Mit dem Anzug aufs Rad und dann direkt in die Kanzlei oder gar zu einem Termin? Was bislang auffiel, setzt sich zunehmend durch in Deutschlands Städten - und ist mit dem passenden Fahrrad und geschickter Planung nicht nur eine gesunde, umweltfreundliche und preiswerte, sondern auch eine praxistaugliche Alternative zum Auto.
Lustig ist es nicht, sich tagtäglich mit dem Auto durch den Berufsverkehr zu quälen. Spätestens, wenn im Stau die Fahrradfahrer rechts überholen, wird der Drahtesel zur realistischen Alternative für den eigenen Weg zur Arbeit. Wer aber im Businessdress in der Kanzlei erscheinen und beim Termin mit Mandanten erst recht wie aus dem Ei gepellt auftreten muss, der kann sich nicht auf das für Wochenendtouren angeschaffte Mountainbike schwingen.
Richtige Ausrüstung und richtige Planung sind die Voraussetzungen, damit man sich morgens mit dem Fahrrad ins Getümmel stürzen kann, ohne dass anschließend Schweißflecken und Knitterfalten den Anzug zieren.
Die erste Alternative: Packen Sie die Businesskleidung in die Satteltasche und radeln Sie in Freizeitkleidung los. Dazu empfiehlt sich ein klassisches Damen- oder Herrenfahrrad mit Gepäckträger. Auch ein robustes Cityrad und die traditionellen Hollandräder sind satteltaschentauglich. Außerdem sollte das Gefährt mit fest installierten Schutzblechen ausgestattet sein, damit der Straßenschmutz bei schlechtem Wetter nicht bis zum Haar spritzt.
Elektromotor statt Schweißflecken
Die wenigsten Arbeitnehmer haben die Möglichkeit, vor Arbeitsbeginn im Büro zu duschen. Deshalb gilt: Langsam fahren, bloß nicht in Schweiß ausbrechen. Oder Sie setzen auf ein Pedelec. Eines wie das Jetstream hybrid von riese und müller. Tobias Spindler, Pressesprecher des Fahrradherstellers: "Der große Vorteil dieses Modells ist, dass der 250-Watt-Elektromotor einen beim Treten in die Pedale effizient unterstützt. So kommt man beim Alltagspendeln nicht ins Schwitzen und trotzdem in Bewegung." Der Lithium-Ionen-Akku, der dem Elektromotor Energie verleiht, ist im Rahmenrohr hinter einer abschließbaren Klappe untergebracht. Zum Laden kann er herausgenommen werden.
Wer nicht den ganzen Weg zur Arbeit mit dem Bike zurücklegen will oder kann, kombiniert das Fahrrad mit dem öffentlichen Nahverkehr. Da sind Faltfahrräder ideal: Das Brompton ist schon fast so etwas wie ein Klassiker. Und das Gocycle hat einen Elektromotor an Bord und wird im passenden Koffer schick verstaut.
Egal ob City-Bike, Pedelec oder Faltrad: Das Fahrrad sollte passgenau ausgewählt werden. Stefan Stiener bietet mit seiner Firma velotraum fast so etwas wie Maßanfertigung: "Wir bieten ein modulares Fahrradkonzept. Dadurch wird es möglich, ein Fahrrad individuell zusammenzustellen. Für die Anpassung haben wir ein Messfahrrad entwickelt, auf dem die spätere Sitzposition eins zu eins simuliert wird. Dabei werden Sitzposition, Rahmengröße und -typ sowie Sattel und Lenkerform und Griffe festgelegt." Fühlt sich der Radler am Ende rundum wohl und sitzt er in einer ergonomisch sinnvollen Position, dann ist die richtige Kombination gefunden.
ADFC fordert mehr Fahrrad-Parkplätze
Viel fehlt also nicht mehr zum Radfahrglück auf dem Weg zur Arbeit - wohl aber entscheidende Faktoren: Optimierungsbedarf sieht der Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club e.V. (ADFC) vor allem in Sachen Abstellplätze und Verkehrssicherheit: "Gäbe es mehr gesicherte Parkmöglichkeiten für Fahrräder, würden mehr Menschen mit dem Rad zur Arbeit fahren. Heute lassen viele ihr Fahrrad aus Angst vor Diebstahl lieber zu Hause", sagt Bettina Cibulski vom ADFC.
Noch wichtiger sei allerdings die Sicherheit im Straßenverkehr: "Unser Ziel ist, die Radfahrer in den Verkehr zu integrieren, wo immer das möglich ist. Das würde den Verkehr verlangsamen und so für mehr Sicherheit sorgen. Davon würden letztlich alle profitieren. In der Praxis würde das bedeuten, keine vom Straßenverkehr getrennten Radwege neben die Fußwege zu bauen, sondern einen Fahrradstreifen neben der Autofahrbahn zu integrieren. In Bremen zum Beispiel haben wir mit diesem Konzept gute Erfahrungen gemacht."
Die Autorin Andrea Himmelstoß lebt als freie Journalistin und Texterin in Fürth. Sie ist Verfasserin zahlreicher Beiträge und Ratgeber u. a. zu den Themen Essen & Trinken, Reise und Wellness.
Andrea Himmelstoß, Mit dem Rad zur Arbeit: . In: Legal Tribune Online, 15.06.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/736 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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