Lachse in der Elbe, ein Recht auf Feierabend – in den Programmen der Parteien zur Bundestagswahl finden sich einige erstaunliche Themen. Auch rechtlich geben die Vorschläge einiges her. Zu den steigenden Mieten in Ballungszentren zum Beispiel haben alle eine Meinung. Grund genug, uns des Themas in Teil 1 unserer Serie anzunehmen: Die Union befürwortet plötzlich, was sie vor kurzem noch ablehnte.
Für die Linken ist Wohnen gar Teil der Daseinsvorsorge. Sie wollen das Recht auf Wohnen im Grundgesetz verankern. Soweit gehen die anderen Parteien nicht. Eine Beschränkung der Mietpreise bei Neuvermietungen steht jetzt aber selbst bei der CDU im Programm:
"Auch bei der Wiedervermietung von bestehenden Wohnungen wollen wir die Möglichkeit eröffnen, in angespannten Märkten die Mieterhöhungen … auf 10 Prozent oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete zu beschränken. Diese Regel gilt nicht für Erstvermietungen in Neubauten."
Sinngemäß steht das so auch in den Programmen der anderen Parteien. Die FDP lehnt eine Regulierung dagegen strikt ab: "staatliche Eingriffe in die Preisbildung bei Neuvermietungen … gefährden den Wohnungsbau und werden deshalb von uns … entschieden abgelehnt."
Im vergangenen Jahr lehnte die CDU eine Deckelung der Mieten noch ab
Neu ist der Vorschlag nicht. Als der Gesetzgeber im vergangenen April die Möglichkeit für Vermieter einschränkte, bei bestehenden Mietverträgen die Miete zu erhöhen, war das der SPD damals schon zu wenig.
Sie hielt es für sinnvoll, die Mieten auch bei der Wiedervermietung auf maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete zu beschränken. Damit diese Deckelung den gewünschten Erfolg entfaltet, sollten bei der Berechnung der Vergleichsmiete nicht nur die in den letzten vier Jahren geänderten Mieten und die in diesem Zeitraum neu abgeschlossenen Mietverträge berücksichtigt werden, sondern alle Mietverhältnisse (BT-Drs. 17/9559).
CDU und FDP lehnten den Vorschlag im Bundestag ab, Grüne und Linke enthielten sich.
Experte: "Zwangssystem, das nicht zu einer freien Marktwirtschaft passt"
Der Mietrechtsexperte Thomas Hannemann hält eine solche Regelung für verfassungsrechtlich problematisch: "Es gibt bislang schon zugunsten des Mieters Grenzen für die zulässige Miethöhe, nämlich den Mietwucher und die Mietpreisüberhöhung nach dem Wirtschaftsstrafgesetz." Einem Vermieter darüber hinaus - wenn auch beschränkt auf den Wiedervermietungsfall und nicht die erstmalige Vermietung eines Objektes - vorzuschreiben, er dürfe nur maximal eine 'gedeckelte' Miete verlangen, obwohl der Mieter sogar bereit wäre, mehr zu zahlen, greife in die Eigentumsfreiheit ein. "Das wäre eine Art Zwangsmietensystem, das nicht zu einer freien Marktwirtschaft passt."
Der Anwalt bezweifelt, dass eine derartige bundesweit geltende Regelung ohne detaillierte Prüfung, ob es sich um Gebiete handelt, in denen die Versorgung der Bevölkerung mit Wohnungen zu zumutbaren Bedingungen besonders gefährdet ist, verfassungskonform ist. "Das ist etwas ganz anderes als die seit Jahren geltenden Grenzen für eine Mieterhöhung während des bestehenden Mietverhältnisses."
Außerdem komme ein praktisches Problem hinzu: "Wenn sich die Parteien nicht einigen können, wie hoch die konkrete Vergleichsmiete und damit die maximal zehn Prozent darüber liegende Miete ist, kommt nach der bisherigen Rechtslage ein Vertrag gar nicht zustande. Soll der Mieter dann in Zukunft einfach unterschreiben, etwa weil er die Wohnung unbedingt haben will, und im Anschluss sofort klagen?" Es sei fraglich, ob es wirklich im Sinne des Mieters sei, wenn das Mietverhältnis so von Anfang an belastet wird.
Bestellerprinzip im Maklerrecht: Wer bestellt, soll auch zahlen
Ein Makler inseriert die frei gewordene Wohnung, macht Besichtigungstermine aus, schleust Interessenten durch die Zimmer und wählt am Ende einen solventen und ordentlichen Mieter aus. Für Vermieter ist das sehr praktisch, deshalb schalten sie gerne einen Makler ein. Die Kosten dafür soll aber möglichst der neue Mieter übernehmen.
SPD, Grüne und die Linken sprechen sich dafür aus, dies zu ändern. Zahlen soll grundsätzlich der, der bestellt. Ein Grundsatz, der sonst überall in der Marktwirtschaft gelte, so die SPD.
Die FDP lehnt eine solche Regulierung strikt ab. Die CDU formuliert es wenig aussagekräftig: "Für Maklerleistungen wollen wir klare bundeseinheitliche Rahmenbedingungen schaffen, um mehr Rechtssicherheit zu erzielen. Vermieter und Mieter sollen weiter als Auftraggeber auftreten können."
Bundesrat hat bereits Gesetzentwurf vorgelegt
Die Maklerkosten standen bereits vor der Sommerpause auf der Tagesordnung des Bundesrats (BR-Drs. 177/13). Anfang Juni beschloss die Länderkammer, den Gesetzentwurf von Hamburg, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Bremen – alle rot-grün regiert – in den Bundestag einzubringen, was allerdings vor Ende der Legislaturperiode nicht mehr geschah.
Geändert werden soll das Wohnungsvermittlungsgesetz (WoVermRG). Künftig sollen Wohnungssuchende nur dann eine Provision zahlen, wenn sie den Makler ausdrücklich beauftragt und mit ihm einen schriftlichen Vertrag geschlossen haben.
Vereinbarungen, durch die der Mieter sich gegenüber dem Vermieter oder dem Makler verpflichtet, eine ursprünglich von der Gegenseite geschuldete Provision zu tragen, sollen unwirksam sein.
Experten halten Eingriff in Vertragsfreiheit nicht für gerechtfertigt
"Im Grunde gilt dieses Bestellerprinzip ja heute schon", sagt Rechtsanwalt für Immobilienrecht Paul Kiss. "Zahlen muss den Makler derjenige, der ihn beauftragt hat – also der Vertragspartner." In der Praxis laufe es aber meistens so, dass Vermieter einen Makler darüber informieren, dass eine Wohnung auf dem Markt ist und ihm dann erlauben, diese zu vermarkten und eine Provision dafür vom neuen Mieter zu verlangen.
Zumindest in Berlin hält Katrin Dittert, die als Anwältin häufig auch Makler vertritt, einen Eingriff in die Vertragsfreiheit, wie ihn der Bundesrat vorschlägt, nicht für gerechtfertigt. "Die Wohnungsnot ist hier nicht so groß. Mieter können durchaus noch selbst entscheiden, ob sie eine Wohnung nehmen, obwohl sie dafür eine Provision zahlen müssen."
Auch Kiss denkt, eine solche Regelung sollte es allenfalls für Stadtteile geben, in denen Wohnraum sehr knapp ist. "Mieter sind dort vielleicht wirklich bereit, alles Mögliche zu zahlen, um eine Wohnung zu bekommen." Aber selbst dann: "Zahlungen an einen Makler könnten dann eben unter der Hand laufen."
Geschäft der Makler könnte leiden
Kiss befürchtet nicht, dass es sich kurzfristig unmittelbar auf die Höhe der Mieten auswirken würde, wenn Vermieter künftig die Maklerkosten übernehmen müssten. "Langfristig könnten diese höheren Kosten für die Wohnungsverwaltung dagegen in die Miete einberechnet werden. Aber da gibt es ja auch Bestrebungen, die Mieten zu deckeln, so dass das nur eingeschränkt möglich wäre."
Der Anwalt sieht eher die Gefahr, dass Vermieter sich überlegen werden, ob sie überhaupt einen Makler brauchen. "Ich vermute, dass das Geschäft der Makler zurückgehen wird." Das befürchtet auch Dittert.
Schon heute kennt das WoVermRG eine Beschränkung der Höhe der Maklergebühren zugunsten der Mieter: Zwei Monatskaltmieten plus Umsatzsteuer dürfen die Kosten nicht überschreiten, § 3 Abs. 2.
Mit Material von dpa.
Claudia Kornmeier, Wahlprogramme – Teil 1: . In: Legal Tribune Online, 20.07.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9178 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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