Die Entschädigung für eine Enteignung ist kein "Veräußerungsgewinn". Ein ehemaliger Grundstückseigentümer muss deshalb nicht auch noch Einkommensteuer an das Finanzamt überweisen, wie der BFH nun klarstellte.
Eine Enteignung dürfte für die Wenigsten ein Grund zur Freude sein. Wenn das Finanzamt die erhaltene Entschädigung auch noch als Veräußerungsgewinn festlegt, lohnt sich eine Klage: Wie der Bundesfinanzhof (BFH) laut einer Mitteilung vom Donnerstag entschied, ist der Eigentumsverlust durch Enteignung keine Veräußerung im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetzes (EStG), da der Entzug des Eigentums ohne maßgeblichen Einfluss des Steuerpflichtigen stattfindet (Urt. v. 23.07.2019, Az. IX R 28/18).
Im Streitfall hatte der Kläger an einem unbebauten Grundstück im Jahr 2005 einen zusätzlichen Miteigentumsanteil durch Zuschlag in der Zwangsvollstreckung erworben und wurde dadurch Alleineigentümer des Grundstücks. Drei Jahre später wurde er enteignet und das Eigentum am Grundstück ging auf die Stadt über. Der Mann erhielt dafür eine Entschädigung in Höhe von 600.000 Euro. Das Finanzamt sah in der Enteignung in Bezug auf den 2005 erworbenen Miteigentumsanteil ein Veräußerungsgeschäft i.S.d. EStG und wollte Steuern für einen "Veräußerungsgewinn" in Höhe von 218.744 Euro kassieren. Dagegen klagte der Mann und bekam vor dem Finanzgericht Münster Recht.
Der Fiskus scheiterte mit seiner Forderung nun auch vor dem BFH. Die Begriffe "Anschaffung" und "Veräußerung" erfassen laut den Münchner Richtern entgeltliche Erwerbs- und Übertragungsvorgänge, die wesentlich vom Willen des Steuerpflichtigen abhängen. Eine Enteignung sei aber kein "Ausdruck einer wirtschaftlichen Betätigung", sondern könne vom Betroffenen nicht beeinflusst werden und finde auch ohne oder sogar gegen dessen Willen statt.
acr/LTO-Redaktion
BFH verneint Steuerpflicht: . In: Legal Tribune Online, 19.09.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/37727 (abgerufen am: 21.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag