Am Montag tritt Jens Rommel seinen Dienst als neuer Generalbundesanwalt an. Erst wird er förmlich ernannt, dann mit einem Festakt gefeiert. Vor rund 15 Jahren war Rommel schon einmal in der Behörde tätig. Christian Rath stellt ihn vor.
Am 4. März 2024 geht es los. Ab Montag ist Jens Rommel neuer Generalbundesanwalt. Er ist dann oberster Ermittler gegen Terror, Spionage und Kriegsverbrechen. Zugleich ist er über die Revisionsabteilung der Bundesanwaltschaft auch für die Weiterentwicklung und Einheitlichkeit des Strafrechts in Deutschland zuständig.
Zuerst wird ihm am Montagmorgen Justizminister Marco Buschmann (FDP) die von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) unterschriebene Ernennungsurkunde überreichen. Anders als bei neuen Bundesverfassungsrichter:innen übergibt der Bundespräsident die Urkunde einem neuen Generalbundesanwalt nicht persönlich, sondern nutzt den Minister als Edelboten. Und weil Buschmann am Montag ohnehin nach Karlsruhe kommt, bringt er die Urkunde eben gleich mit. Der Rechtsstaat kann pragmatisch sein.
Buschmann ist in Karlsruhe, weil am Montag auch Ex-Generalbundesanwalt Peter Frank, der im Dezember zum Verfassungsrichter gewählt wurde, per Festakt verabschiedet wird. Und im gleichen Festakt wird dann auch Jens Rommel als neuer Generalbundesanwalt begrüßt.
Alle vertrauen Jens Rommel
Justizminister Buschmann hatte Jens Rommel Anfang Januar vorgeschlagen. Eine Woche später akzeptierten SPD und Grüne im Bundeskabinett den Vorschlag. Am 2. Februar stimmte dann auch der Bundesrat zu; Rommel hat also auch das Vertrauen der CDU/CSU-regierten Länder.
Das liegt nun schon einen Monat zurück. Doch Rommel hat seinen Dienst noch nicht aufgenommen, denn noch ist er BGH-Richter. Rommel hatte sich ausbedungen, erst Anfang März in der Bundesanwaltschaft anzufangen, um am BGH einen aufgeräumten Schreibtisch zu hinterlassen. Trotz des überraschenden Abgangs von Peter Frank ist die Bundesanwaltschaft ja auch nicht führungslos. Für solche Fälle gibt es einen stellvertretenden Generalbundesanwalt, derzeit Lars Otte.
Rückkehr zur Bundesanwaltschaft
Seit der politischen Entscheidung, dass Rommel Generalbundesanwalt werden soll, war er noch nicht am neuen Arbeitsort. Weder hat er sich das Gebäude angesehen noch dem Führungspersonal vorgestellt. Warum auch? Er kennt die Bundesanwaltschaft und viele Abteilungsleiter:innen. Schließlich war Rommel schon einmal hier tätig.
Ab 2007 arbeitete Rommel bereits zweieinhalb Jahre lang in der Terrorismus-Abteilung und ermittelte gegen die kurdische PKK, die seit 1993 auch in Deutschland verboten ist. Es war einiges los damals, mit vielen Ermittlungsverfahren gegen PKK-Gebietsverantwortliche. Nach einem Gewaltverzicht in Deutschland hatte der BGH die PKK zwar 2004 von der terroristischen zur kriminellen Vereinigung zurückgestuft. Dabei sollte die Vereinigung nur aus den deutschen PKK-Führungskadern bestehen, eine ungewöhnliche Konstruktion. Mit Blick auf den neuen § 129 b StGB erklärte der BGH die PKK 2010 dann aber wieder zur (ausländischen) terroristischen Vereinigung – eine deutliche Verschärfung.
Rommel war damals nur ein (vom Land Baden-Württemberg abgeordneter) wissenschaftlicher Mitarbeiter, dürfte die Entwicklung also kaum mitgeprägt haben. Aber er kennt seither die Abläufe der GBA-Ermittlungsabteilungen aus intensiver eigener Anschauung, ebenso die Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt sowie die Anklage und Prozessführung an den Oberlandesgerichten.
Vertrautes Terrain
Auch sonst hatte Rommel immer wieder Berührungspunkte mit den Themen der Bundesanwaltschaft. So war er in den vergangenen vier Jahren als BGH-Richter am 4. Strafsenat zwar überwiegend für Verkehrsstraftaten zuständig. Daneben war er am BGH aber auch stellvertretender Ermittlungsrichter und musste dabei über die Überwachung und Verhaftung von IS-Terrorist:innen entscheiden. So sind ihm auch die zuletzt häufigen Fälle von IS-Rückkehrer:innen aus Syrien und dem Irak vertraut.
Auch in seiner Zeit als Leiter der Ludwigsburger Zentralstelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen von 2015 bis 2020 hatte Rommel Bezug zur Bundesanwaltschaft. Der KZ-Buchhalter Oskar Gröning war nach grundlegenden Ermittlungen der Zentralstelle vom Landgericht Lüneburg wegen Beihilfe zum Massenmord verurteilt worden. Als Gröning in Revision zum BGH ging, verteidigte die Bundesanwaltschaft das Urteil. Am Ende wurde die Verurteilung Grönings vom BGH 2016 in einem Grundsatzbeschluss bestätigt, auf dem bis heute auch die Verfolgung von KZ-Wachleuten und -Schreibkräften beruht.
Zuvor war Rommel als Vize-Chef der Staatsanwaltschaft Ravensburg auch für das politische Strafrecht zuständig. Dabei ging es aber natürlich nicht um Fälle vom Kaliber des internationalen Terrorismus wie bei der Bundesanwaltschaft, sondern eher um Hakenkreuz-Schmierereien.
International beschlagen
Wichtig ist für einen Generalbundesanwalt die internationale Zusammenarbeit, etwa bei Ermittlungen zu russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine. Gut, dass Rommel neben englisch und französisch auch schwedisch sowie etwas spanisch und niederländisch spricht. Schon im Studium hat er sich im schwedischen Lund zwei Semester lang mit humanitärem Völkerrecht beschäftigt, was nun bei völkerstrafrechtlichen Ermittlungen helfen dürfte.
Für das baden-württembergische Justizministerium war Rommel von 2010 bis 2013 in Brüssel als Ressortbeobachter tätig. Das heißt, er berichtete seinem Ministerium über rechtspolitische Pläne und Entwicklungen auf EU-Ebene. Teilweise verhandelte er für die Länder auch in Ratsgremien, allerdings nicht zu strafrechtlichen Themen, sondern zum Erb- und Kaufrecht. Jedenfalls hatte sich Rommel auch bei der internationalen Kooperation bewährt.
In Ludwigsburg einen Namen gemacht
Als Rommel Anfang Januar als Generalbundesanwalt vorgeschlagen wurde, da war über ihn vor allem bekannt, dass er die Ludwigsburger Zentralstelle für NS-Verbrechen geleitet hatte.
Tatsächlich war Rommel dort in einer Phase aktiv, als die Zentralstelle noch einmal an Bedeutung gewann. Das Demjanjuk-Urteil des Landgerichts München II von 2011 und der Gröning-Beschluss des BGH von 2016 ebneten den Weg zur Strafverfolgung von Personen, die zur Todesmaschinerie der KZ beitrugen, ohne dass sie selbst an Tötungshandlungen beteiligt waren.
Rommel musste einer erstaunten Öffentlichkeit immer wieder erklären, warum nun Greise nach Jugendstrafrecht abgeurteilt werden, während viele der Hauptverantwortlichen in den 1960er- und 1970er-Jahren glimpflich oder unbehelligt davonkamen.
Staatsanwalt Rommel hat damals bei seiner Öffentlichkeitsarbeit so großes Geschick und Fingerspitzengefühl bewiesen, dass nun viele hoffen, er werde auch die oft verzagt-verschlossen wirkende Bundesanwaltschaft kommunikativer und offener machen.
Oft wird hervorgehoben, dass Rommel für seine neue Führungsaufgabe in Karlsruhe auch deshalb gut vorbereitet sei, weil er ja die Zentralstelle in Ludwigsburg geleitet hat. Diese war mit 21 Mitarbeitern allerdings relativ klein im Vergleich zur Karlsruher Bundesanwaltschaft mit rund 300 Beschäftigten. Letztlich war sogar die Ravensburger Staatsanwaltschaft, die Rommel vor rund zehn Jahren ein halbes Jahr lang kommissarisch leitete, größer als die Ludwigsburger Zentralstelle.
Wichtiger dürfte sein, dass mit Rommel ein Mann die Bundesanwaltschaft übernimmt, der genau weiß, zu welchen Gräueltaten der Faschismus geführt hat. Eines seiner wichtigsten kommenden Verfahren betrifft eine rechtsextremistische Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß und die Ex-AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann, die einen bewaffneten Umsturz planten.
Mitglied der FDP
Schon wenige Jahre nach dem Start seiner Justizkarriere in Oberschwaben wurde Rommel ans Landesjustizministerium nach Stuttgart geholt, wo er als persönlicher Referent des damaligen Ministers Ulrich Goll (FDP) arbeitete.
Dass Rommel selbst FDP-Mitglied ist, dürfte damals ebenso wenig geschadet haben, wie jetzt bei seiner Auswahl als neuer Generalbundesanwalt durch den FDP-Bundesjustizminister Buschmann.
Besonders aktiv war Rommel aber nicht in der Partei. Zwar hat er einmal für den Ravensburger Gemeinderat kandidiert, aber wohl nur, um die FDP-Liste zu füllen.
Rommel hat auch nicht nur unter FDP-Ministern wichtige Karriereschritte gemacht. Als Leiter der Ludwigsburger Zentralstelle hat ihn etwa der damalige Landesjustizminister Rainer Stickelberger (SPD) nominiert.
Im Wesentlichen verdankt Rommel seine Karriere anderen Faktoren. So ist er nicht nur ein guter Jurist mit zwei zweistelligen Prädikatsexamen, sondern auch ein politisch denkender Kopf, der vielfältig einsetzbar ist und sich auch immer wieder auf neue Herausforderungen einließ.
Und nein, mit NS-Generalfeldmarschall Erwin Rommel ist er – soweit ersichtlich – weder verwandt noch verschwägert. Das musste Namensvetter Rommel schon oft klarstellen.
Jens Rommel vor dem Amtsantritt: . In: Legal Tribune Online, 01.03.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54007 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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