BVerfG bestätigt Einschränkungen von Bildern aus dem Gerichtssaal: Springer-Verlag darf beim Sch­le­cker-Pro­zess nur tage­weise filmen

von Martin W. Huff

12.09.2017

2/2: Geordneter Verhandlungsablauf und aussagebereite Zeugen haben Vorrang

Das BVerfG lässt damit - nach einer Entscheidung vom 9. September 2016 (1 BvR 2022/16) - zum zweiten Mal einschränkende Anordnungen für die Bildberichterstattung zu. Die Verfassungsrichter haben keine Bedenken dagegen, dass Bilder aus dem Strafverfahren nur an bestimmten Verhandlungstagen überhaupt erstellt werden dürfen. Die 3. Kammer des Ersten Senats mit dem Berichterstatter Prof. Dr. Johannes Masing verfolgt damit eine durchaus begrüßenswerte einschränkende Linie für Bilder aus dem Gerichtssaal.

Sie gestehen zu, dass an bestimmten Verhandlungstagen Bilder angefertigt werden dürfen, unterstützen aber die Argumentation der Kammervorsitzenden, dass es - gerade wenn Zeugen vernommen werden - Verhandlungstage gibt, die nicht so in der Öffentlichkeit stehen und an denen grundsätzlich keine Bilder gestattet werden müssen.

Nur muss es, so wird aus dem Karlsruher Beschluss deutlich, dafür eine ausreichende Begründung geben. Der Vorsitzende im Schlecker-Prozess hatte darauf abgestellt, dass Zeugen, gerade auch aus dem Ausland, erklärt hätten, nicht zu erscheinen oder zumindest von ihrem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch zu machen, wenn die Gefahr bestehe, dass Bilder von Ihnen angefertigt würden. Seine Wertung, dass andernfalls die Wahrheitsfindung erschwert werden könne und die Rechte der Medien durch die getroffenen Anordnung nicht unangemessen eingeschränkt würden, lassen die Verfassungsrichter gelten. Dabei ist aber auch immer zu beachten, dass selbstverständlich Journalisten im Saal anwesend sein dürfen - nur die Bildberichterstattung ist eingeschränkt.

Prominente müssen nicht immer verpixelt werden

Deutlich wird in dem Beschluss auch, dass sich Angeklagte, die im Fokus der Öffentlichkeit stehen, nicht mehr darauf verlassen können, dass die Medien Bilder von ihnen unkenntlich machen. Aus der Anordnung des Stuttgarter Richters ergibt sich, dass er nicht auf verpixelten Bildern besteht, sondern Bilder grundsätzlich angefertigt werden dürfen. Die Entscheidung, gem. §§ 22, 23 des Kunsturhebergesetzes (KunstUrhG) festzulegen, ob unanonymisierte Bilder von den Betroffenen im Saal veröffentlicht werden dürfen oder nicht, liege bei den Medien, die sich dabei am abgestuften Schutzkonzept des Bundesgerichtshofs orientieren sollten. Im Juni 2011 hatte der nämlich entschieden, dass keine Unkenntlichmachung verlangt werden könne, solange die Bilder ein Ereignis der Zeitgeschichte zeigten. Geht es also in Prozessen um derartige Ereignisse, dürfen die Bilder auch ohne Zustimmung des Betroffenen veröffentlicht werden.

Die Entscheidung führt zu der - immer noch nicht abgeschlossenen - Diskussion, ob Angeklagte das Recht haben, sich grundsätzlich gegen Bilder aus dem Gerichtssaal zu wehren, gerade weil sie gezwungen werden, sich der Anwesenheit dort also nicht entziehen können. Der Beschluss der Karlsruher Richter führt zumindest dazu, dass Bilder auf bestimmte Verhandlungstage beschränkt werden können. Es bleibt zu hoffen, dass das BVerfG bald einmal Gelegenheit erhält, über diese Frage der Abwägung der verschiedenen Grundrechte zu entscheiden. Der am heutigen Dienstag veröffentlichte Beschluss ist aber ein richtiger Weg der Beschränkung von Bildern aus dem Gerichtssaal.

Zitiervorschlag

Martin W. Huff, BVerfG bestätigt Einschränkungen von Bildern aus dem Gerichtssaal: . In: Legal Tribune Online, 12.09.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24487 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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