengen und mit Tabuzonen etwa auf Spielplätzen, in Schulen, Kitas und in Sichtweite davon. Wer dagegen fahrlässig oder mit Vorsatz verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit.
Doch was heißt das genau für ertappte Personen und amtliche Kontrollen vor Ort? Das Konsumcannabisgesetz (KCanG) legt in § 36 Abs. 2 KCanG einen bundesweiten Rahmen dafür fest, wie teuer Verstöße werden können: Im schlimmsten Fall kann nach dem Gesetz eine Geldbuße von bis zu 30.000 Euro drohen. Das heißt aber nicht, dass es gleich so teuer wird.
Als untere Grenze sieht das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) einen Mindestbetrag von 5 Euro vor, wie das Bundesjustizministerium erläutert. Geregelt ist das in § 17 OWiG. Der mögliche Höchstbetrag einer Geldbuße ergibt sich aus der im Cannabisgesetz (CanG) vorgesehenen Obergrenze.
Innerhalb dieses Rahmens bestimmt dann die zuständige Behörde die im Einzelfall angemessene Geldbuße, wie es weiter heißt. Basis für die konkrete Höhe einer Geldbuße ist ganz grundsätzlich die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit, um die es geht. Die Buße soll auch einen wirtschaftlichen Vorteil übersteigen, der möglicherweise aus einem Verstoß hervorgegangen ist. Und den Ländern stehe es auch frei, sich mit anderen interessierten Ländern zusammenzutun, um ein gemeinsames Vorgehen - etwa den Erlass eines Bußgeldkatalogs - zu erörtern.
Als erstes Bundesland hat Bayern einen Bußgeldkatalog und weitere Vorschriften beschlossen. Doch was ist mit den anderen Ländern?
Bayern
Im Freistaat ist bereits klar, welche Bußgelder für Cannabis-Verstöße drohen - 1000 Euro beispielsweise für den Konsum von Cannabis in Gegenwart von Kindern. Das geht aus dem Bußgeldkatalog des Landesgesundheitsministeriums hervor, der seit dem 1. April gilt. Im Wiederholungsfall droht sogar die doppelte Höhe.
Außerdem verbietet Bayern den Konsum auf Volksfesten und in Biergärten komplett. Zudem gibt es ein Verbot für den Englischen Garten in München und den Hofgarten Bayreuth. "Unser Ziel ist es, den Cannabis-Konsum in der Öffentlichkeit zu begrenzen. Das ist wichtig für den Gesundheitsschutz - und ganz besonders für den Kinder- und Jugendschutz", sagt Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU). Damit schaffe man "klare Verhältnisse trotz eines völlig vermurksten Gesetzes".
Die von der Staatsregierung bewusst hoch angesetzten Bußgelder bei Verstößen gegen das CanG werden bisher aber nur selten ausgesprochen, wie am Donnerstag bekannt wurde. Im Schnitt gab es in ganz Bayern bislang nur drei Verstöße pro Tag, die vom neuen Bußgeldkatalog erfasst werden: Wie das Innenministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte, registrierte die Polizei seit dem Inkrafttreten des Gesetzes bis Donnerstag, 18. April, 54 Ordnungswidrigkeiten, etwa wegen Konsums in sogenannten Konsumverbotszonen.
Hessen
"Zeitnah einen Bußgeldkatalog mit konkreten Bußgeldern" festzulegen - das strebt auch der hessische Justizminister Roman Poseck (CDU) an. Dazu liefen Abstimmungen mit anderen Ministerien. "Darüber hinaus werden auch Cannabisverbotszonen, ähnlich den Alkoholverbotszonen, zur Gefahrenabwehr geprüft."
Der Landesregierung geht es nach eigenem Bekunden um eine "möglichst restriktive Umsetzung" des Cannabisgesetzes, "damit die Beeinträchtigungen für den Gesundheitsschutz und die Sicherheit so gering wie möglich sind".
Sachsen
In Sachsen macht das CDU-geführte Innenministerium Druck: "Aufgrund vieler ungeklärter Fragen" - etwa was die Kontrolle der ab 1. Juli möglichen Anbauvereinigungen angeht - werde die "erforderliche Verordnung" des zuständigen Sozialministeriums "dringend erwartet". Dieses wird von der SPD-Politikerin Petra Köpping geführt.
Hamburg
Auch Hamburg beabsichtigt nach den Worten von Innensenator Andy Grote (SPD), in Kürze einen eigenen Bußgeldkatalog zu beschließen - zur Höhe der Bußgelder gibt es allerdings noch keine Auskunft. Dem Vernehmen nach dürften sie sich aber am bayerischen Katalog orientieren. Diesbezüglich hatte Dennis Thering (CDU), Vorsitzender der CDU-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft, dem rot-grünen Senat kürzlich Druck gemacht, sich an den bayerischen regeln ein Vorbild zu nehmen.
"Natürlich wäre es sinnvoll, bei einem Bundesgesetz wie dem Cannabisgesetz, einen bundeseinheitlichen Bußgeldkatalog festzulegen", sagte Grote. Doch: "Der Bund entzieht sich hier ein weiteres Mal der Verantwortung für die praktische Umsetzung seines Gesetzes."
Baden-Württemberg
Im grün-schwarz geführten Baden-Württemberg verweist das Sozialministerium auf die laut CanG möglichen Bußgelder bis zu 30.000 Euro. Fragen zur Umsetzung in Baden-Württemberg, auch mit Blick auf "die konkrete Ausschöpfung des Bußgeldrahmens", seien aktuell in der Abstimmung zwischen den Ressorts.
Während des Frühlingsfestes in Stuttgart ab dem 20. April darf auf dem Gelände am Neckar kein Cannabis geraucht werden. Der Grund: Das Frühlingsfest sei ausdrücklich auch für Kinder und Familien gedacht, sagen die Veranstalter.
Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz
Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen ist die schwarz-grüne Landesregierung nach eigenem Bekunden noch dabei, sich einen Überblick zu verschaffen. Somit ist noch unklar, ob bzw. in welcher Höhe Bußgelder geplant sind.
Rheinland-Pfalz prüft dagegen derzeit den Erlass eines Bußgeldkatalogs.
Niedersachsen
Innerhalb der niedersächsischen Landesregierung laufen derzeit die finalen Ressortabstimmungen über die Zuständigkeiten für das CanG - so sagt es ein Sprecher des SPD-geführten Innenministeriums. Noch keine Antwort gibt es auf die Frage, ob und in welcher Form es einen spezifisch niedersächsischen Bußgeldkatalog geben soll.
Thüringen
"Die Auswirkungen und entsprechende Umsetzung der neuen Regelungen werden aktuell zwischen den Ressorts besprochen", heißt es von der rot-rot-grünen Minderheitsregierung in dem Land. "Das betrifft auch das Ob und den Inhalt eines möglichen Bußgeldkatalogs."
Mecklenburg-Vorpommern
Das rot-rot-regierte Mecklenburg-Vorpommern spricht noch von Abstimmungsprozessen innerhalb der Landesregierung, auch für die Frage der Bußgelder. Man sehe "noch Klärungs- und Regelungsbedarf im Bundesgesetz", die Bundesregierung habe entsprechende Nachschärfungen zugesagt.
Bayern jedenfalls sei "kein gutes Beispiel für eine praxisnahe Umsetzung des Gesetzes, da von der dortigen Landesregierung eine Kampagne gegen die Cannabisfreigabe für Erwachsene geführt wird".
Cannabis im Straßenverkehr
Außerdem soll bald auch der Grenzwert für den Cannabis-Wirkstoff THC im Straßenverkehr festgesetzt werden. Nach einem ersten Entwurf für eine solche Regelung soll ordnungswidrig handeln, wer mit 3,5 Nanogramm THC je Milliliter Blut oder mehr am Steuer sitzt. Dazu soll das Straßenverkehrsgesetz (StVG) entsprechend geändert werden. Wie bei Verstößen gegen die 0,5-Promille-Grenze bei Alkohol könnten dann in der Regel 500 Euro Bußgeld und ein Monat Fahrverbot drohen. Wenn man Cannabis konsumiert und dazu noch Alkohol trinkt, könnte das Bußgeld bei 1.000 Euro liegen.
Umgesetzt werden soll dies mit einem Gesetz der Ampel-Koalitionsfraktionen im Bundestag. Einen Grenzwert wie die 0,5-Promille-Marke für Alkohol gibt es bei Cannabis bisher nicht. In der Rechtsprechung hat sich aber der niedrige Wert von 1 Nanogramm etabliert, der dem bloßen Nachweis des Wirkstoffs entspricht. Eine Kommission des Verkehrsministeriums hatte einen Grenzwert von 3,5 Nanogramm empfohlen. Dann sei "eine verkehrssicherheitsrelevante Wirkung beim Führen eines Kraftfahrzeuges nicht fernliegend". Dies sei mit 0,2 Promille Alkohol vergleichbar.
Cannabis-Verbot für Polizisten in Dienstzeit
In einem Erlass an alle Polizeibehörden in NRW hat das Innenministerium klargestellt, dass Beamte im Dienst kein Cannabis konsumieren und auch nicht berauscht zur Arbeit kommen dürfen.
Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte am Mittwoch gegenüber den Westfälischen Nachrichten gesagt, dass er den Polizistinnen und Polizisten den Cannabis-Konsum verbieten müsse: "Einfach um rechtlich auf Nummer sicher zu sein und keinen Spielraum bei der Frage zu haben." Tatsächlich hatte das Innenministerium bereits am 28. März – also wenige Tage vor Inkrafttreten der Teil-Legalisierung am 1. April – einen entsprechenden ersten Erlass verschickt.
In dem zweiseitigen Papier heißt es unter anderem: "Allen Bediensteten und Beschäftigten der Polizei ist es im Dienst untersagt, berauschende Mittel zu konsumieren. Dies betrifft insbesondere den Konsum von Cannabis." Man dürfe auch nicht "unter dem Einfluss dieser berauschenden Mittel" zur Arbeit kommen. Besonders nicht, wenn man eine Dienstwaffe habe oder am Steuer eines Streifenwagens sitze. "Ausnahmen aus dienstlichen oder medizinischen Gründen sind gesondert zu regeln", so der Erlass. Er endet mit den Worten: "Weitere Regelungen folgen."
Zu der Frage, ob Polizisten in ihrer Freizeit Cannabis konsumieren dürfen (wenn sie danach unberauscht zum Dienst kommen), äußert sich der Erlass nicht. Der NRW-Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Michael Mertens, zog solch eine hypothetische Regelung stark in Zweifel: "Dann müsste es auch ein generelles Alkoholverbot für die Polizei geben."
dpa/cho/LTO-Redaktion
Cannabisgesetz: . In: Legal Tribune Online, 19.04.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54371 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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