Einmal mehr entscheidet der BGH zu der Frage, ob und auf welcher Grundlage Energieversorger die Arbeitspreise für Erdgas gegenüber Endverbrauchern erhöhen können. Pikant diesmal: Die strittigen Preiserhöhungen erfolgten nicht nur auf der Grundlage allgemeiner Geschäftsbedingungen, sondern aufgrund einer Verordnung – die möglicherweise unwirksam ist.
In den am Mittwoch zur Entscheidung anstehenden Fällen (Az. VIII ZR 246/08, VIII ZR 6/08) erfolgten Gaspreisanpassungen aufgrund der Erhöhung der Vor-Bezugspreise. Die Erhöhung der Erdgaspreise stützten die Lieferanten auf ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen, in die die "Verordnung über allgemeine Bedingungen für die Elektrizitäts- und Gasversorgung von Tarifkunden" vom 21. Juli 1979 (AVBGasV) einbezogen worden war. Die klagenden Endverbraucher beantragten die Feststellung, dass die zuvor vereinbarten Arbeitspreise fortbestünden, d.h. die Erhöhung unwirksam sei.
Der BGH hat also zu klären, ob die Bestimmungen des AVBGasV und die darauf beruhenden GasGVV eine ausreichende Grundlage für die Neufestsetzung von Tarifen darstellt oder dies am Widerspruch zu den §§ 305 ff BGB scheitert, insbesondere die von den Versorgern in Bezug genommenen Bestimmungen nicht hinreichend transparent sind.
Während es bei früheren Entscheidungen des BGH zur Zulässigkeit von Gaspreisanpassungen darum ging, ob allgemeine Vertragsbedingungen des Lieferanten eine unangemessene Benachteiligung des Endabnehmers darstellen, hat der BGH also nun darüber zu befinden, ob Bestimmungen, die immerhin im Range einer Gesetzesverordnung (auf der Grundlage des EnWG) bestehen, gegenüber dem BGB zurückweichen.
Die große Frage: Preisanpassung auf Grundlage der AVBGasV?
Die Vorinstanzen kamen zu verschiedenen Ergebnissen. Während das LG Oldenburg mit Entscheidung vom 29.11.2007 die Klagen der Endverbraucher abwies, weil die AVBGasV eine ausreichende Grundlage für die Anpassung des Gaspreises darstellten, verneinte das OLG Oldenburg die Tragfähigkeit der AVBGasV für eine Preisanpassung wegen eines Verstoßes gegen § 307 BGB (OLG Oldenburg vom 05.09.2008).
Interessant ist auch, dass die AVBGasV selbst gar keine Ausführungen zum zulässigen Inhalt von Preisanpassungen macht. Es geht damit indirekt auch um die Frage, ob die AVBGasV überhaupt nicht nur eine notwendige, sondern auch, ob sie eine ausreichende Bestimmung für die Regelung der Lieferbeziehungen ist.
Und schließlich wird der Senat, wenn er davon ausgehen sollte, dass die Preisanpassungen unwirksam waren, möglicherweise die vom OLG aufgeworfene Frage zu beantworten haben, ob die klagenden Endverbraucher die einseitigen Preiserhöhungen und die darauf basierenden Jahresabrechnungen ohne Beanstandung in angemessener Zeit akzeptiert haben (und deshalb nicht mehr klageweise dagegen vorgehen können), indem sie weiterhin Gas bezogen und die nachfolgenden Rechnungen bezahlt hatten.
Einmal mehr kann die anstehende Entscheidung nicht nur für den Endverbraucher, sondern vor allem auch für die Versorger von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung sein.
Der Autor Ass. jur. Anton Kumanoff ist in einer international ausgerichteten Unternehmens-beratungsgesellschaft tätig. Er beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Wirtschaftsfragen öffentlicher Einrichtungen.
Preisanpassung von Energieversorgern: . In: Legal Tribune Online, 14.07.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/957 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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