Rauchschwaden über dem Roulettetisch – traditionsreiches Klischee oder gesundheitlich unzumutbar? Darum stritt ein nichtrauchender Croupier aus Hessen mit seinem Arbeitgeber und verlor nun auch in der letzten Instanz vor dem BAG. Rien ne va plus.
Am Casinotisch verteilt er Gaben aus Fortunas Füllhorn, vergangenen Dienstag vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) war ihm das Glück jedoch nicht hold. Der 52-jährige Croupier, der in einem hessischen Spielcasino arbeitet, hatte seinen Arbeitgeber auf einen rauchfreien Arbeitsplatz verklagt. Ohne Erfolg – der Arbeitgeber trage dem Gesundheitsschutz des Arbeitnehmers ausreichend Rechnung, so das BAG (Urt. v. 10.05.2016, Az: 9 AZR 347/15).
Im Durchschnitt arbeitet der Croupier pro Woche an zwei Tagen im Umfang von sechs bis zehn Stunden in dem abgetrennten Raucherraum. Nur dort und im Barbereich ist den Gästen das Rauchen gestattet. Der Raucherraum ist mit einer Klimaanlage sowie einer Be- und Entlüftungsanlage ausgestattet.
Das sei unzumutbar, fand der Croupier, und forderte, ausschließlich im rauchfreien Bereich eingesetzt zu werden. Dagegen argumentierte sein Arbeitgeber, die gesundheitsschädlichen Folgen des Passivrauchens seien nicht einmal erwiesen.
Gesetz geht von Gesundheitsschädigung durch Passivrauchen aus
In diesem Punkt widersprach das BAG dem Casinobetreiber, gab ihm aber in der Sache Recht und wies die Klage des Croupiers ab.
Die deutsche Arbeitsstättenverordnung enthält einen ganzen Paragraphen zum Nichtraucherschutz. Danach hat der Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nichtrauchenden Beschäftigten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt werden. Das Gesetz gehe damit sehr wohl davon aus, dass Passivrauchen die Gesundheit gefährdet, so das BAG.
Bei Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr hat der Arbeitgeber nach § 5 Abs. 2 ArbStättV allerdings nur insoweit Schutzmaßnahmen zu treffen, als die Natur des Betriebs und die Art der Beschäftigung es zulassen. Welcher Schutzstandard bei dem Betrieb eines Casinos einzuhalten ist, wird dabei bundesweit höchst uneinheitlich beurteilt.
Hessisches Nichtrauchergesetz sieht Ausnahmeregelung vor
In Hessen können sich Arbeitgeber der Glücksspielbranche auf eine Sonderregelung berufen. § 2 des Hessischen Nichtraucherschutzgesetzes enthält einen Katalog mit Ausnahmen vom generellen Rauchverbot. Ausgenommen sind explizit auch "Spielbanken im Sinne des hessischen Spielbankengesetzes". Das Landesgesetz konkretisiert damit den Schutzstandard, der "der Natur des Betriebs und der Art der Beschäftigung" in einem hessischen Casino entspricht.
Dass der Landesgesetzgeber den Schutzstandard für Nichtraucher selbst abgesenkt hat, kommt den Arbeitgebern in Hessen zu pass. Auch Gastronomiebetriebe dürfen ihre Arbeitnehmer in abgetrennten Raucherräumen beschäftigen, ebenso die Inhaber der vielzitierten "Einraumkneipe".
Casinobetreiber sorgt sich ausreichend um Gesundheit der Mitarbeiter
Die Sonderregelung des Hessischen Nichtraucherschutzgesetzes gilt allerdings nicht unbeschränkt, stellte das BAG in seiner Entscheidung klar. Auch ein Croupier müsse nicht gänzlich auf den Gesundheitsschutz vor negativen Folgen des Passivrauchens verzichten. Die Arbeitsstättenverordnung verpflichte durchaus auch die hessischen Casinobetreiber, die Gesundheitsgefährdung zu minimieren.
Diese Verpflichtung habe der Arbeitgeber hier aber erfüllt. Der Casinobetreiber habe mit der baulichen Trennung des Raucherraums, seiner Be- und Entlüftung sowie der zeitlichen Begrenzung der Tätigkeit des Croupiers im Raucherraum genügende Schutzmaßnahmen getroffen und sich so ausreichend um dessen Gesundheit gekümmert.
Nicht in jedem Bundesland hat die Tradition Vorrang vor dem Gesundheitsschutz
In anderen Bundesländern ist der Nichtraucherschutz zum Teil rigoroser gestaltet. So konnte etwa ein Berliner Croupier vor sieben Jahren mit demselben Anliegen vor dem BAG durchdringen (BAG v. 19.05.2009, Az. 9 AZR 241/08). Viele Bundesländer wie NRW und Bayern haben sich für einen absoluten Nichtraucherschutz entschieden.
Hessen ist damit eines der wenigen Bundesländer, die das tradierte Bild eines Casinos wenigstens im Nebenzimmer weiterhin kultivieren: Ein in Rauchschwaden gehüllter Croupier, den man im Zigarettennebel nur erahnt, doch nach Platzierung der Jetons durch wabernde Nebelschwaden hindurch klar und deutlich seine Ansage vernimmt: Rien ne va plus.
Die Autoren Dr. Thomas Griebe und Dr. Sabrina Fasholz sind Anwälte in der Kanzlei für Arbeitsrecht vangard in Hamburg.
BAG zu Nichtraucherschutz in Casinos: . In: Legal Tribune Online, 11.05.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19358 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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