Ein Referentenentwurf des BMF hat es in sich: Ab dem Jahr 2025 soll sich eine neue Behörde dem Kampf gegen Finanzkriminalität widmen. Daniel Travers erklärt, wie Deutschland damit seinen Ruf als Geldwäscheparadies abschütteln will.
Der Stachel sitzt tief. Das bargeldverliebte Deutschland leidet unter dem zweifelhaften Ruf eines notorischen Geldwäscheparadieses. Ein vorläufiger Tiefpunkt wurde vor wenigen Jahren erreicht, als die beim Zoll angesiedelte Financial Intelligence Unit (FIU) und später selbst das Bundesministerium der Finanzen (BMF) durchsucht wurden. Eine Staatsanwaltschaft hatte den Zöllnern vorgeworfen, Geldwäscheverdachtsfälle zu lange liegen gelassen zu haben. Später wurde zwar festgestellt, dass die Durchsuchung des BMF unrechtmäßig war, dennoch blieben Kratzer am Ruf der deutschen Geldwäschebekämpfung.
Vor einem Jahr veröffentlichte dann die Financial Action Task Force (FATF), eine internationale Anti-Geldwäsche-Organisation, die Ergebnisse ihrer Deutschlandprüfung. Die Bewertung war bestenfalls mittelmäßig: Zwar hatte Deutschland zuletzt immer engmaschigere und strengere Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche eingeführt. Die Zusammenarbeit zwischen FIU und Strafverfolgungsbehörden funktioniere in der Praxis aber nicht reibungslos, die Strafverfolger konzentrierten sich zu sehr auf Vortaten und zu wenig auf anschließende Finanzkriminalität. Die Geldwäscheaufsicht im Nichtfinanzsektor weise Lücken auf, und die Ressourcenausstattung der Strafverfolger sei unzureichend.
Höchste Zeit also zu handeln. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) trat mit der Veröffentlichung des FATF-Berichts vor die Kameras und versprach eine umfassende Reform - den "großen Wurf", der auch die Etablierung einer neuen Bundesoberbehörde, nämlich des Bundesamts zur Bekämpfung der Finanzkriminalität (BBF), umfassen werde. Der nun präsentierte Referentenentwurf des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung von Finanzkriminalität (Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz – FKBG) verleiht den Ankündigungen des Ministers konkrete Konturen.
Wichtige Kompetenzen für Geldwäscheaufsicht, Verfolgung von Finanzkriminalität und Untersuchung verdächtiger Finanztransaktionen sollen in der neuen Behörde gebündelt werden. Wer einen teuren Sportwagen fährt, muss in Zukunft unter Umständen erklären können, woher das Geld dafür stammt.
Die Struktur der neuen Anti-Geldwäsche-Behörde
Das BBF soll seinen Hauptstandort in Köln und einen Nebensitz in Dresden haben. Ab 2025 sollen dort über 1.700 Mitarbeiter sowohl präventiv als auch repressiv gegen Finanzkriminalität vorgehen. Das BBF soll nach dem Grundsatz "follow the money" arbeiten: Der Spur des schmutzigen Geldes zu den Hintermännern und Geldwäschern folgen.
Eine Schlüsselrolle innerhalb des BBF ist dem Ermittlungszentrum Geldwäsche (EZG) zugedacht, das in wichtigen Geldwäschestrafverfahren kriminalpolizeiliche Aufgaben übernehmen soll. Viele bestehende Einheiten sollen auf das BBF übertragen werden. So insbesondere die erst dieses Jahr beim Zoll eingerichtete Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung (ZfS).
Außerdem die FIU, die eine immer größer werdende Flut an Geldwäscheverdachtsmeldungen bearbeitet, die Tag für Tag insbesondere von Banken elektronisch an die FIU gemeldet werden müssen.
Anpassungen bei der Geldwäscheaufsicht
Das BBF – an Abkürzungen nicht arm – wird auch eine "ZfG" enthalten, nämlich die Zentralstelle für Geldwäscheaufsicht. Diese Stelle soll daran arbeiten, einen einheitlichen, risikobasierten Ansatz bei der Geldwäscheaufsicht im Nichtfinanzsektor zu etablieren.
Hintergrund ist folgender: Während Finanzinstitute wie Banken einer zentralen Geldwäscheaufsicht durch die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unterliegen, erfolgt die Geldwäscheaufsicht im Nichtfinanzbereich durch eine Vielzahl verschiedener Landesbehörden. Gerade der Nichtfinanzbereich ist indes bei Geldwäschern beliebt, die oftmals etwa Gebrauchtwagenhändler, Juweliere oder Immobilienunternehmen ansteuern.
Nach dem BMF-Entwurf soll es zwar bei der Zuständigkeit der Länder bleiben, das BBF soll aber eine zentrale Koordinierungsrolle im Nichtfinanzsektor übernehmen.
Vermögensermittlungen: Wie kann der sich das leisten?
Eine zentrale Initiative des Referentenentwurfs ist die Einführung eines Vermögensermittlungsgesetzes (VErmG). Dadurch soll es dem Staat ermöglicht werden, die Herkunft von Geldern für den Erwerb verdächtiger Vermögenswerte zu überprüfen – und zwar ohne dass ein strafrechtlicher Anfangsverdacht vorliegen muss.
Das geht weit. Bislang ist der Anfangsverdacht einer konkreten Straftat erforderlich, um die Polizei auf den Plan zu rufen. Der Anfangsverdacht ist zwar ein niedriger Verdachtsgrad den Staatsanwaltschaften und Gerichte oft großzügig bejahen. Aber zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine konkrete Straftat braucht es doch, um Ermittlungen zu starten. Die Polizei kann heute nicht einfach einen teuren Sportwagen sicherstellen, weil sie meint, dass der junge Fahrer diesen doch unmöglich legal gekauft haben kann. Der junge Fahrer muss der Polizei heute auch nicht erklären, woher sein Geld stammt.
Das soll sich – unter bestimmten Voraussetzungen – in Zukunft ändern. Nach dem Entwurf sollen zukünftig in Verdachtsfällen Anordnungen erlassen werden können, die den Eigentümer sehr teurer Vermögenswerte dazu verpflichten, Auskunft über die Mittelherkunft zu geben. Betroffen sind indes nur sehr teure Gegenstände (ab 500.000 Euro) und Vermögenswerte wie Autos, Immobilien oder Schiffe, die in einem Register erfasst werden müssen.
Der Entwurf stattet die Vermögensermittler mit einer ganzen Reihe von Ermittlungsbefugnissen aus, die teilweise einen Richtervorbehalt erfordern – wohlgemerkt aber eben keinen strafrechtlichen Anfangsverdacht. So kann ein Gericht zum Beispiel im Rahmen der Vermögensermittlungen eine Durchsuchung anordnen und Vermögensgegenstände sicherstellen.
Einiges mehr sieht der Referentenentwurf vor, zum Beispiel ein Register aller Immobilientransaktionen und erweiterte verdeckte Ermittlungsmaßnahmen in Fällen besonders schwerer Geldwäsche.
Noch keine ausgemachte Sache
Der Referentenentwurf fügt sich in einen Rahmen immer strenger werdender Geldwäschevorschriften ein. Allerdings geht er weit über Bisheriges hinaus. Dass er in seiner gegenwärtigen Form Gesetz wird, dürfte noch keine ausgemachte Sache sein. Aktuell läuft die Ressortabstimmung.
Durchaus möglich, dass die beträchtliche Bündelung von Kompetenzen im Geschäftsbereich des BMF noch zu Diskussionen führt. So könnte zum Beispiel das geplante Ermittlungszentrum Geldwäsche als eine Art zusätzliches Bundeskriminalamt (BKA) gesehen werden, das aber nicht anstatt, sondern komplementär zum BKA tätig werden soll.
Der Mehrwert dieser Dopplung bleibt unklar. Die Kritik an der aktuellen Geldwäschebekämpfung zielt in der Regel nicht auf die Arbeit des BKA, das in den letzten Jahren in komplexen Geldwäscheverfahren umfangreiche Erfahrungen gesammelt hat und jedenfalls von Staatsanwaltschaften geschätzt und gerne hinzugezogen wird. Die Frage stellt sich deshalb, ob eine weitere Strafverfolgungsbehörde des Bundes tatsächlich sinnvoll ist und wie diese mehr Knowhow als das BKA erlangen soll. Die Übertragung der Finanztransaktionsuntersuchungen vom BKA zum Zoll im Jahr 2017 war jedenfalls bislang keine Erfolgsgeschichte.
Dennoch: die institutionellen Reformen sind grundsätzlich zu begrüßen. Der Gesetzgeber hat zuletzt Unternehmen und insbesondere Finanzinstituten immer strengere Pflichten zur Geldwäscheprävention auferlegt. Diese teuren und kleinteiligen Pflichten sind leichter zu ertragen, wenn der Staat die ihm zur Verfügung gestellten Daten und Mittel dann auch effizient und wirksam zur Bekämpfung der Geldwäsche nutzt. Hierzu ist die gezielte Zusammenführung von Ressourcen erforderlich.
Ob jedoch zusätzlich ein Instrument wie das Vermögensermittlungsgesetz erforderlich ist, ist zweifelhaft – insbesondere in Anbetracht der gemischten Erfahrungen anderer Staaten mit ähnlichen Instrumenten, die entweder schwer anwendbar sind oder rechtsstaatlich fragwürdige Ergebnisse liefern können.
Klar ist jedenfalls: Das politische Klima im Kampf gegen Finanzkriminalität verschärft sich kontinuierlich. Es wird interessant sein zu beobachten, worauf sich die Ampel einigen wird.
Rechtsanwalt Dr. Daniel Travers ist Partner der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer und widmet sich dort den Fachbereichen White-Collar Defence und Global Investigations.
Seit 2019 ist er zudem Lehrbeauftragter für Wirtschaftsstrafrecht an der Universität Potsdam.
Finanzminister will härter gegen Geldwäsche vorgehen: . In: Legal Tribune Online, 10.08.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52451 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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