Die Prozesskosten in einem Umgangsstreit um die Rückführung eines ins Ausland entführten Kindes sind keine außergewöhnlichen Belastungen im steuerrechtlichen Sinne. Die Entführung betreffe nicht die materielle Existenzgrundlage, so der BFH.
Zivilprozesskosten sind auch dann vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen, wenn sie für einen Umgangsrechtsstreit zwecks Rückführung eines entführten Kindes aus dem Ausland zurück nach Deutschland entstanden sind. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil entschieden (Urt. v. 13.08.2020, Az. VI R 15/18).
Geklagt hatte ein Vater, dessen Tochter kurz nach der Geburt von der Mutter in deren Heimatland nach Südamerika verbracht wurde. Der Mann hatte vergeblich versucht, das Kind mit Hilfe des Haager Kindesentführungsübereinkommen nach Deutschland zurückzuholen. Die dafür entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten von über 20.000 Euro machte er als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt lehnte das ab, das Finanzgericht hingegen gab dem Mann Recht.
Der BFH bestätigte nun wiederrum die Rechtsauffassung des Finanzamts. Für Prozesskosten gelte nach § 33 Abs. 2 Satz 4 Einkommensteuergesetz (EStG) ab dem Veranlagungszeitraum 2013 ein grundsätzliches Abzugsverbot. Nur wenn der Steuerpflichtige ohne die Aufwendungen Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren oder seine notwendigen Bedürfnisse nicht mehr befriedigen zu können, sei ein Abzug der Prozesskosten laut Gericht ausnahmsweise zulässig.
Eine solche Ausnahme sah der BFH im Falle des Vaters nicht. Nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers sei, so der BFH, unter Existenzgrundlage die materielle Lebensgrundlage zu verstehen. Die Kindesentführung betreffe aber ungeachtet der emotionalen und finanziellen Belastung allein die immaterielle Existenzgrundlage des Mannes. Eine Deutung der Begriffe "Existenzgrundlage" und "lebensnotwendige Bedürfnisse" in einem immateriellen Sinne sei auch verfassungsrechtlich nicht geboten, hieß es.
acr/LTO-Redaktion
BFH zu Zivilprozesskosten: . In: Legal Tribune Online, 05.11.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43330 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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