Eine Frau entwendete während der Verhandlung ihre eigene Strafakte und floh nach Spanien. Das konnte ihre Verurteilung letztlich aber nicht verhindern: Nach der Auslieferung muss die vorbestrafte Reichsbürgerin nun ins Gefängnis.
Eine Reichsbürgerin ist unter anderem wegen des Entwendens ihrer eigenen Strafakte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt worden. Bewährung gibt es für die vielfach vorbestrafte Frau nicht. Das geht aus einem Urteil des Amtsgerichts (AG) Kaufbeuren vom Donnerstag hervor (Urt. v. 30.03.2017, Az. 5 DS 210 Js 1243/16).
Vor 14 Monaten saß die Angeklagte in genau demselben Gerichtsaal. Damals war sie wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis angeklagt. Nach dem Plädoyer des Staatsanwalts brach jedoch Chaos aus, verursacht von Helfern der Frau. Die Richterin unterbrach die Sitzung und ging aus dem Raum, um Justizbeamte zur Hilfe zu holen. Die Angeklagte schnappte sich währenddessen ihre eigene Strafakte und warf sie ihren Kumpanen zu. Die Störer gaben lautstark krude Ansichten zur Rechtmäßigkeit von Staat und Justiz von sich und erklärten die Akte für "beschlagnahmt", bevor sie mit der Frau aus dem Saal türmten. Das Geschehen ist in einem Video dokumentiert, das später im Internet veröffentlicht wurde und viral ging.
Ein erster Prozesstermin wegen der Entwendung der Akte musste bereits wegen Abwesenheit der Angeklagten verschoben werden. Vor etwa fünf Wochen wurde die Frau dann an ihrem neuen Wohnort in Spanien festgenommen und nach Deutschland ausgeliefert. Gegen vier Helfer sind mittlerweile Strafbefehle erlassen worden, von denen zwei bereits rechtskräftig sind.
Frau lehnt deutsche Gerichtsbarkeit ab
In der Verhandlung am Donnerstag wollte sich die inzwischen in der Justizvollzugsanstalt Memmingen inhaftierte Hauptbeschuldigte nicht zu den Vorwürfen äußern. Doch das AG konnte auf die Aussage der Angeklagten ebenso verzichten wie auf Zeugen: Es reichte das sichergestellte Video und die Aussage der 51-Jährigen bei der Ermittlungsrichterin in München nach der Auslieferung. Dort hatte sie die Tat zugegeben.
Ebenso wie bei der Haftrichterin behauptete die Frau vor Gericht, dass sie keine Reichsbürgerin sei. Gleichzeitig macht sie aber klar, dass sie "mit dem System in Deutschland nicht einverstanden" sei und auch das Gericht ablehne.
Der Fall rückt erneut die Bewegung in den Mittelpunkt, die inzwischen bundesweit vom Verfassungsschutz beobachtet wird. "Reichsbürger" weigern sich, die Bundesrepublik als Staat anzuerkennen. Dem Grundgesetz, Behörden und Gerichten sprechen sie die Legitimität ab.
dpa/mgö/LTO-Redaktion
Eigene Strafakte entwendet und getürmt: . In: Legal Tribune Online, 30.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22531 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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