Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung hält das LG München I die Durchsuchung des Kinderzimmers eines 14-Jährigen durch den bayerischen Staatsschutz für rechtswidrig. Der Schüler sei verdächtigt worden, einen beleidigenden Kommentar auf der Facebookseite des Strafrechtsprofessors Holm Putzke hinterlassen zu haben.
Nach einem Bericht der Zeitung hatten Beamte der Münchner Staatschutz-Abteilung die Wohung einer jüdischen Familie durchsucht. Dabei sei es ihnen um das Kinderzimmer und den Laptop des 14-jährigen Sohnes gegangen, der den Strafrechtsprofessor Holm Putzke via Facebook beleidigt haben soll. Die Familie habe sich vor dem Landgericht (LG) München I gegen die Durchsuchung gewehrt und Recht bekommen.
Der Passauer Jura-Professor Putzke hatte sich 2012 während der Debatte um die medizinisch nicht-indizierte Zirkumzision als Gegner der Beschneidung ausgeprochen, welche er für strafbar erachtete, schon bevor das Landgericht Köln mit seiner Entscheidung die Diskussion auslöste, die schließlich zur Einführung der Vorschrift des § 1631d Bürgerliches Gesetzbuch führte.* In der Folge habe er Drohbriefe und beleidigende E-Mails erhalten, so die Süddeutsche Zeitung. Auf seiner Facebookseite sei er als "kleines dreckiges Vorhaut Schwänzchen" bezeichnet worden, woraufhin er Strafanzeige erstattet habe.
Auf Nachfrage der Süddeutschen Zeitung erklärte Peter Preuß, Sprecher der Staatsanwaltschaft München I, dass der Staatsschutz zuständig sei, da die Beschneidungsdiskussion eine politische Debatte gewesen sei. Bei den Ermittlungen sei man auf den 14-Jährigen gestoßen als vermeintlichen Urheber der unter einem Pseudonym versandten Nachricht.
Allerdings habe selbst die Polizei Zweifel an der Täterschaft des Schülers gehabt: Der Duktus wie auch der Inhalt des Facebookeintrags lasse eher auf einen Erwachsenen als auf ein Kind schließen. Wenn aber schon gewichtige Bedenken an der Täterschaft des Jugendlichen bestehen, fehle es am erforderlichen Anfangsverdacht für eine Durchsuchung, habe das LG entschieden.
mbr/LTO-Redaktion
*Anm. d. Red. v. 22.04.2013: Auf seinen Wunsch wurde die inhaltlich fehlerhafte Formulierung entfernt, Holm Putzke habe gefordert, religiös motivierte Beschneidungen bei minderjährigen Jungen strafrechtlich zu ahnden. Putzke legt Wert darauf, dass er deren Strafbarkeit aus dem damals geltenden Recht lediglich deduziert, nicht aber das Strafrecht für das richtige Mittel gehalten habe.
Beschneidungsgegner auf Facebook beleidigt: . In: Legal Tribune Online, 20.04.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8573 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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