Trotz seiner organisatorischen Aufgaben kann auch ein Gruppenleiter einer Versicherung als Syndikusrechtsanwalt zugelassen und von der Rentenversicherungspflicht befreit werden. Auch zu anderen Positionen entschied der AGH.
Es ist eine der ersten rechtskräftigen Entscheidung seit Inkrafttreten des Syndikusanwälte-Gesetzes am 1. Januar 2016. Der Anwaltsgerichtshof (AGH) Nordrhein-Westfalen hat die Zulassung eines bei einer Versicherung angestellten Gruppenleiters als Syndikusrechtsanwalt bestätigt. Infolgedessen dürfe sich der Mann auch von der Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung befreien lassen, entschied das Anwaltsgericht bereits im Oktober. Das Urteil wurde Anfang der Woche bekannt (Urt. v. 28.10.2016, Az. 1 AGH 33/16).
Syndikusrechtsanwälte können sich wie in Kanzleien tätige Rechtsanwälte von der Zahlung von Rentenbeiträgen befreien lassen und lediglich Beiträge an das Versorgungswerk der Rechtsanwälte leisten. Doch nicht jede juristische Tätigkeit in einem Unternehmen berechtigt zur Zulassung. Entscheidende Bedeutung kommt gemäß § § 46 Abs. 3 Berufsrechtsanwaltsordnung (BRAO) n.F. zu, der die Merkmale einer anwaltlichen Tätigkeit aufführt. Diese muss insbesondere fachlich unabhängig und eigenverantwortlich ausgeübt werden.
Die klagende Rentenversicherung sah die Voraussetzungen beim Gruppenleiter als nicht gegeben an, da der Angestellte hauptsächlich leitende und steuernde Aufgaben wahrnehme. Für diese sei schon keine juristische, sondern nur ein kaufmännische Ausbildung erforderlich. Sie erhob daher Anfechtungsklage gegen den Zulassungsbescheid der zuständigen Rechtsanwaltskammer.
Anwaltliche Tätigkeit überwiegt
Die wies der AGH ab und führte aus, dass die organisatorischen Aufgaben gemessen an der Gesamtarbeitszeit nicht wesentlich ins Gewicht fielen. Überwiegend handele es sich bei der Tätigkeit des Gruppenleiters bei dem Versicherer um eine anwaltliche Tätigkeit, weil der Mann im Sinne von § 46 BRAO nicht nur juristische Sachverhalte aufkläre und Rechtsfragen prüfe, sondern auch selbstständig Verhandlungen führe. Die Arbeit sei auch auf die Verwirklichung von Rechten ausgerichtet, heißt es in der Gerichtsmitteilung. Schließlich werde sie auch unabhängig und eigenverantwortlich ausgeübt, was arbeitsvertraglich auch ausdrücklich festgelegt worden sei.
Wie der AGH weiterhin mitteilt, hat er in ähnlichen Verfahren eine gleichlautende Entscheidung getroffen. Dabei ging es u.a. um einen Juristen, der als Referent und Stellvertreter des geschäftsführenden Direktors eines Theaterunternehmens tätig ist und eine Juristin, die als Assistentin der Geschäftsführung in einem Kosmetikunternehmen arbeitet. Auch hier sei eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt rechtmäßig, entschied der AGH. Diese Urteile sind jedoch noch nicht rechtskräftig.
una/LTO-Redaktion
AGH NRW gibt Syndikusanwalt Recht: . In: Legal Tribune Online, 23.02.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22183 (abgerufen am: 23.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag