Niemand sollte für den Besitz von Marihuana ins Gefängnis kommen, hatte Joe Biden schon im Wahlkampf gesagt. Wegen der verhärteten innenpolitischen Fronten greift er nun zu einem Präsidentenerlass, um sein Versprechen umzusetzen.
US-Präsident Joe Biden macht einen Schritt zur Einlösung seines Wahlversprechens, den Besitz von Marihuana in den USA zu entkriminalisieren. Biden wies per Präsidentenerlass das Justiz- und das Gesundheitsministerium an, die Einordnung von Cannabis beschleunigt zu prüfen, wie das Weiße Haus am Donnerstagabend mitteilte. Aktuell werde Marihuana mit Heroin gleichgestellt und gefährlicher als die synthetische Droge Fentanyl eingestuft, betonte Biden. "Das ergibt keinen Sinn", kritisierte er bei Twitter.
Der Präsidentenerlass sieht auch eine Begnadigung für alle vor, die in den USA auf Bundesebene wegen des Besitzes von Marihuana verurteilt worden sind. Nach Rechnung der Behörden geht es dabei wohl um rund 6.500 Personen von 1992 bis 2021. Aktuell sei niemand deswegen in Bundesgefängnissen inhaftiert. Biden betonte speziell, dass Schwarze Amerikaner häufiger wegen Cannabis-Delikten verfolgt würden und Verurteilungen deren Leben dauerhafter beeinträchtigten.
Zugleich räumten die Regierungsbeamten ein, dass es die meisten Verurteilungen wegen Cannabis-Besitzes nicht auf Bundesebene, sondern nach den Gesetzen der Bundesstaaten gab. Biden rufe deren Behörden ebenfalls zu Begnadigungen auf. Im Großteil der 50 US-Bundesstaaten ist der Gebrauch von Marihuana zu medizinischen Zwecken erlaubt, in rund 20 ist er auch generell entkriminalisiert.
FPD und Grüne sehen Signalwirkung für Deutschland
Biden hatte bereits in seinem Präsidentschaftswahlkampf 2020 erklärt, niemand solle wegen des Besitzes oder Gebrauchs von Cannabis zu Gefängnisstrafen verurteilt werden. Laut Umfragen sieht das die Mehrheit der Amerikaner auch so und nicht nur bei Bidens Demokraten sind viele dieser Meinung, sondern auch bei den Republikanern. Im Frühjahr verabschiedete das Repräsentantenhaus vor allem mit den Stimmen der Demokraten erneut einen Gesetzentwurf, der vorsieht, Marihuana auf Bundesebene zu entkriminalisieren. Mit der starken Rolle des konservativen Flügels der Republikanischen Partei gab es bisher jedoch keine Entscheidung in der zweiten Kammer, dem Senat.
Bidens Erlass kommt rund einen Monat vor den Kongresswahlen, in denen sich das gesamte Repräsentantenhaus und ein Teil der Senatoren zur Abstimmung stellen müssen. Vor einigen Monaten sah es laut Umfragen danach aus, dass die Demokraten die knappe Mehrheit im Repräsentantenhaus und die Kontrolle über den Senat verlieren würden. Inzwischen werden ihnen bessere Chancen beigemessen, den Senat zu halten - und zum Teil wird auch nicht ausgeschlossen, dass auch das Repräsentantenhaus demokratisch bleiben könnte. Auch nur eine der Parlamentskammern zu verlieren, würde Bidens legislative Durchsetzungskraft als Präsident einschränken.
Auch in Deutschland ist die Legalisierung bzw. Entkriminalisierung von Cannabis Thema anhaltender gesellschaftspolitischer, medizinischer und insbesondere auch jurisitischer Diskussionen. Kirsten Kappert-Gonther, Gesundheitspolitikerin der Grünen im Bundestag, begrüßte die Entscheidung auf Twitter. Es sei ein "riesigier Schritt für den Gesundheitsschutz und international wichtiger Rückenwind für alle Länder die eine Drogenpolitik der Vernunft planen", so Kappert-Tonther. Auch FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann forderte dazu auf, die Cannabis-Legalisierung in Deutschland mutig voranzutreiben.
dpa/jb/LTO-Redaktion
Deutsche Politiker zu Bidens Cannabis-Vorstoß: . In: Legal Tribune Online, 07.10.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49821 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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