Obwohl ein französisches Gericht die weitere Verbreitung der Nacktfotos von Kate Middleton vergangenen Dienstag verbot, geistert das Thema weiter durch die Presse. Nun tauchen Gerüchte auf, die Fotografen hätten Drohnen benutzt. An der Rechtswidrigkeit der Aufnahmen ändert dies jedoch nichts. Zumindest das deutsche Recht ist auf Paparazzi-Drohnen ausreichend vorbereitet, meint Claudia Kornmeier.
Die Veröffentlichung der Nacktfotos von Kate Middleton in Deutschland wäre nach geltender Rechtsprechung ebenso rechtswidrig wie bereits die Anfertigung der Bilder. Daran wird nach Caroline kaum einer Zweifel zu äußern haben. Nun tauchen Gerüchte auf, dass die Fotografen mithilfe von Drohnen an die Aufnahmen gelangt seien. Das sind kleine, unbemannten Fluggeräten von der Größe eines Kaninchens, in diesem Fall ausgestattet mit einer Kamera. Die meisten Drohnen agieren bisher wohl noch ferngesteuert, aber auch die Entwicklung autonomer Geräte macht Fortschritte.
Unbemannte Fluggeräte mögen die Arbeit der Paparazzi durchaus nicht nur erleichtert, sondern vielleicht gar erst ermöglicht haben. Können Drohnen doch Fotos von Orten machen, die weder zu Fuß erreichbar noch mit einem Teleobjektiv heranzoombar sind, und sind dabei selbst für den professionellen Einsatz wesentlich billiger als ein Helikopter. Der US-Medienforscher Matt Waite ist gar der Ansicht, dass die kleinen Fluggeräte in Zukunft fester Bestandteil des Journalismus sein werden. "In fünf Jahren werden alle großen Medienhäuser zumindest mit Drohnen experimentieren", sagte der Wissenschaftler von der Universität Nebraska-Lincoln am Donnerstag in Hamburg auf der Medienkonferenz Scoopcamp. An der rechtlichen Einschätzung ändert sich damit jedoch nichts: Ein Paparazzo, der die Privatsphäre seiner Motive nicht achtet, verstößt gegen das Datenschutzrecht, macht sich strafbar und riskiert Schadensersatzansprüche.
Anfang 2012 hat der deutsche Gesetzgeber zwar das Luftverkehrsrecht für zivile Drohnen geöffnet. Da die Abgeordneten ihre Reden im Bundestag nur zu Protokoll gaben, eine mündliche Debatte also nicht stattfand, ist die Gesetzesänderung teilweise mit den Worten kritisiert worden, der datenschutzrechtlich kritische Einsatz von Drohnen werde gleichsam durch die Hintertür eingeführt. Tatsächlich hat sich weder datenschutz- noch straf- oder zivilrechtlich etwas geändert. So heißt es ausdrücklich, wenngleich deklaratorisch, in § 16 Abs. 4 der Luftverkehrsverordnung, dass eine Erlaubnis für den Aufstieg von Drohnen nur erteilt wird, wenn dieser insbesondere datenschutzrechtliche Vorschriften nicht verletzt.
Strafrecht für technische Entwicklung offen
§ 201a Strafgesetzbuch (StGB) schützt den höchstpersönlichen Lebensbereich vor Verletzungen durch Bildaufnahmen. Der Gesetzgeber hat den Straftatbestand erst 2004 eingeführt, und damit eine seit Längerem erhobene Forderung erfüllt, den strafrechtlichen Schutz des Persönlichkeitsrechts zu verbessern. Die Strafnorm soll auf die technische Entwicklung der letzten Jahre reagieren, die mit Handykameras, Webcams und der Verbreitungsmöglichkeit durch das Internet eine Vielzahl von Angriffsmöglichkeiten auf den höchstpersönlichen Lebensbereich mit sich gebracht habe. Den Schutz über § 33 i.V.m. §§ 2, 23 Kunsturhebergesetz, wonach die Veröffentlichung eines Bildes ohne Einwilligung der abgebildeten Person unter Strafe steht, hielt der Gesetzgeber für ungenügend.
Nach § 201a Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblicke besonders geschützten Raum befindet, unbefugt Bildaufnahmen herstellt und dadurch deren höchstpersönlichen Lebensbereich verletzt. Unter diesen Tatbestand fällt auch die Bildaufnahme mithilfe von Drohnen. Der Tatbestand ist weit genug formuliert. Und auch Absatz 4 ist in diesem Sinne ausdrücklich offen gehalten. Denn dort heißt es: "Bildaufnahmegeräte oder andere technische Mittel, die der Täter oder Teilnehmer verwendet hat, können eingezogen werden."
Drohnen dürfen also nicht dazu verwendet werden, Bilder von einer Person, die sich in einer Wohnung oder einem besonders geschützten Raum befindet, aufzunehmen. Der Datenschutzbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein Thilo Weichert äußerte bereits 2009 gegenüber der Zeitschrift Technology Review Zweifel daran, dass sich das Verbot effektiv durchsetzen lasse. Fälle des § 201a StGB sind allerdings ganz unabhängig vom Einsatz von unbemannten Fluggeräten bisher nur sehr selten vor den Richter gelangt. Es ist daher wohl die Strafnorm als solches, deren Durchsetzung auf Schwierigkeiten stößt. Diese hängen aber nicht mit der Verwendung von Drohnen zusammen.
Drohnen überwinden Hecken und Mauern problemlos
Zivilrechtlich bieten Unterlassungs- sowie Schadensersatzansprüche nach § 1004 BGB (analog) Schutz vor Drohnen. 2003 hatte der Bundesgerichtshof darüber zu entscheiden, ob Grundstücken von öffentlich bekannten Personen von einem Helikopter aus fotografiert werden dürfen (Urt. v. 09.12.2003, Az. VI ZR 373/02; 38/03; 404/02). Die Karlsruher Richter differenzierten drei Sachverhalte: Von einer allgemein zugänglichen Stelle aus dürften Fotos von der Außenansicht des Anwesens gemacht werden. Der innere häusliche Bereich als private Rückzugsmöglichkeit sei dagegen stets geschützt.
Nur im Einzelfall lasse sich allerdings der dazwischen liegende Bereich beurteilen, das Fotografieren von nicht ohne weiteres einsehbaren umfriedeten Außenanlagen – so etwa einer Terrasse mit hoher dicht umwachsener Hecke. Überwindet der Papparazzo bestehende Hindernisse oder späht er die Privatsphäre mit Hilfsmitteln aus, liege ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht vor und zwar unabhängig davon, ob überhaupt Personen – geschweige denn nackte – auf den Aufnahmen abgebildet sind. Als geeignete Hilfsmittel zählte der Bundesgerichtshof seinerzeit beispielhaft Teleobjektive, Leitern und Flugzeuge auf. Aus heutiger Perspektive muss die Liste um Drohnen erweitert werden, da sich mit ihrer Hilfe noch viel problemloser Hindernisse wie Gartenzäune, Hecken und Mauern überwinden lassen. Solchermaßen unzulässige Bildaufnahmen begründen Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 1 BGB und § 823 Abs. 2 BGB etwa i.V.m. § 201a StGB.
Das bestehende deutsche Straf- und Zivilrecht schützt das Persönlichkeitsrecht also auch vor fotojournalistischen Drohnenangriffen. Und auch in Frankreich konnte Kate Middleton ihre Ansprüche gerichtlich durchsetzen, ohne dass es dabei darauf angekommen wäre, mit welchen technischen Hilfsmitteln die Paparazzi ausgerüstet gewesen waren.
Mit Material von dpa.
Die Autorin Dr. Claudia Kornmeier ist Redakteurin bei Legal Tribune ONLINE und hat mit einer Arbeit zum Einsatz von Drohnen zur Bildaufnahme promoviert.
Claudia Kornmeier, Drohnenangriff auf Kates Persönlichkeitsrecht: . In: Legal Tribune Online, 21.09.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7141 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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