Zur Abwendung einer drohenden Obdachlosigkeit darf eine Gemeinde Wohnungen für die betroffenen vorherigen Mieter beschlagnahmen. Allerdings regelmäßig für maximal sechs Monate und nur dann, wenn die Kommune sich aktiv um Ersatzwohnraum bemüht hat, entschied das VG im Mai.
Eine Gemeinde im Landkreis Leer beschlagnahmte die Wohnung der zur Herausgabe veruteilten Mieter, um diese vor der Obdachlosigkeit zu bewahren. Der auf die Herausgabe gerichteten Klage gab das Verwaltungsgericht (VG) Oldenburg mit am Donnerstag bekannt gewordener Entscheidung statt (Urt. v. 22.05.2012., Az. 7 A 3069/12).
Den Mietern der Wohnung war wegen rückständiger Mietzahlungen gekündigt worden, das Amtsgericht (AG) Leer hatte sie zur Herausgabe verurteilt. Der zwangsweisen Räumung kam die Gemeinde jedoch durch die Beschlagname zuvor und wies die von der Obdachlosigkeit betroffenen Mieter in die Wohnung ein. Die Maßnahme verlängerte die Gemeinde in der Folgezeit mehrfach auf über ein dreiviertel Jahr.
Der Vermieter trug im Prozess vor, er müsse es nicht dulden, dass ein rechtskräfiges Räumungsurteil eine derart lange Zeit nicht durchgesetzt werden könne. Zudem habe den Mietern auch keine unverschuldete Obdachlosigkeit gedroht, da sie mehr als ein dreiviertel Jahr in Kenntnis darüber waren, dass sie die bisherige Unterkunft hätten verlassen müssen. Zudem hätten weder Mieter noch Gemeinde hinreichende Bemühungen unternommen, eine geeignete Ersatzunterkunft zu finden.
Das VG folgte den Ausführungen. Eine Wohnung dürfe grundsätzlich nur bis zu sechs Monate beschlagnahmt werden. Die Behörde müsse zudem den Nachweis erbringen, dass anderweitiger Wohnraum nicht zur Verfügung steht. Es genüge nicht, die Mieter lediglich dazu aufzufordern, sich um Wohnraum zu bemühen. Stattdessen bedürfe es eigener Anstrengungen der Gemeinde, insbesondere, wenn die ehemaligen Mieter die Wohnung nach einem rechtskräftigen Urteil schon längst hätten räumen müssen. Solche habe das VG hier aber nicht erkennen können.
Die Entscheidung des VG ist noch nicht rechtskräftig. Die Parteien können die Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Niedersachsen in Lüneburg beantragen.
una/LTO-Redaktion
VG Oldenburg zur Vermeidung von Obdachlosigkeit: . In: Legal Tribune Online, 01.06.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6305 (abgerufen am: 23.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag